Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
ein schwarz gekleideter, kleiner Mann auf, den Gogo ihr schickte. In Toledo hatte sie niemand auf einen solchen Ungeist vorbereitet, und so war sie ihm erst einmal hilflos ausgeliefert. Aber sobald sie wusste, worauf er hinauswollte, hörte sie ihm zwar höflich zu, wies seine Forderung aber klar und eindeutig ab. Auch ohne dass er es eigens erwähnte, wusste sie, er würde wiederkommen und erneut versuchen, sie zu überreden. Auf so etwas verstanden sich Männer wie dieser blendend. Ja, ihm war unschwer die alte lateinische Rhetorikschule anzumerken, sie hätte ihm sogar sagen können, wer seine Vorbilder waren. Wenn sie es irgendwie verhindern konnte, würde sie ihn nicht noch einmal empfangen.
Aletha, von der sie sich Ablenkung und Unterhaltung versprochen hatte, enttäuschte sie bitter. Seit ihrer Abreise blies die Magd Trübsal und war zudem ungemein schreckhaft. So kannte Brunichild sie nicht. Als Reisegefährtin war sie eine richtige Plage. Und als Dienerin fahrig und ungeschickt. Dennoch ließ Brunichild sie weiter im Wagen mitreisen. Wütend über ihr eigenes Mitgefühl, stellte sie das Mädchen schließlich am letzten Abend vor ihrer Ankunft in Valentia zur Rede.
„Tut es dir leid, mitgekommen zu sein? Morgen ist die letzte Gelegenheit, dich anders zu entscheiden. Wenn du willst, kannst du mit den Knechten und Mägden, die in Valentia umkehren, nach Toledo zurückreisen.“
Sie logierten im Hauptgebäude einer alten Villa . Brunichild wusste, dass Aletha in einem Anwesen wie diesem aufgewachsen war. Wo allerdings genau, danach hatte sie sich nie erkundigt. So weit ging ihre Anteilnahme nicht. Hatte das Heimweh Aletha jetzt schon übermannt? Sie selbst sehnte sich mit jeder Faser ihren Herzens heim. Dieses peinigende Gefühl verstärkte noch ihren Zorn auf ihre Dienerin. Sie konnte zurückkehren, niemand würde ihr das verbieten.
„Nein!“, schrie Aletha und sank vor Brunichild auf die Knie. „Bitte nicht! Schick mich nicht zurück, Herrin! Das würde ich nicht überleben.“
Unangenehm berührt wandte sich Brunichild ab. „Sei nicht töricht! Die Reise zurück dauert so lange wie die Herreise, die überstehst du mühelos.“
„Aber ich will nicht zurück! Niemals!“, schrie Aletha.
„Nein? Meinst du, ich merke nicht, dass du jede Nacht weinst?“ Brunichild wurde nun auch lauter. Ohne es zu wollen, geriet sie außer sich. Der ganze Jammer, der sie selbst bedrückte, kochte unvermittelt hoch. „Ich nehme mich doch auch zusammen. Warum kannst du das nicht? Schließlich musst du keinen alten Mann heiraten!“ Sie hätte sich selbst treten mögen. Wie konnte sie sich nur so gehen lassen und einer Sklavin ihre innersten Nöte offenbaren? Und dann noch auf so lächerliche Art. Unvermittelt rannte sie aus dem Zimmer. Zum Glück war der Hof der Villa verlassen, vermutlich saßen die Wächter beim Essen. Niemand hielt sie auf, als sie den Hof überquerte und durch einen Torbogen ins Freie trat. Weder die frische Luft noch die Abendsonne besänftigten sie. Im Gegenteil. Seit einer Woche flüsterte jeder hübsche Fleck, jedes beschauliche Dorf von endgültigem Abschied. Brunichilds Atem ging stoßweise, als sie auf die Weide zustolperte, die hinter dem Anwesen lag. Dort grasten ihre Pferde, Bella und das Fohlen, dem sie den Namen Romanus gegeben hatte.
Ein großer Mann stand am Zaun und tätschelte Bellas Maul. Als er sich umwandte, erstarrte sie vor Schreck.
Wittiges! Wie eine furchtbare Drohung stand er da. Hatte sie nicht alles getan, damit er in Toledo blieb und sie vergaß? Es war nicht einfach gewesen, ihm die Stellung als Stallmeister zu verschaffen. Schließlich hatte er keine Empfehlung für diesen Posten außer der Geburtshilfe für Bella, deren glücklicher Ausgang ein Zufall sein konnte. Es gab genug Stallmeister, hatte man ihr gesagt, und sie hatte für seine Anstellung einen Ring mit einem Karfunkel als Bestechung opfern müssen. Umsonst.
Ihr Herz krampfte sich zusammen, so viele Erinnerungen an Leidenschaft, Begehren und Zärtlichkeit stürmten auf sie ein. Alle unerwünscht. Geradezu gefährlich.
Als sie Schritte hinter sich hörte, wandte sich wie gehetzt um. Ein Knecht tauchte auf.
„Du wünschst, Herrin?“, fragte er unterwürfig.
„Nichts“, antwortete sie hochmütig. „Ich wollte nur nach meinen Pferden sehen. Aber sie scheinen gut versorgt zu werden.“
„Stallmeister Wittiges tut alles für sie“, sagte der Knecht mit unüberhörbarer Bewunderung.
„Das hoffe
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