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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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harte, ehrliche Arbeit. Verstehst du, warum es mir so schwerfällt, darüber zu sprechen? Ich könnte mir die Zunge abbeißen, dass ich überhaupt davon angefangen habe. Erst recht, nachdem du so darauf reagierst. Peter macht jetzt zum Teil wieder gut, was er sich früher mal zuschulden hat kommen lassen. Das ist doch … großartig, oder?« Ihre Stimme war unsicher geworden. »Jetzt, wo du das alles weißt, betrachtest du sie sicher mit anderen Augen, oder?«
    »Das … nun ja … das stimmt.«
    Sie blickte zu Boden. »Hätte ich doch bloß den Mund gehalten.«
    »Ich bin froh, dass du es mir erzählt hast. Jetzt weiß ich zumindest, woran ich bin.« Ich gab mir Mühe, sie möglichst aufrichtig anzusehen. »Ich werde diese Informationen nicht missbrauchen, Betty. Mach dir keine Sorgen.«
    Peter als Opfer, das wollte mir nicht in den Kopf gehen. Und Peter als eine Art Heiliger, als Ein-Mann-Sozialisations-Zentrum, erst recht nicht.
    Ein Krimineller mit Verbindungen zur Unterwelt. Terroristen . Er hatte an Waffen- und Drogenschmuggel mitgewirkt. Wie viele Menschen waren wohl wegen Peters Gier auf das blöde Geld zu Tode gekommen? Ermordet worden?
    Ich hatte einen neuen Trumpf in der Hand. Wenn Eric erfuhr, dass er sich mit einem Schwerverbrecher abgab, würde die Freundschaft, die sich da anbahnte, gewiss ein rasches Ende finden.
     

40
     
    Kognitive Dissonanz ist ein Begriff, der hauptsächlich aus der Werbewelt bekannt ist. Er verweist darauf, dass Verbraucher immer gern glauben (wollen), mit dem Kauf eines bestimmten Produkts hätten sie die beste Wahl getroffen - selbst wenn sie bereits wissen, dass das nicht stimmt.
    Auch wenn sich im Nachhinein eindeutig erweist, dass die Kaufentscheidung falsch war (etwa weil der teure Breitbandfernseher im Testbericht verrissen wird), versuchen Verbraucher, diese vor sich selbst wie vor der Außenwelt schönzufärben, und zwar nicht selten mit großem Engagement: »Es stört mich nicht, dass er so viel Strom verbraucht, denn dafür ist das Bild viel schärfer als bei den anderen Geräten.«
    Zu einer solchen Rechtfertigungshaltung kann es in Bezug auf eine Kaufentscheidung kommen, aber auch in Bezug auf andere Entscheidungen des täglichen Lebens. Denn niemand gibt gern zu, dass man falsch gelegen hat mit seiner Einschätzung.
     
    »Peter ist ein Krimineller.«
    Über den Rand seines Weinglases hinweg sah Eric mich an. »Ein Krimineller?«
    »Ich habe heute einen Kaffee bei Betty getrunken, und sie hat mir erzählt, wie es Peter hierher verschlagen hat.«
    »Was wolltest du denn bei Betty? Ich hatte nicht gerade das Gefühl, dass es zwischen euch gefunkt hätte.«
    »Hier hat man ja keine große Wahl. Sonderlich viele Leute kennen wir schließlich nicht. Ich habe bei ihr vorbeigeschaut, weil ich sie fragen wollte, wie sie das mit den chambres d’hôtes angeht. Sie hat mir die Kontaktdaten einer Vermittlungsfirma gegeben, die Anbieter und Urlauber zusammenbringt. Das Angebot richtet sich hauptsächlich an Engländer. Betty bekommt fast all ihre Gäste über diese eine Firma.«
    »Und was hat Peter damit zu tun?«
    »Sie hat mich im Vertrauen gefragt, ob Peter etwas über seine Vergangenheit erzählt hätte. Als ich Nein sagte, ist sie damit herausgerückt. Ich habe einen Riesenschreck bekommen.«
    Eric stellte seinen Wein auf dem Beistelltisch neben dem Sofa ab, schien aber nicht ernsthaft beunruhigt. »Was hat sie denn erzählt?«
    »Dass Peter aus Belgien geflüchtet ist. Er hat Drogen- und Waffentransporte für die ETA durchgeführt.«
    Eric sah mich nach wie vor ungerührt an.
    Ich entschloss mich, noch eins draufzusetzen. »Er hatte ein Logistikunternehmen, und irgendwann ist jemand aus der Firma von diesen Leuten ermordet worden, weil sie dachten, dass er anderen Kriminellen irgendwelche Tipps gab. Und das war nicht der Einzige, der dran glauben musste. Peter ist auf der Flucht.«
    »Das hat Betty erzählt?«
    Ich nickte.
    »Die redet ja ganz schönen Quatsch.« Eric nahm einen Schluck von seinem Wein.
    Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her. Dass Eric so ruhig blieb, brachte mich durcheinander. »Eric! Die ETA ist hinter Peter her! Der Mann, der unser Haus saniert, wird von Terroristen gesucht, und die Jungs, die hier arbeiten, sind allesamt vorbestraft! Findest du das etwa normal?«
    »Ich glaube, Betty hat das alles ein bisschen übertrieben.«
    »Das glaub ich nicht. So was denkt man sich doch nicht aus.«
    Schweigen breitete sich aus. Eric schien nachzudenken.

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