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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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spanischen Grenze. Eine ziemlich abgelegene Gegend, Hochgebirge. Bei einer Truppe, die ein Sommerhaus für Freunde von mir baut. Ich habe ihn einfach weggeschickt, in den Schnee. Er hat es nicht mal vorher gewusst, ich habe ihn erst an dem besagten Samstagmorgen selbst angerufen, als der Bus schon zu ihm unterwegs war.«
    Als das Wort Baskenland fiel, wurde mir plötzlich alles klar.
    In den abgelegenen Bergregionen funktionierten die Handys nicht. Darum hatte ich Michel auch nicht erreicht. Und auf dem Wohnwagenstellplatz war ich an einem Sonntag mit ihm verabredet gewesen. Er war also bloß deshalb nicht aufgetaucht, weil sie ihn tags zuvor für die Arbeit abgeholt hatten. Und als Michel mich angerufen hatte, hatte ich verstanden, er wäre in den Pays-Bas , den Niederlanden. Aber er hatte wohl Pays basque gesagt. Baskenland.
    Hatte Rita davon nicht auch schon erzählt? Dass Peter mit zwei neuen Projekten beschäftigt sei, eines davon im Baskenland?
    Warum hatte ich daran nicht schon früher gedacht?
    Ich nahm einen Schluck von dem inzwischen lauwarmen Tee und sah Peter an, der sich große Stücke von seinem Omelette in den Mund schaufelte. Sein Whiskyglas war leer.
    »Hast du ein paar Mal bei mir angerufen?«, fragte ich. »Ich meine, spätabends?«
    Erstaunt sah er von seinem Teller auf. Ein Salatrest hing ihm im Mundwinkel. »Angerufen? Wieso?«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Dann war es doch Michel gewesen. Michel hatte mich zu erreichen versucht. »Wann kommt Michel denn zurück?«
    Mit einem Mal sah Peter mich ganz starr an. Mit einer Intensität, über die ich erschrak. »Der ist jetzt erst mal von der Bildfläche verschwunden. Aber … ist dir das wichtig?«
    Ich nickte.
    Er schüttelte den Kopf. Seine Züge wurden wieder sanfter. »Hör mal, Simone, ich sag’s dir nicht gern, aber … du solltest dich lieber von ihm fernhalten. Excuse le mot , aber Michel fickt alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Du bist nicht die Erste. Und bestimmt nicht die Letzte. Im Grunde hat es mich nicht mal besonders überrascht, das mit euch beiden. Verstehst du? Er hat einen entsprechenden Ruf. Es ist nicht das erste Mal, dass er eine verheiratete Frau flachlegt. Für jemanden wie ihn heißt das, eine Trophäe zu erobern. So was ist eine Herausforderung. Das gibt ihm einen Kick.«
    Ich spürte, wie mir das Blut aus den Wangen wich.
    »Entschuldige meinen Sprachgebrauch«, fuhr Peter fort, »aber ich sage nur, wie es ist. Er ist ein netter Typ, aber er kann seinen Schwanz einfach nicht im Zaum halten.« Peter hüstelte. »Er ist es nicht wert. Bleib lieber bei deiner Familie. Das kann ich dir nur raten. Du hast etwas, was sich sehr viele Menschen vergeblich wünschen. Einen lieben Mann und zwei wunderbare Kinder. Eine stabile Basis. Eric ist ein feiner Kerl. Er will seiner Familie eine bessere Zukunft ermöglichen, dafür arbeitet er, so hart er kann. Und er hat Recht damit, er tut genau das Richtige. Man kann hier tatsächlich besser leben als in Nordeuropa. Man hockt sich nicht so auf der Pelle, aber zugleich leben die Leute nicht so aneinander vorbei. Keine verstopften Straßen, keine Hetze, kein Stress, weniger Gesetze und Bestimmungen. Du hast es hier verdammt gut, Simone. Sehr viele Leute würden gern mit dir tauschen. Setz das nicht alles für einen Typen wie Michel aufs Spiel. Sonst stehst du eines Tages mit leeren Händen da, allein. Das meine ich ernst, es kommt von Herzen. Betrachte es als väterlichen Ratschlag.«
     

ZWEITER TEIL
43
    Die Schwalben waren wieder da.
    Einige versuchten, ins Haus hineinzufliegen. Sie knallten gegen die Doppelglasscheiben, lagen dann eine Weile benommen auf dem Hof und flatterten schließlich desorientiert weiter.
    »Sie sind daran gewöhnt, hier zu brüten«, sagte Eric. »Letzten Herbst habe ich bestimmt fünf alte Nester von den Balken geklopft. Das Haus hier stand so lange leer, dass sie es gar nicht anders kennen.«
    Die armen Tiere. Sie legten den ganzen weiten Weg aus Afrika zurück, um dorthin zurückzukehren, wo sie geboren und aufgewachsen waren, und wir nahmen ihnen einfach ihren Nistplatz weg. Vielleicht wichen sie in die Scheunen aus. Davon gab es genug, und vorläufig würden wir sie noch nicht instand setzen. Ich nahm mir vor, Eric zu bitten, dass wir wenigstens eine davon unverändert ließen, damit die Vögel dort ihre Nester bauen konnten.
    Im nächsten Augenblick kam eine der Schwalben zur Tür hereingeflogen. Sie drehte ein paar elegante Runden, machte

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