Der Geliebte
klebte wie eine zweite Haut. Dann glitten meine Finger weiter nach unten. Der glatte, durchnässte Stoff seiner Trainingshose ließ wenig Zweifel aufkommen. Mein Gott, wie sehr ich ihn wollte. Er reagierte auf meine Berührung, indem er seinen Hosenbund ein Stück herunterzog.
Aus dem Augenwinkel sah ich Leute vorbeigehen, auf dem Bürgersteig, direkt neben dem Auto. Es war ein Paar mit Kinderwagen, sie liefen hastig. Durch die diffuse Kondensschicht auf dem Fenster an der Fahrerseite sah der Mann mir kurz direkt in die Augen. Geniert wandte ich den Blick ab. Er fiel auf ein Spielzeugauto von Bastian, das auf der Rückbank lag, ein roter, maßstabsgetreuer Ferrari, bei dem ein Rad fehlte. Mit seinen nackten Füßen zerknüllte Michel gerade eine Zeichnung, die Isabelle letzte Woche aus der Schule mitgebracht und die ich im Auto vergessen hatte.
Ich zog meine Hand weg, wich zurück.
»Nein«, sagte ich atemlos. »Nein, nicht …«
Michel drängte sich weiter an mich. Ich konnte mir selbst nicht trauen. Wenn er so weitermachte, konnte ich für nichts mehr garantieren. An Ort und Stelle würde ich mich nehmen lassen, mitten in diesem Dorf, in einem parkenden Auto. Nicht in irgendeinem Auto wohlgemerkt, sondern in unserer Familienkutsche. Auf dem Fahrersitz, wo sonst immer Eric saß, zwischen den Sachen von Isabelle und Bastian.
Mein Herz hämmerte wie wild. Wir mussten aufhören, jetzt sofort. Ich geriet in Panik, hielt seine Hand fest. »Nein«, keuchte ich, »hör auf, hör auf.«
»Was?« Er sah mich ungläubig an. Seine Augen waren schon genauso finster wie dieses Unwetter, er atmete schnell und sah unwiderstehlich aus.
»Nein«, sagte ich noch einmal, nunmehr energischer. Ich keuchte immer noch. »Aufhören. Nicht. Das geht nicht. Stopp.«
Forschend sah er mich an, und als ihm klar wurde, dass ich es ernst meinte, rutschte er auf den Beifahrersitz zurück. Zog den Bund seiner Hose hoch, lehnte den Kopf an und starrte düster durch die Windschutzscheibe, auf der die Regentropfen in alle Richtungen auseinanderstoben. Er drückte sich den Handballen in den Schritt und verzog das Gesicht.
» Bon «, hörte ich ihn sagen, eher zu sich selbst als zu mir.
Ich rückte meinen Rock zurecht, der mir an den Beinen klebte. Alles war klitschnass, und ich zitterte.
Zehn Minuten später fuhren wir aus dem verregneten Arcachon hinaus.
Innerhalb von einer halben Stunde hatten wir die Kupplungen, Verbindungsleitungen und anderen Kram hinten im Wagen verstaut. Ich hatte einen Scheck über 900 Euro ausgestellt, während Michel das Zeug eingeladen hatte.
Das Personal hatte Kommentare über unsere klitschnasse Kleidung und meine triefenden Haare gemacht. Über das Wetter, die Windhose. Vielleicht sandten wir irgendwelche Signale aus, die von anderen treffsicher interpretiert werden konnten, denn wir mussten eine neckische Anspielung nach der anderen über uns ergehen lassen. Ich setzte ein freundliches Lächeln auf und tat, als wäre alles in bester Ordnung, als stünde nicht meine ganze Welt Kopf. Schließlich stiegen wir wieder ein und fuhren ohne Umwege Richtung Bordeaux zurück. Michel hatte, schon seit wir Arcachon verlassen hatten, kein Wort mehr gesagt, und ich ließ ihn in Ruhe.
Ein Geräusch und ein Vibrieren rissen mich aus meinen Gedanken. Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, dass beides aus meiner Jackentasche kam: das Handy.
Ich zog es hervor. »Hallo?«
»Simone?«
Mein Gott, alle möglichen Leute hätten jetzt anrufen können, und es war ausgerechnet die Stimme meines Gewissens.
Hatte er wohl irgendwas gespürt? Konnte das sein? Konnten Menschen auf eine solche Entfernung spüren, wenn irgendetwas nicht ganz koscher war?
»Äh … ja.« Nervös sah ich auf die Uhr. Es war fast halb vier.
»Wo bist du?«
»Auf dem Weg nach Hause. Als wir ankamen, war der Laden zu, verflixt. Und sie haben erst um halb drei wieder aufgemacht, also sind wir …«, panisch sah ich Michel an, der sich eine Zigarette drehte und fragend zurückblickte, »… zwischendurch was essen gegangen.«
Wie schlecht sich das anfühlte.
Schrecklich.
»Hättest du nicht kurz Bescheid geben können?«
»Ich … ich hab dich angerufen, aber du bist nicht rangegangen.«
»Wann denn?«
»Äh … sofort eigentlich. Um kurz nach zwölf.«
»Und wo bist du jetzt?«
Ich spähte nach draußen. Fragte schließlich Michel, weil ich nicht die blasseste Ahnung hatte.
»Kurz hinter Bordeaux«, sagte Michel.
»Hinter
Weitere Kostenlose Bücher