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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Gläsern und Tellern ab. »Was ist los?«
    »Meine Mutter … sie liegt im Krankenhaus. Eine Gehirnblutung.«
    Ich schlug die Hände vor den Mund. »Shit.«
    »Sie kann kaum sprechen, eigentlich fast gar nicht, meinte Pa. Sie ist noch ganz verwirrt. Links ist sie vollständig gelähmt. Gerade haben sie noch zusammengesessen und Karten gespielt, da sieht er die linke Seite ihres Gesichts wegsacken, meinte Pa, und das war’s.«
    Ich legte die Arme um Eric und spürte, wie mir die Tränen kamen. »Oh Eric, wie furchtbar.«
    Er stützte sein Kinn auf meinen Kopf. »Ich will hin. Morgen.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Eigentlich hätte ich in diesem Augenblick an nichts anderes denken dürfen als an meine arme Schwiegermutter. Und an meinen Schwiegervater, der total aus der Fassung sein musste, völlig aufgelöst, nachdem er nun plötzlich ohne Lebensgefährtin dastand. Aber die Vorstellung, allein mit den Kindern in dem Wohnwagen schlafen zu müssen, umgeben von der dunklen Nacht, dem Rascheln der Blätter und dem Krachen der Zweige, jagte mir Angst ein. Natürlich, wir hatten Bleu, aber der war so verspielt und zutraulich, dass ich mir über seine Qualitäten als Wachhund keine Illusionen machte. Dennoch konnte ich all das jetzt nicht sagen. Es war sinnlos. Ich konnte auch die Kinder jetzt nicht von der Schule fernhalten. Sie fingen gerade an, sich ein bisschen einzuleben, sie waren ohnehin schon so eigenbrötlerisch. Und ich durfte Eric nicht noch mehr belasten.
    Wir würden es schon schaffen. Ich durfte jetzt nicht schon wieder so schwierig sein.
    »Hier auf der Baustelle muss es trotzdem weitergehen«, hörte ich Eric sagen, während er mich losließ und sich das Gesicht rieb. »Sonst kommen wir in Teufels Küche. Ich spreche gleich mal mit Peter drüber.«
     
    »Kein Problem, Eric, wir kennen uns ja aus hier«, lautete Peters Reaktion. »Not kennt kein Gebot.«
    In schnellem Französisch gab er den Arbeitern eine kurze Erklärung, die daraufhin allesamt ernste Gesichter machten und Eric und mir viel Kraft wünschten.
    »Was glaubst du, wann du zurück bist?«, fragte ich Eric.
    »Ich weiß es nicht. Hin und zurück brauche ich schon zwei Tage, also gehe ich von mindestens drei bis vier Tagen aus. Dann wäre ich Sonntagabend wieder hier. Wenn nicht noch was dazwischenkommt … Wenn es wirklich ganz schlimm ist, dann …«
    »Mach dir darüber lieber noch keine Gedanken, Eric«, sagte ich. »Und um uns auch nicht, ich komme schon zurecht.«
    Peter hörte aufmerksam zu. »Wir können uns sonst auch unser eigenes Essen mitbringen. Wir müssen es euch ja nicht noch zusätzlich schwer machen.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte ich. »Die Kinder sind morgen und Freitag den ganzen Tag in der Schule, und am Wochenende seid ihr sowieso nicht da. Die zwei Tage mittags zu kochen, das ist wirklich kein Problem.«
    »Du sitzt dann allerdings ohne Auto da«, sagte Eric. »Wenn irgendwas mit den Kindern ist, kommst du nicht weg.«
    »Wie soll ich sie denn dann zur Schule bringen?«
    Eric sah mich überrascht an. »Verdammt, das stimmt. Du brauchst das Auto ja sowieso. Das hab ich ganz vergessen.«
    Er sprang auf und ging wieder nach drinnen. Ich schenkte allen noch einmal Kaffee nach.
    »Das ist das Nervige an der Emigration«, sagte Peter nach einem Moment des allgemeinen Schweigens. »Die Familie. Solange alle wohlauf sind, macht es nichts aus, aber sie haben auch nicht das ewige Leben, und plötzlich kommt man dahinter, dass tausend Kilometer eine ganz schön lange Strecke sind.«
    Ich nickte. Wieder breitete sich Schweigen aus. Bruno steckte sich die Ohrstöpsel seines MP3-Players ins Ohr. Bleu war nirgends zu sehen.
    Schließlich knüpften Arnaud und Pierre-Antoine ein Gespräch mit Louis an, in das der Rest sich einklinkte. Ich hörte nicht zu. Meine Augen suchten Michel, der unter halb gesenkten Lidern meinen Blick erwiderte. Ich konnte nicht gut einschätzen, was er dachte. Er holte tief Luft und griff nach seinem Tabak.
    Ich spielte mit dem Löffel in meinem Becher. Wenn ich ehrlich war, musste ich zugeben, dass ich am Ende meines Lateins war. Müde. Und nicht nur das. Aber statt dass die Dinge sich beruhigt hätten, wurde alles nur immer chaotischer. Viel hatte ich an Eric zwar nicht gehabt, aber bisher war er zumindest da gewesen, und die Vorstellung, drei Nächte ohne ihn verbringen zu müssen, machte mich nervös. Und wenn nun irgendetwas passierte, sodass er länger wegbleiben musste? Dann saß ich hier

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