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Der Geliebte

Titel: Der Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
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darauf wartete, dass Eric zurückkam. In den letzten vier Wochen hatte ich eintausendzweihundert Euro in bar abgehoben und tausend davon Peter ausgehändigt.
    Eric hatte keinen Verdacht geschöpft, noch immer nicht. Was schwer begreiflich war, denn mir selbst sprangen die entsprechenden Zahlen sofort ins Auge, auf dem hellgrünen Bankpapier strahlten sie förmlich.
    Ich fragte mich, wann das Maß voll wäre. Wo all dies enden würde.
    Und ob es enden würde.
    Dass Eric jetzt bei Peter war, gefiel mir am allerwenigsten. Ich konnte lediglich Mutmaßungen darüber anstellen, worauf er hinauswollte.
    Ich löste den Blick von den abgehefteten Auszügen in meinem Schoß und starrte eine ganze Weile auf die Mattscheibe. Der Engländer und der Sikh mit ihrer Bruchbude in den Bergen der Ardèche hatten Streit bekommen. Der Sikh war nach London zurückgekehrt. Er fand, der Engländer habe jeglichen Realitätssinn verloren.
    Vielleicht war das bei mir auch so.
    In dem Schränkchen im Badezimmer lagen zwei Packungen Schlaftabletten. Sie zu besorgen war nicht schwer gewesen. Da mein Blut völlig in Ordnung zu sein schien, hatte Hausarzt Rodez die naheliegende Schlussfolgerung gezogen: Übermüdung. Für Leute, die unter spartanischen Umständen in einem fremden Land ein neues Leben aufbauen mussten, war das nicht ungewöhnlich. Meine halbherzige Erklärung, ich hätte Probleme mit dem Einschlafen, hatte erwartungsgemäß dazu geführt, dass ich Schlaftabletten verschrieben bekam, mit denen man ein Pferd hätte einschläfern können.
    Ich hatte die Apotheke damit verlassen, als ob es sich um schwere Munition handelte, mit wild im Brustkorb hämmerndem Herzen. Die kleinen Schachteln brannten mir in der Jackentasche. Zu Hause konnte ich sie gar nicht schnell genug verstauen: In einer Plastiktüte versteckte ich sie auf dem obersten Brett des Hängeschränkchens im Badezimmer vor den Kindern, hinter der Sonnenmilch, der Peelingcreme und der Lehmmaske.
    In anderthalb Wochen fingen die Schulferien an: vom 18. Dezember bis zum 3. Januar. Ich wollte mit den Kindern in die Niederlande. Isabelle und Bastian konnten wahrscheinlich bei Erics Eltern bleiben und ich vielleicht bei Erica. Beide hatte ich noch nicht angerufen, aber ich war sicher, dass sie uns mit offenen Armen empfangen würden. Möglicherweise brachte ich Eric dazu, dass er mitkam. Eigentlich fand er, dass er sich jetzt nicht einfach zwei Wochen frei nehmen konnte. Bevor er sich auch nur den Gedanken an Ferien erlaubte, musste erst das Haus fertig sein. Andererseits blieb er zu Weihnachten wahrscheinlich auch nicht gern allein.
    Morgen würde ich ihm erzählen, was ich mir überlegt hatte. Aber was auch immer er dazu sagte, ich würde fahren. Ohne die Aussicht auf zwei Wochen im Kreise von Freunden und Verwandten, in meinem eigenen Land, fernab dieses Elends, fernab von Peter, wäre ich wahrscheinlich längst durchgedreht.
    Eigentlich war es ohnehin ein Wunder, dass ich noch so gut funktionierte.
    Anscheinend war ich stärker, als ich dachte.
     
    Bleu winselte und bellte. Ich hörte das Kratzen seiner Krallen auf dem Holzboden. Der Reaktion des Hundes zufolge war Eric nach Hause gekommen. Ich strich mir das Haar aus dem Gesicht und hob den Kopf vom Kissen. Zwei Uhr nachts.
    Zwei Uhr?
    Gepolter auf der Treppe. Vor Schreck blieb mir fast das Herz stehen.
    Sie haben zusammengesessen und getrunken, viel zu viel, und Peter hat es ihm erzählt. Deshalb ist es so spät geworden. Eric ist bestimmt wütend auf mich.
    Die Badezimmertür ging auf. Das Geräusch fließenden Wassers. Eric putzte sich die Zähne.
    Ich ließ den Kopf wieder aufs Kissen sinken.
    Nein, Peter hat nichts gesagt. Eric würde sich niemals in aller Ruhe die Zähne putzen, wenn er gerade zu hören bekommen hätte, dass seine Frau fremdging.
    Wieder Gepolter. Die Spülung. Schritte auf dem Flur.
    Mucksmäuschenstill blieb ich liegen.
    Er tat sein Bestes, die Tür möglichst leise zu öffnen und wieder zu schließen. Unter seinen Füßen knarrten die Dielen. Er zog sich aus und schlüpfte neben mir ins Bett.
    Ich hatte mich immer noch nicht bewegt.
    Im nächsten Augenblick schob er seine Hand unter mein T-Shirt, und ich spürte eine nicht allzu überzeugende Erektion am Rücken.
    Ich reagierte nicht.
    Er strich mir über die Rippen, seine Hand streifte meine Taille und blieb schließlich auf meiner Hüfte liegen. Sein Atem roch nach Pfefferminz und Alkohol. Nach Whisky.
    »Gute Nacht«, murmelte er und drehte sich

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