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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hielt irgend etwas in der Hand, etwas Langes, Durchscheinendes, das seinen Weg von oben nach unten fand und sehr lang dabei wurde.
    Im letzten Augenblick hatte Fire-Johnson es bemerkt. Er drehte sich nach rechts.
    Dem Schicksal entging er nicht.
    Was in der folgenden Sekunde geschah, war so unglaublich und lief auch derartig schnell ab, daß es den jungen Zeugen kaum gelang, es nachzuvollziehen.
    Etwas durchtrennte beide Arme unter dem Ellbogen. Die Waffen, die Hände, die Unterarme, sie fielen in die Tiefe und prallten zu Boden. Fire-Johnson stand unbeweglich. Der Schock hatte ihn gelähmt. Er war zudem nicht fähig, auch nur einen Laut von sich zu geben. In seinem Helmausschnitt war das Gesicht blaß wie das eines Toten geworden. Die Augen wollten nicht wahrnehmen, was er sah. Das Gehirn sandte keine Signale des Begreifens.
    Und doch war es eine Tatsache.
    Fire-Johnson fehlten beide Unterarme!
    Er tat nichts, noch nichts.
    Dann aber schrie er.
    Plötzlich sprudelte auch Blut aus den Stümpfen. Da reagierte sein Körper wie eine biologische Maschine. Und nicht nur er brüllte seinen Schrecken hinaus, als er sich nach rechts drehte und wie eine aus der Kontrolle geratene Maschine durch die Klasse taumelte, gegen die Tafel krachte, an der Wand entlangschleifte und dort blutige Streifen hinterließ, auch die Kinder hatten endlich ein Ventil gefunden und schrien ihren Schrecken hinaus.
    Nur einer blieb stumm.
    Der kleine Mike.
    Er wußte selbst nicht, weshalb er nicht schreien konnte. Er starrte aus weit geöffneten Augen nach vorn und entdeckte dort tatsächlich die seltsame Bewegung.
    Ein Geist…
    Er schluckte.
    Der Geist huschte weiter. Für einen Moment verschmolz er mit der großen Scheibe, dann war er verschwunden.
    Fire-Johnson brach zusammen.
    Es war der Moment, als die ersten Lehrpersonen, die durch das Geschrei angelockt waren, die Tür öffneten.
    Was sie dann sahen, ließ sie an ihrem Verstand zweifeln…
    ***
    Wenig später war die Schule von einem Aufgebot an Polizei umlagert. Auch Eltern waren erschienen, Reporter ebenfalls, doch ins Klassenzimmer kam zunächst niemand. Es war hermetisch abgesperrt worden, und die Eltern warteten in der Aula. Man hatte sie beruhigt, daß keinem Kind etwas geschehen war.
    Fire-Johnson lebte noch. Er hatte sehr viel Blut verloren, deshalb stand er auf der Kippe.
    Und noch jemand lebte.
    Die Lehrerin Greta Franklin, die wie tot auf dem Boden vor der Tafel gelegen hatte, war nur in eine tiefe Bewußtlosigkeit gefallen. In seiner inneren Aufregung hatte Fire-Johnson nicht so getroffen, wie er es gern gehabt hätte. Die Kugel aus der schallgedämpften Waffe hatte den Kopf der Frau nur gestreift.
    Auch Greta befand sich in ärztlicher Behandlung. Sie würde so schnell wie möglich in ein Krankenhaus geschafft werden, was auch Fire-Johnson bevorstand. Was war passiert?
    Ratlosigkeit breitete sich unter den Offiziellen aus. Keiner wußte genau, was die Kinder hinter sich hatten, sie mußten erst aussagen, doch alle standen unter Schock.
    Fast alle.
    Einer aber meldete sich.
    Es war Mike.
    Daß er so normal sprechen konnte, glich einem Wunder, aber er ließ sich nicht abdrängen und wollte den obersten Polizisten allein sprechen, wie er sagte.
    »Warum allein?« wurde er gefragt.
    »Das weiß ich aus dem Fernsehen.«
    Man hatte Zeit für ihn. Der Einsatzleiter, ein Mann im Range eines Captains, zog sich mit dem Jungen zurück. Er wollte ihm zwei, drei Minuten geben, doch das Gespräch dauerte länger, denn Mike berichtete von einem Geist, der sie gerettet hatte.
    »Wie bitte?«
    »Ein Geist, Sir. Er schwebte vom Schulhof her in unser Klassenzimmer und hat dem Kerl die Arme abgehackt. Einfach so. Das habe ich genau gesehen.«
    Der Captain hätte den Jungen normalerweise weggeschickt. Daß er es in diesem Fall nicht tat, hatte seinen Grund. Sie selbst standen vor einem Rätsel. Sie konnten sich nicht erklären, wer Fire-Johnson die Arme abgeschlagen und durch diese Tat das Leben der Kinder gerettet hatte. Es war zwar viel spekuliert worden, ein Ergebnis jedoch hatten sie nicht gefunden.
    Sie waren ratlos.
    Und nun erzählte ihm dieser Mike eine schier unglaubliche Geschichte, die so unglaublich nicht mehr klang, nachdem Captain Harris über die Tatsachen genauer nachgedacht hatte.
    Geister, Gespenster…
    Er hob die Schultern. »Bist du denn der einzige aus der Klasse gewesen, der diesen Geist gesehen hat?« Das Wort Geist rutschte ihm nur schwerfällig über die Lippen, was auch

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