Der Gesandte des Papstes
Bad.
Er entkleidete sich vollständig und stieg in den Zuber. Das Wasser färbte sich augenblicklich dunkel. Von einem nahen Becken stieg Dampf auf, so dicht, als befinde er sich in einer Nebelbank. Matteo war froh darüber, denn er wäre nur ungern von den anderen Gästen nackt gesehen worden. Nachdem er sich gründlich abgerieben und wieder angezogen hatte, kam er auf dem Weg nach draußen an einer durch einen Vorhang abgetrennten Nische vorbei. Dahinter erklangen Stimmen. Zwei Männer unterhielten sich in einer Sprache, die er schon viele Wochen nicht mehr gehört hatte: Genuesisch.
Neugierig schob er den Vorhang beiseite. Die beiden Männer saßen auf einer Steinbank und tranken Tee. Sie schienen gerade aus dem Bad gekommen zu sein, denn statt normaler Straßenkleidung trugen sie weite Seidenumhänge, und ihre Haare waren feucht.
Matteo grüßte sie, worauf die Genuesen dem Landsmann erfreut Tee anboten. Matteo stellte sich als Übersetzer im Dienste eines Edelmanns aus Oberlothringen vor, den wichtige Geschäfte nach Trapezunt geführt hatten. Er erfuhr, dass die
beiden Männer, Fabio und Salvatore, als Schreiber in der größten genuesischen Handelsniederlassung der Stadt arbeiteten.
»Womit handelt ihr?«, fragte Matteo mit höflicher Neugier.
»Seide, Edelsteine, Silber, Gewürze.« Fabio lachte. »Aber manchmal glaube ich, unser Herr verdient am meisten mit Nachrichten.«
Als Salvatore Matteos fragenden Blick bemerkte, ergänzte er: »Es gibt niemanden, der mehr über das Geschehen in der Stadt weiß als unser Herr. Nicht einmal eine Küchenschabe könnte Trapezunt verlassen, ohne dass er es erführe.«
Matteo horchte auf. »Er weiß alles, was in Trapezunt geschieht?«
»Das und noch viel mehr«, antwortete Fabio. »Er hat Quellen in ganz Kleinasien. Sogar der Basileus lässt sich von ihm beraten.«
»Dann könnte er mit meinem Herrn ins Geschäft kommen«, sagte Matteo. »Er sucht eine Gruppe von Mamelucken, die Trapezunt vor zwei Wochen verlassen hat. Euer Herr könnte uns vielleicht helfen. Dürfte ich bei ihm vorsprechen?«
Die Genuesen schauten ihn von oben bis unten an, und peinlich berührt wurde er sich seiner schmutzigen, abgetragenen Kleidung bewusst.
»Ich denke, es wäre besser, dein Herr käme persönlich zu unserem«, erwiderte Salvatore höflich.
Matteo hatte die Sache falsch angefangen und verfluchte im Stillen seine Ungeduld. »Ja, du hast recht. Verzeih«, sagte er.
Fabios Miene wurde nachdenklich. »Eine Gruppe von Mamelucken, sagst du? Söldner?«
Sofort vergaß Matteo seinen Ärger. »Richtig, Söldner! Wisst ihr etwas über sie?«
»Das nicht. Aber du bist nicht der Erste, der nach ihnen fragt. Vor einigen Tagen sprach ein Florentiner bei unserem Herrn vor, der sie ebenfalls suchte. Ein Kardinal aus Rom, stellte sich später heraus.«
Es kostete Matteo große Mühe, sich seinen Schreck nicht anmerken zu lassen. »Wie sah er aus?«
»Groß. Stämmig. Kein Bart. Ein breites Gesicht und graue Haare bis hier.« Fabio hielt seine Hand an den Nacken.
Morra!, dachte Matteo. Gütiger Gott, er ist hier.
Als Raoul der Gasse folgte, in die Jada verschwunden war, begann er zu ahnen, dass er sich im schlimmsten Viertel Trapezunts befand. Sein Weg führte an einer aufgegebenen Gerberei, an deren Mauern noch der Gestank der Säuregruben haftete, vorbei, an Hintereingängen übler Seemannsspelunken und an leerstehenden Lagerhallen und Häusern, die aussahen, als würden sie beim kleinsten Windhauch in sich zusammenfallen. Es war der Zufluchtsort all jener, die Trapezunt ausgespuckt hatte, die nicht am Reichtum der Stadt teilhatten - die Heimat der Kranken, Krüppel, Ausgestoßenen und Ehrlosen. Zerlumpte Gestalten mit Gesichtern schwarz vor Schmutz hausten in den Hinterhöfen, drängten sich um Kochfeuer und beobachteten den Eindringling feindselig. Raoul war froh, dass er sein Schwert mitgenommen hatte. Vielleicht brauchte er es.
Als ob wir nicht schon genug Schwierigkeiten haben, dachte er wütend, während er die Kehre am Ende der Gasse erreichte. Dort verengte sich der Weg derart, dass die Dächer der angrenzenden Häuser sich beinahe berührten. Die Sonne war untergegangen, und das vergehende Tageslicht drang kaum noch durch.
Raoul verlangsamte seine Schritte. Er machte einen Bogen um einen Schacht, in dem Abfälle verrotteten, und wartete, bis sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Es fehlte noch, dass er sich bei dieser törichten Verfolgungsjagd die
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