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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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ist? Wenigstens am Ende will ich etwas tun, das tugendhaft ist. An das man sich erinnert. Bevor es ganz zu spät ist.«
    Jacques schwieg. Einen Moment hatte Raoul gehofft, sein Bruder würde ihm widersprechen, würde ihn darauf hinweisen, dass es sehr wohl Dinge gab, auf die er stolz sein konnte. Aber Jacques tat nichts dergleichen. Warum sollte er auch?, dachte Raoul voller Zorn auf sich selbst.
    Sein Bruder lehnte sich zurück. Seine Rechte lag reglos auf dem Tisch. »Mir wäre es lieber, du würdest den Rest deiner Zeit mit uns verbringen. Aber ich verstehe deine Entscheidung. Vater hätte sie gutgeheißen.«
    Ja, dachte Raoul, das hätte er. Es tat gut, das aus Jacques’ Mund zu hören.
    »Wann willst du aufbrechen?«
    »So bald wie möglich. Dann werde ich vor Einbruch des Winters zurück sein.«
    Sie wussten beide, dass es nicht in seiner Hand lag, ob er dieses Versprechen halten konnte.
     
    Der Abschied fand im Morgengrauen statt und war schlimmer, als Raoul geglaubt hatte. Alle waren da: Jacques, Lysanne, die einen betreten dreinschauenden Jean an der Hand hielt, Blaise, François und die anderen Soldaten, Knechte und Mägde - eine Reihe von traurigen Gesichtern vor dem Tor. Alles hüllte sich
in Schweigen, das nur von Jacqueline unterbrochen wurde, die in einem fort schluchzte. Einzig Philippes Miene zeigte ein gutmütiges Lächeln. Der alte Pferdeknecht war entweder immer noch betrunken oder schon wieder. Vernünftig von ihm, dachte Raoul. Philippe hatte begriffen, dass sich Abschiede nur stark berauscht ertragen ließen.
    Raoul hielt sein Pferd an den Zügeln. Er trug einen blauen Waffenrock mit dem silbernen Hirschen der Bazerats auf Brust und Rücken und hatte sein Schwert gegürtet. Zwar galt er als Pilger, doch er wollte als Ritter in Rom einziehen.
    »Sieh dich vor, wenn du die Alpen überquerst«, sagte Jacques. »Dort soll es Unruhen geben. Der Papst führt Krieg gegen die Katharer.«
    Raoul brachte ein Lächeln zu Stande. »Es geht nie ohne Ratschläge, nicht wahr?«
    Jacques erwiderte das Lächeln. »Natürlich nicht. Du bist mein kleiner Bruder.« Er umarmte ihn. »Glück auf deinem Weg, Raoul.«
    Blaise war vorgetreten und gab Raoul einen Lederbeutel. »Mehr von den Kräutern. Der Vorrat sollte für einige Wochen reichen. Du weißt, wie sie zubereitet werden?«
    »Ja, Blaise. Du hast es mir fünfmal erklärt. Leb wohl, du alte Krähe. Und gib auf Jean Acht. Wenn ich fort bin, ist niemand mehr da, der dem Jungen etwas Anständiges beibringt.« Raoul umarmte den Kaplan, der bei so viel Zuneigung steif wie ein Brett wurde und es nicht erwarten konnte, sich wieder von ihm zu lösen.
    »Leb wohl, mein Junge«, sagte Blaise würdevoll. Dabei zitterte seine Stimme unmerklich.
    Raoul schwang sich in den Sattel und ließ den Blick über die Dächer Bazerats schweifen, über die grünen Hügel, die Baumkronen und die schiefergrauen Felswände in der Talsohle. Er dachte an seinen ersten Abschied von diesem Tal, an den Tag, als er an der Seite seines Vaters nach Metz aufgebrochen war,
um für zwölf Jahre der Obhut des Herzogs übergeben zu werden. Damals hatte er keinen Funken Angst gespürt, nur unbändige Freude, endlich ein Ritter zu werden, ein Ritter wie sein Vater. Er hätte alles für diese kindliche Gewissheit gegeben, dass das, was er tat, das einzig Richtige war.
    Raoul schob diesen Gedanken fort, rief »Ho!«, riss das Pferd herum, kehrte Bazerat, den traurigen Abschiedsgesichtern, seinem alten Leben den Rücken und ritt davon.

ZWEI
     
     
    K astanien und Pinien säumten den Weg, und hinter den Baumkronen erstreckten sich die sanften, von Buschwerk gesprenkelten Hügel, die die Landschaft seit vielen Tagen prägten. Raoul begegnete kaum jemandem, außer einem Eselkarren und einigen Bauern mit Schaufeln und Hacken auf den Schultern. Er hatte die Handelsstraße, eine alte Römerstraße, die von Nordwesten nach Rom führte, verlassen, um dem Meer näher zu sein. Es lag hinter der Hügelkette, keine Meile von ihm entfernt. Die salzige, frische Luft tat ihm gut. Er musste immer noch husten, aber seit zwei Tagen war der Husten frei von Blut.
    Die Gegend, durch die er ritt, wurde Latium genannt und gehörte zum Kirchenstaat, dem Reich des Papstes. Raoul hatte die Nacht in einer Pilgerherberge verbracht und von den Mönchen erfahren, dass Rom nicht mehr fern war; zwölf Wegstunden zu Fuß, die Hälfte zu Pferd. Am frühen Nachmittag würde er sein Ziel erreichen. Er kam zu einer Weggabelung und nahm

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