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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Sicherheit sind«, sagte sie. »Eine Krankheit zu heilen, dauert lange und kostet all deine Kraft. Du wärst nicht mehr in der Lage, uns von der Insel fortzubringen.«
    Raoul schluckte seine Enttäuschung herunter. »Gut«, sagte er. »Komm.« Er wandte sich zum Gehen. Erst vor dem Schutthaufen stellte er fest, dass Jada ihm nicht gefolgt war. Sie stand noch neben dem offenen Sarkophag, um Abschied zu nehmen.
    Raoul kletterte durch die Öffnung und wartete an der Treppe auf sie. Alles in ihm schrie nach Eile, doch da er ahnte, was gerade in Jada vorging, zwang er sich zur Geduld. Kurz darauf kam auch sie durch das Loch gekrochen, und er half ihr die Schutthalde herunter.
    Im Sonnenlicht sah er das Zepter erstmals in seiner ganzen Pracht. Es glich dem Bild in der Vita bis ins letzte Detail: Es war eine Elle lang und schien ganz aus Gold gefertigt zu sein. Der Stab trug uralte, fremdartige Schriftzeichen, der Kopf hatte Ähnlichkeit mit einer Krone und war mit sieben geschliffenen Rubinen besetzt, die in der Sonne funkelten. Die Jahrhunderte im Sarkophag hatten dem Zepter nichts anhaben können. Es sah so neu aus, als hätte der Goldschmied es erst gestern fertig gestellt. Raoul erinnerte sich, wie Jada ihm zum ersten Mal von den Heilkräften des Zepters erzählt hatte: Eine Edle von meinem Volk gab es Antonius, hatte sie gesagt. Als er sich in die Wüste zurückgezogen hatte, sprach man ihm Heilkräfte zu. Kranke und Verkrüppelte besuchten ihn scharenweise, und er litt darunter, ihnen nicht helfen zu können. Die Edle hatte Mitleid mit ihm und gab ihm das Zepter, wofür sie verbannt wurde. Unsere Ältesten wollten es zurückholen, doch Antonius war bereits vor den Römern geflohen. So ging das Zepter verloren …
    Die Edle war Jada selbst, begriff er.
    Jada schob das Zepter hinter ihren Gürtel, dann liefen sie
über den Klosterhof Richtung Boot los. An der Treppe blieb die Ägypterin stehen. Als Raoul zu ihr aufholte, erkannte er den Grund: Al-Munahids Floß war bis auf einen Steinwurf an die Insel herangekommen. Die Züge des Söldners verhärteten sich, als er sie entdeckte. Mit ruhigen Bewegungen legte er das Paddel zur Seite, griff stattdessen nach Pfeil und Bogen.
    »Zum Boot!«, stieß Raoul hervor und hastete die Treppe hinab. Ein Pfeil schwirrte über seinen Kopf hinweg. Auf dem schwankenden Floß konnte al-Munahid nur schlecht zielen. Als Raoul das Boot erreichte, wandte er sich zu Jada um. Sie stand immer noch oben auf der Treppe und hielt eine Lederschlaufe in der Hand, in die sie einen Stein legte. Eine Schleuder!, dachte Raoul. Ein weiterer Pfeil sirrte heran, und er musste den Kopf einziehen.
    Jada schleuderte einen Stein in Richtung des Floßes. Raoul staunte über ihre Treffsicherheit. Al-Munahid musste ausweichen und verlor dabei das Gleichgewicht. Um nicht ins Wasser zu stürzen, sank er auf alle viere und fluchte laut, weil seine Pfeile dabei aus dem Köcher in den See rutschten.
    Mit der Schleuder in der Hand rannte Jada zu Raoul, der ihr ins Boot half, es ins Wasser schob und hinterher sprang. Hastig legte er die Ruder ein und steuerte das Boot von der Insel und al-Munahid weg. Der Söldner hatte eine Hand voll Pfeile aus dem Wasser gerettet und spannte den Bogen. Doch er kam nicht zum Schießen, denn Jada hatte sich aufgerichtet und deckte ihn mit Steinen ein. Die Geschosse trafen ihn nicht, zwangen ihn jedoch, auszuweichen, bis das Ruderboot außer Reichweite seines Bogens war. Al-Munahids Gesicht war vor Zorn verzerrt, und er brüllte etwas, worauf der andere Söldner eilig zu paddeln anfing. Doch das sperrige Floß war zu schwerfällig für ihr Boot.
    Obwohl al-Munahids Niederlage Raoul mit wildem Triumph erfüllte, brach er nicht in Jubel aus. Die Gefahr war noch längst nicht überwunden; er hatte gesehen, dass die anderen Söldner
ihn bereits am Ufer erwarteten. Jada verstaute ihre Schleuder. Sie hatte sämtliche Steine, die sie an der Klostermauer gesammelt hatte, verschossen. Hoffentlich ist auf Andranik und Oskanjan Verlass, dachte Raoul und zog die Ruder durch.
    Das Floß wurde immer kleiner, während das Ufer näher rückte. Die sechs Söldner, darunter der riesenhafte Eunuch, brachen in Gebrüll aus, und obwohl das Boot noch nicht innerhalb der Reichweite ihrer Bögen war, konnten einige es nicht abwarten und schossen. Klatschend trafen die Pfeile die Wasseroberfläche. Raoul zog die Ruder ein und ließ das Boot treiben. Er hielt nach einem Zeichen der Armenier Ausschau.
    Lange

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