Der Gesandte des Papstes
dem Wald. »Der Hengst ist hier!«
Jada brauchte seine Hilfe nicht. So wie es ihre Kräfte zuließen, liefen sie in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Kurz darauf fanden sie Andranik, der beide Pferde an den Zügeln hielt.
»Ich habe einen Reiter gesehen«, sagte der Armenier. »Gerade eben. Er ist nach Westen geritten, zu den Hügeln.«
»Das ist Matteo!«, sagte Raoul. »Wir müssen ihn einholen. Er hat das Zepter.«
Wenig später galoppierten sie aus dem Hain heraus. Jada saß hinter Raoul auf dem Araber, denn die Nachwirkungen des Hiebes waren noch nicht völlig abgeklungen. Am Waldrand zügelte er das Pferd. Al-Munahids Floß war immer noch weit draußen auf dem See. Vom Schilf kam Kampflärm, aber zu sehen war niemand. »Was ist mit Oskanjan?«
»Er kommt zurecht«, sagte Andranik. »Er lockt die Söldner ins Schilf, wo sie sich verirren werden.«
Raoul hoffte, dass der Armenier recht hatte. Weder Oskanjan noch einer seiner Söhne sollte wegen ihnen sein Leben verlieren. Andranik schlug die Richtung ein, in der Matteo verschwunden war, und fand wenig später Hufspuren. Sie führten in ein Tal, durch das ein von Schmelzwasser angeschwollener Bach rauschte. Bald schon verschwand der Sewansee hinter den zerklüfteten Kuppen der erloschenen Vulkane aus ihrer Sicht. Die Söldner schienen ihnen nicht zu folgen. Raoul legte einen Jagdgalopp vor, mit dem Andranik auf seinem Kleinpferd kaum mithalten konnte. Jada schlang die Arme um seinen Torso und hielt sich an ihm fest.
Das Tal war unbewohnt. Die einzige Siedlung auf ihrem Weg war ein Dorf aus einem halben Dutzend niedergebrannter Hütten, deren Bewohner geflohen oder in den Flammen umgekommen waren. Als Raoul die Ruinen hinter sich gelassen hatte, erspähte er Gaspare. Der Toskaner galoppierte ein gutes Stück vor ihnen, blickte über die Schulter und trieb sein Pferd an, als er seine Verfolger entdeckte.
Raoul peitschte den Araber mit den Zügeln, und das Donnern des Hufschlags hallte von den Steilhängen wider. Er hörte hinter sich einen Ruf, drehte den Kopf und sah Andranik, der wie ein Mongole im vollen Galopp einen Pfeil in den Bogen einlegte. Raoul bedeutete ihm mit einem Wink, nicht zu schießen. Es war nicht nötig, den Toskaner zu töten. Sein Vorsprung
schrumpfte rasant. Und Raoul wollte ihn selbst zur Rechenschaft ziehen.
Matteo tat das aus seiner Sicht einzig Vernünftige: Er verließ die Talsohle und trieb sein Pferd den Hang hinauf. Auf dem unwegsamen Untergrund war der flinke Araberhengst nicht mehr im Vorteil. Doch er hatte mit dieser Entscheidung zu lange gewartet. Als Raoul ihm nachsetzte, lagen zwischen ihnen nur noch drei Pferdelängen.
Der Toskaner warf Raoul einen Blick zu, in dem pure Verzweiflung lag, und trat sein Pferd heftig in die Flanken. Das Tier gab sein Bestes, aber der Araber konnte mithalten.
»Gib auf, Matteo!«, rief er.
»Das verstehst du nicht, Raoul!«, schrie Gaspare. »Es tut mir leid.« Er riss sein Pferd herum, doch das Tier rutschte auf den Steinen aus. Es wieherte, seine Beine knickten ein. Matteo wurde aus dem Sattel geschleudert und um ein Haar von dem zusammenbrechenden Pferd begraben. Sich mehrmals überschlagend rollte er den Hang herab.
Raoul brachte den Araber zum Stehen, schwang sich aus dem Sattel und schlitterte die Schräge hinab. Sein Zorn löschte jede andere Empfindung aus, seine Erschöpfung, seine Schmerzen in der Brust. Er packte den Toskaner an der Schulter und drehte ihn auf den Rücken. »Was tut dir leid?«, schrie er. »Dass du uns hintergangen hast? Dass du mich sterben lassen wolltest?«
Matteo stöhnte auf, als Raouls Faust ihn im Gesicht traf und zurück auf den Boden schleuderte. Benommen blieb er liegen. Seine Lippe blutete. Raoul griff nach dem Zepter, das er sich hinter den Gürtel geschoben hatte, und riss es heraus. »Andranik, fessele ihn.«
»Raoul, da sind Mongolen!«, rief Jada.
Raoul hob den Kopf und sah auf die Gruppe von Reitern an der Biegung des Tals: etwa dreißig schwer bewaffnete Krieger.
Raoul beobachtete, wie sie näher kamen. »Wir sind keine Gefahr für sie. Vielleicht lassen sie uns weiterziehen.«
»Nein. Sie dürfen das Zepter nicht sehen«, sagte Jada scharf.
»In die Hügel!«, rief Andranik und ritt weiter den Hang hinauf.
Raoul blickte zu den Mongolen, dann wieder zu Matteo. Sollen sich die Mongolen um ihn kümmern, entschied er und schwang sich auf den Rücken des Arabers, während Jada hart an den Zügeln riss, um dem Armenier zu
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