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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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    Matteo war wieder zu sich gekommen. Mit einem Blick erfasste er seine Lage und hastete geduckt zwischen den Felsen entlang, bis er eine Stelle erreichte, die zu steil für Pferde war. Dann verlor Raoul ihn aus den Augen.
    Die Mongolen hatten sie entdeckt und trieben ihre Pferde an. Dass die drei Reiter vor ihnen flohen, war, wie Raoul befürchtet hatte, Grund genug für sie, die Verfolgung aufzunehmen. Jada rief etwas auf Arabisch, trat den Araber heftig in die Flanken und trieb ihn trotz des steilen Hangs zum Galopp an, sodass sie an Andranik vorbei Richtung Kamm jagten.
    Raoul beobachtete, wie die Mongolen, deren Pferde für das unwegsame Land besser geeignet waren, rasch näher kamen; dann musste er sich von ihnen abwenden und an Jada festhalten. Sie ritt durch eine breite Lücke zwischen den Felsen und jagte durch den Talkessel hinter dem Grat. Raoul spürte den Luftzug eines Pfeils an seiner Schläfe, und sein Magen krampfte sich zusammen. Nicht jetzt noch, dachte er verzweifelt, nicht so kurz vor dem Ziel …
    Andranik hatte zu ihnen aufgeschlossen und galoppierte neben Jadas Araber. Er rief etwas, das vom Trommeln der Hufe übertönt wurde, und wies mit ausgestreckter Hand auf eine Schlucht weit vor ihnen. Dort konnten sie versuchen, die Mongolen abzuschütteln.
    Doch plötzlich stürzte Andraniks Pferd, überschlug sich, begrub den Reiter unter sich. Pfeile schwirrten durch die Luft. Jada keuchte vor Schmerz auf, und auf ihrem linken Ärmel war
deutlich ein Blutfleck zu sehen. Ein Pfeil hatte sie gestreift. Die Mongolen ritten in einem weiten Halbkreis hinter ihnen, und es war nur eine Frage der Zeit, bis einem von ihnen ein tödlicher Schuss gelang. Jada kam zum gleichen Schluss und zügelte ihr Pferd.
    Die Mongolen umringten sie.
    Der Anführer maß sie mit stechendem Blick, rief etwas und machte mit dem Schwert eine Geste, die »Absteigen!« hieß. Jada und Raoul gehorchten, worauf ein Krieger in die Mitte des Kreises ritt und den Araber am Zügel wegführte. Ein zweiter Krieger stieg ab und wies auf Raouls Schwertgürtel. Raoul hob die Scheide, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass kein Schwert drinsteckte. Darauf verzog der Mongole vor Wut den Mund und schlug ihm mit der behandschuhten Faust ins Gesicht. Raoul taumelte zurück und berührte seine Lippen. Blut lief aus seiner Nase, und von plötzlichem Zorn gepackt erwog er, den Mongolen anzugreifen. Jada, die die Hand auf ihre Wunde presste, begriff, was in ihm vorging, und schüttelte unmerklich den Kopf. Raoul kämpfte seinen Zorn nieder, löste die Schnalle und ließ Gürtel und Schwertscheide zu Boden fallen. Mit einem höhnischen Lächeln nickte der Krieger, dann riss er das Zepter hinter seinem Gürtel hervor. Raoul sah die Goldgier in den Augen des Anführers, als der Krieger ihm die Beute zeigte. Der Anführer begutachtete sie ausgiebig, bevor er sie in seiner Satteltasche verstaute.
    Raoul rechnete damit, dass die Mongolen sie jetzt töteten, doch stattdessen befahl man ihnen, bei zwei Kriegern aufzusteigen. Der Mongole, dem Raoul zugewiesen wurde, hatte einen Schnurrbart, dessen Enden bis zum Kinn fielen, und roch nach ranziger Milch und ungewaschenen Füßen. Der Mann, mit dem Jada reiten sollte, umschlang ihre Hüfte mit dem Arm und grinste lüstern in die Runde.
    Während des Aufbruchs sah sich Raoul nach Andranik um. Er war tot. Der Armenier lag mit verrenkten Gliedern und leblosen
Augen, die zum Himmel starrten, neben seinem Pferd, aus dessen Flanke ein gefiederter Schaft ragte. Raoul schloss seine Augen, übermannt von Gefühlen der Schuld. Er ist unseretwegen gestorben, dachte er. Und wie sinnlos sein Tod ist …
    In seiner Verzweiflung nahm er kaum Notiz von der Gegend, durch die sie ritten, bis sie zu einem Lager aus Jurten, den Filzzelten der Reiternomaden, gelangten. Sie waren wieder in der Nähe des Sees; jenseits des Hügels glitzerte die weite Wasserfläche im Licht der Abendsonne.
    Die Mongolen stiegen ab und begannen, ihre Pferde zu versorgen. Von einem halben Dutzend Kochfeuern stieg Rauch auf. Der Reitertrupp gehörte zu einer größeren Einheit, die hier lagerte. Mit den Neuankömmlingen schätzte Raoul die Zahl der Krieger auf hundert. Die beiden Mongolen, mit denen sie geritten waren, führten sie unsanft zu einem hölzernen Verschlag, stießen sie hinein und warfen die Tür zu; von außen wurde ein Balken vorgelegt. Raouls Zorn flammte von Neuem auf. »Ihr Hunde!«, schrie er und trat mehrmals gegen die Tür,

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