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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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habt.«
    Raoul erinnerte sich. »Ich bin gefallen.«
    »Die Balustrade hinunter auf den sechs Ellen tieferen Boden. Auf die Leiche eines Söldners, um genau zu sein. Was Euch vermutlich das Leben gerettet hat.«
    Raoul schwieg. Außer der Kopfwunde hatte er keine tief greifenden Verletzungen davongetragen, aber er fühlte sich so kraftlos wie nach einem langen Fieber. Er räusperte sich und fragte: »Wer war dieser Mann? Gegen den ich gekämpft habe?«
    »Battista sagt, er heißt Kadar al-Munahid. Er ist der Anführer der Söldner.« Gaspare zog ein Tuch hinter dem Gürtel hervor und tränkte es mit Wasser. Raoul presste es sich auf die heiße Stirn.
    »Ich habe noch niemals einen Mann so kämpfen sehen.«
    »Und Ihr werdet es auch so bald nicht mehr«, sagte eine andere Stimme von der Tür. Cristoforo Battistas hochgewachsene Gestalt verdunkelte für einen Moment das trübe Licht, als er das kleine Zimmer betrat. Er schien ebenfalls unverletzt zu sein, von einem kurzen Schnitt an der Wange abgesehen. »Er gehört zu den besten Schwertkämpfern des Sultanats. Ich kenne nur wenige, die es mit ihm aufnehmen können.«
    Raoul fiel wieder ein, wie Battista den Söldner mit einem geschickten Axtwurf niedergestreckt hatte, und fragte sich, warum ein venezianischer Kaufmann im Umgang mit Waffen geübt war. Aber das war nur eine von tausend Fragen, die ihm durch den Kopf gingen. Langsam, ohne eine hastige Bewegung stand er auf.
    »Wo wollt Ihr hin?«, fragte Gaspare.
    »Ich will wissen, was geschehen ist.« Er schob sich an Battista
vorbei und ging zum Fenster, das vom Treppenhaus in den Hof wies. Blitze tanzten vor seinen Augen, aber er konnte stehen. Die Kopfverletzung schien nicht so schlimm zu sein, dass sie ihn tagelang außer Gefecht setzen würde.
    Es dämmerte. Mehrere mit Segeltuch bedeckte Körper lagen im Innenhof der Karawanserei. Zwei Venezianer trugen die Leiche des Jungen, der am Vortag den Kamelmist aufgesammelt hatte, aus dem Wohngebäude und legten sie zu den anderen.
    »Wie viele sind es?«, fragte Raoul.
    »Zwölf.« Battistas Stimme war voller Zorn. Er blickte Raoul aus harten Augen an. »Warum habt Ihr den Söldner laufen lassen?«
    Welchen Söldner?, wollte Raoul erwidern, aber dann sah er wieder den Moment vor sich, in dem er einen Kopf nach hinten riss und seine Klinge auf einen entblößten Hals richtete. »Ich töte niemanden ohne Grund.«
    »Euer Mitgefühl ist bei diesen Heiden fehl am Platz! Oder glaubt Ihr etwa, er hätte Euch verschont?«
    Raoul war zu erschöpft für einen unsinnigen Streit. »Wer waren die Männer?«
    Battistas Kiefermuskeln zuckten, während er die beiden Männer beobachtete, die die Leiche des Jungen zudeckten. »Al-Munahid ist ein Söldner. Er leiht sein Schwert jedem, der genügend Gold hat. Seit zwei Jahren dient er dem Mameluckensultan. Vermutlich hat an-Nasir ihn beauftragt, die Vita zu stehlen.«
    »Aber wie konnte er davon wissen?«, fragte Gaspare.
    »Das interessiert mich nicht«, erwiderte Battista barsch. »Al-Munahid hat sie und basta. Und da er auch Morras Briefe hat, weiß er, dass er den dritten Teil in Konstantinopel suchen muss. Das ist alles, was für mich zählt.«
    Raoul trat vom Fenster weg, denn die Morgenluft roch nach Blut. Er ahnte, was Battista beabsichtigte. »Ihr wollt die Söldner verfolgen.«

    »Nein. Ich will vor ihnen in Konstantinopel sein.«
    Raoul erinnerte sich an das Gespräch zwischen dem Venezianer und Gaspare, das er mit angehört hatte. Der zweite Teil der Vita war unwichtig; der dritte Teil war es, der zum Stab führte. Er fragte sich, welches Interesse der Sultan von Kairo an einer christlichen Reliquie hatte. Aber vermutlich lautete die Antwort nur: dasselbe wie Papst Bonifatius.
    »Al-Munahid hat fünfzehn Mann«, sagte Gaspare langsam. »Wir sind nur zu zweit.«
    »Es ist ein Auftrag des Heiligen Stuhls. Wenn Ihr zu feige seid, für die Christenheit einzutreten, geht nach Rom und erklärt Morra, warum Ihr zugelassen habt, dass der Stab den Heiden in die Hände fiel.«
    »Ich bin nicht zu feige. Ich habe nur Bedenken.«
    Battista bedachte den Toskaner mit einem Blick voller Verachtung. »Betet. Vielleicht verschwinden sie dann, Eure Bedenken.«
    Gaspares Mund war eine dünne Linie. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und verließ das Zimmer.
    Raoul hustete. Er hatte sein Tuch nicht, deswegen fing er die Blutstropfen mit der Hand auf. Er musste bald seine Medizin nehmen, denn die Anstrengungen der vergangenen Nacht hatten

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