Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
Vom Netzwerk:
harten Blick. »Nein. Aber ich mache mir Sorgen.«
    »Sorgen sind etwas für Feiglinge und Zauderer. Wenn es sein muss, reiten wir bis nach Kilikien. Gott will, dass wir den Stab bekommen.« Battista riss sein Pferd herum und galoppierte ins Tal.
    »Kilikien«, murmelte Gaspare und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Lippe. »Barmherziger Jesus,
mach, dass der Mann Vernunft annimmt.« Dann setzte auch er sich in Bewegung.
    Raoul hatte währenddessen getrunken. Er hatte Mühe, den Schlauch wieder zu verschließen, so sehr zitterte seine Hand. Als seine Gefährten im aufgewirbelten Staub kaum noch zu sehen waren, presste er seinem Pferd die Waden in die Flanken und folgte ihnen.
    Das Stechen in seiner Brust versuchte er zu ignorieren.
     
    Jada bint-Ghassan bewunderte die Entschlossenheit der drei Männer. In drei Tagen hatten sie mehr als hundert Meilen zurückgelegt, trotz der Hitze und den dauernden Rückschlägen - und obwohl einer der drei krank war. Schwer krank sogar. Tagsüber verbarg er, wie schlecht es ihm ging, aber in der vergangenen Nacht hatte Jada sein Husten gehört, während er Wache hielt. Er hatte sich vom ersterbenden Feuer davongestohlen, um die anderen nicht zu wecken. Vor den Felsen, in denen sie sich versteckte, hatte er zusammengekrümmt gekniet und Blut gehustet. Als der Anfall vorüber war, schluchzte er plötzlich, ein leiser und trockener Laut, der ihr Herz rührte. Eine Weile kniete er reglos da, doch schließlich stand er mit einem Fluch auf den Lippen auf. Er stapfte zum Lager zurück und ließ Jada verwirrt zurück. Sie hatte so viele Menschen sterben gesehen, geliebte und verhasste, Freunde und Namenlose, und der Tod berührte sie schon lange nicht mehr. Was kümmerte sie da das Schicksal eines Ritters, dessen Namen sie nicht einmal kannte?
    Es sind seine Augen, dachte sie nun, während sie ihm und seinen Begleitern von einer Anhöhe vor Haifa nachblickte. Diese Ähnlichkeit … Es war ihr schon bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen, in den Gassen von Jerusalem. Form und Farbe waren vollkommen anders, aber der Ausdruck war derselbe. Dieselben Fragen. Dieselben Zweifel.
    Zorn stieg bei den unwillkommenen Erinnerungen in ihr
auf. Kümmere dich um deine Aufgabe!, befahl sie sich und kehrte zu ihrem Pferd zurück, einer braunen Stute, die sie in einer Senke zurückgelassen hatte, um sie vor den Blicken der drei zu schützen. Der Hang war steil. Jada schlitterte in einer kleinen Lawine aus Steinen und Staub hinunter und schwang sich in den Sattel. Das Tuch vor Nase und Mund, der Turban sowie der weite, schmutzig weiße Burnus ließen sie wie einen Beduinen aussehen. Jada trug diese Kleidung nicht wegen der Sonne - sie spürte die Hitze nicht -, sondern um nicht als Frau erkannt zu werden.
    Die Senke enthielt nichts als verkrüppelte Büsche und Steine, unter denen sich Skorpione verbargen, und lief in die Ebene von Galiläa aus. Die drei Männer hatten die Mauern von Haifa passiert und waren nur noch als Staubwolke an der Küste zu sehen. Jada nahm die Verfolgung auf. Bei Tag hielt sie sich zwei bis drei Meilen hinter ihnen, bei Dunkelheit manchmal nur einen Steinwurf. Sie hatte keine Furcht, dass die drei sie bemerken könnten.
    Niemand wusste besser als ihr Volk, wie man nicht gesehen wurde.

ACHT
     
     
    W ährend der Verurteilte auf das Rad geflochten wurde, verzehrte der Stellvertreter Christi eine Orange. Die Schale war so sorgfältig entfernt worden, dass nur noch das reine Fruchtfleisch übrig war. Saft lief über das fliehende Kinn und troff auf das purpurfarbene Gewand. Morra erinnerte sich, wie einmal ein Diener ausgepeitscht worden war, weil der Heilige Vater einen weißen Schalenrest an seiner Orange entdeckt hatte. Seitdem nahmen die Diener diese Aufgabe sehr ernst - sowie sie peinlich darauf achteten, dass der Tisch neben dem geschnitzten Lehnstuhl stets mit den köstlichsten Speisen gedeckt war. Obwohl der Papst zur dritten Stunde am Nachmittag nur Obst zu verzehren pflegte - ein Rat seiner Leibärzte -, türmten sich dort eine Torte in Form des Kolosseums, dampfendes Gemüse, frisches Brot, Käse, gebratenes Ferkel mit Leberpastete gefüllt und drei Kapaune in Honig und Pfeffer. Bonifatius rührte nichts davon an, aber er schätzte es, die Möglichkeit dazu zu haben. Später kamen die Speisen in den Müll, und der Papst zog sich in den großen Saal zurück, wo ihn ein neues Festmahl erwartete - an dem er sich dann bis zum späten Abend gütlich tat.

Weitere Kostenlose Bücher