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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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dankbar, in der Herberge bleiben zu können, hatten keine Einwände gehabt. In der nächsten Stadt hatte es sich wiederholt, auch in der übernächsten, bis es schließlich zur Gewohnheit geworden war, dass Jada ohne sie zum Hafen ging. Der Gedanke, sie könnte eine Überfahrt verhindern wollen, war Raoul gar nicht gekommen; schließlich war es auch Jadas Wunsch, so zügig wie möglich Trapezunt zu erreichen. Wenigstens hatte er das geglaubt.
    Warum hast du nicht auf Matteo gehört? Er war von Anfang an misstrauisch. Aber du hattest wieder einmal nur Augen für ein schönes Gesicht und wohlgeformte Rundungen!

    Raoul wusste nicht, was Jada mit alldem bezweckte. Doch er wusste, dass sie ihretwegen viele Tage verloren hatten - Zeit, die über sein Leben oder seinen Tod entscheiden konnte. Er fing an zu laufen und stieß beinahe mit einem Seemann zusammen, der ein Fass vor sich herrollte. Antworten! Er wollte endlich Antworten von Jada, und diesmal, schwor er sich, würde er sie sich holen.
    Am Ende des Hafendamms blieb Jada stehen und sah sich um, offenbar unschlüssig, wohin sie gehen sollte. Raoul versuchte, sich hinter der Ecke einer Handelsstube zu verbergen, doch er war zu langsam. Jadas Augen weiteten sich, als sie ihn erblickte. Sie wirbelte herum und lief los.
    Verdammte Hexe!, dachte Raoul und rannte ihr durch das Gedränge nach.
     
    Es gab nichts an Trapezunt, das Armin nicht hasste. Er hasste die Byzantiner mit ihren geschminkten Gesichtern und ihrem überheblichen Geschwätz, er hasste die schwüle Hitze und den Gestank des Hafens. Der Wein war so ungenießbar wie das Essen und obendrein verteufelt teuer, und die Huren hielten sich allesamt für Prinzessinnen, die von ihm verlangten, dass er sich vorher wusch (nicht nur im Schritt, sondern von oben bis unten). Beim ersten Mal hatte ihn das Schicksal dazu verdammt, fast ein ganzes Jahr hierzubleiben, und als er nach Süden aufgebrochen war, um sich sein Silber mit dem Schwert zu verdienen, hatte er sich geschworen, niemals zurückzukehren. Aber wie so viele andere Versprechen hatte er schließlich auch dieses nicht eingehalten. Zur Strafe musste er nun bereits seit zwei Wochen hier ausharren. Es kam ihm doppelt so lange vor.
    Nur weil es der aqid ist, dachte er verdrossen, während er das Menschengewimmel unter dem kleinen Fenster beobachtete. Für einen anderen würde ich das nicht im Traum tun. Aqid - so wurde al-Munahid von Najib und den anderen genannt. Armin hatte diese Anrede vor vielen Jahren übernommen, obwohl er
bis heute nicht genau wusste, was sie bedeutete. Sie drückte Achtung und Treue aus, das genügte ihm.
    Vor zehn Jahren hatte er sich im Kielraum eines Handelsschiffes versteckt und war so nach Trapezunt gekommen, ein ehemaliger Novize des »Ordens vom Spital des heiligen Johannes«, achtzehn Jahre alt, abgemagert bis auf die Knochen und ohne eine Vorstellung davon, wie sein Leben weitergehen sollte. Drei Jahre zuvor hatte er in einem ähnlichen Zustand Palästina betreten: Entweder der Galgen oder für den Rest des Lebens Waffendienst im Heiligen Land, hatte man ihm in Köln angeboten - eine Wahl, die ihm nicht schwerfiel. Also war er mit zwanzig anderen Dieben, Mördern und Frauenschändern nach Akkon gezogen.
    Sarazenenpfeile und -schwerter, aber auch Krankheiten, die es am Rhein nicht gab, verringerten die Anzahl der Verurteilten stetig, aber Armin war zäh und wusste, wie man überlebte. Sein Talent mit dem Schwert und sein Geschick bei der Versorgung der Verletzten - das Einzige außer Fluchen, was ihm seine Mutter beigebracht hatte - blieben nicht unbemerkt. Ein französischer Johanniter namens Laurent von Blisacques machte ihn zu seinem Knappen und führte ihn schließlich in den Orden ein. Armin schwor, Gott zu dienen, die Pilger im Heiligen Land zu schützen und sein Leben in den Dienst der Krankenpflege zu stellen. Alles drei scherte ihn einen Dreck, aber zum ersten Mal seit vielen Jahren hatte er regelmäßig zu essen und ein Dach über dem Kopf.
    Leider konnte er diese Annehmlichkeiten nicht lange genießen: Drei Monate später machten die Sarazenen Akkon dem Erdboden gleich. Der Dachbalken eines einstürzenden Wehrturms begrub Blisacques unter sich. Mit dem letzten Rest Luft in seiner Lunge flehte der alte Ritter seinen Schützling um Hilfe an, doch da war Armin schon auf dem Weg zu dem Schiff, das ihn und die anderen überlebenden Johanniter von der brennenden Stadt fortbrachte.
    In der neuen Heimat Zypern verbrachte er ein

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