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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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informierte, empfand ich selbst eine solche Freude, dass ich die Deutschen in einer kurzen Stellungnahme umgehend von Herzen beglückwünschte. Damit handelte ich mir allerdings die Missbilligung einiger Genossen ein, die mich
hinterher anriefen und wissen ließen, dass ihnen ein kleines Deutschland lieber als ein großes sei. Offenbar wollte mancher immer noch nicht so recht aus dem Schatten des Weltkriegs heraustreten – er bot Deckung, er garantierte Unauffälligkeit, und der Wiedereintritt in die eigene Geschichte erforderte wohl einen Mut, von dem der eine oder andere gehofft hatte, ihn nicht aufbringen zu müssen. Gewohnt, der eigenen Geschichte ungeschützt ausgeliefert zu sein, hatte ich wenig Verständnis für so viel Verzagtheit. Davon abgesehen war es für mich als Palästinenser eine ermutigende Erfahrung, dass Utopien bisweilen Wirklichkeit werden. Von diesem Tag an blickten wir jedenfalls nach Berlin, die Führung der Fatah genauso wie ich, auch wenn wir unser Büro in Bonn erst 2005 aufgaben.
    1989 war aber auch für mich ein besonderes Jahr, denn am 4. August wurde ich ins Zentralkomitee gewählt, gehörte also von nun an dem höchsten Entscheidungsgremium der Fatah an. Unsere Satzung verlangt, dass achtzehn Mitglieder des Zentralkomitees von der Generalkonferenz und drei vom Zentralkomitee selbst gewählt werden, und ich verdankte meine Wahl dem Zentralkomitee. Von den achtzehn möglichen Stimmen erhielt ich vierzehn, also mehr als die nötige Zweidrittelmehrheit.
    Wollte ich ins Zentralkomitee? Natürlich. Jeder wollte ins Zentralkomitee. Ich hatte zunächst in der Generalkonferenz für einen Sitz im Zentralkomitee kandidiert und die nötige Stimmenzahl knapp verfehlt, woraufhin mein Freund Hayel sich der Sache angenommen, mich für die Direktwahl vorgeschlagen und kräftig für mich geworben hatte. So zufrieden ich mit dem Ausgang der Wahl war, sie hatte einen unvorhergesehenen Nebeneffekt: Meine Gegner machten gegen mich Front und reagierten mit einer groß angelegten Verleumdungskampagne. Angeführt wurden sie von einem alten Bekannten, nämlich von Gazi Husseini.

    Dieser Gazi Husseini war niemand anders als mein Mitkämpfer von 1967, der mir beim Reinigen der verschmutzten Toiletten im algerischen Ausbildungslager Bleda geholfen hatte und später genauso in israelische Gefangenschaft geraten war wie ich. Seit unserer Freilassung hatte er mit großem Eifer das Gerücht am Leben erhalten, ich wäre von den Israelis seinerzeit gekauft worden und würde mit meinem Einsatz für die PLO lediglich ein schäbiges Schauspiel liefern. Leider konnte man seine Verdächtigungen diesmal nicht einfach vom Tisch wischen. Denn als Bruder von Faisal Husseini, dem Führer des Aufstands in den besetzten Gebieten, und Sohn von Abd al-Qadir al-Husseini, einem Helden des palästinensischen Widerstands in den 30er-Jahren, besaß er einigen Einfluss und brachte es jetzt fertig, die alte Geschichte von meinem »Verrat« so effektvoll wieder aufzukochen, dass selbst die Zeitungen in Kuwait mit der Schlagzeile aufmachten, ein Agent der Israelis sei ins Zentralkomitee der Fatah gewählt worden.
    Alle Mitglieder des Zentralkomitees standen auf meiner Seite, das Ausmaß dieser Kampagne zwang uns jedoch, eine Aussprache zwischen mir und Gazi Husseini herbeizuführen. Es kam zu einer gemeinsamen Sitzung des Zentralkomitees und des Revolutionsrats, auf der Gazi mich beschuldigte, schon im Gefängnis mit den Israelis kooperiert zu haben und seither in ihrem Sold zu stehen. In meiner Antwort verzichtete ich darauf, mich zu verteidigen, ich verzichtete auch darauf, meinen Widersacher anzugreifen; ich ließ Gazi Husseini lediglich wissen, dass ich mich nicht auf sein Niveau begeben wolle und um seines Vaters willen auch nichts gegen ihn unternehmen werde.
    Arafat, der neben mir saß und bemerkt hatte, wie erregt ich war, riss während meiner Rede ein Blatt von seinem Notizblock, den er immer dabeihatte, schrieb etwas auf und schob mir den Zettel zu. »Mein lieber Abdallah«, las ich, »kein
Mensch auf dieser Welt darf behaupten, was hier behauptet wird. Wir dulden diese Anschuldigungen nicht. Du hast mein Vertrauen. Du bist und bleibst unantastbar.« Unterschrieben: »Gemeinsam bis zum Sieg! Yassir Arafat.« Nach der Sitzung knüpfte sich Abu Iyad Gazi Husseini vor und nahm ihm das Versprechen ab, seine Behauptungen nicht mehr zu verbreiten. Damit war einstweilen Ruhe, aber aus der Welt schaffen ließ sich die Mär von meinem

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