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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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Auftrag von Abu Nidal gehandelt zu haben, doch das war nicht unbedingt glaubhaft, jeder konnte das behaupten. Verschiedene Umstände ließen darauf schließen, dass der israelische Geheimdienst genauso als Auftraggeber infrage kam. Hamze hatte ausgesagt, auf Abu Iyad angesetzt worden zu sein, dem auch der erste Schuss gegolten hatte, und Abu Iyad stand seit der Ermordung von Abu Dschihad ganz oben auf der Todesliste des Mossad, die Golda Meir nach München aufgestellt hatte. Außerdem sprach die langfristige Planung des Mordes für das Werk eines routinieten Geheimdienstes. Gewissheit war in diesem Fall nicht zu erhalten.
    Der Mörder wurde zum Tode verurteilt, und diesmal bestand Arafat – gegen seine Gewohnheit, Milde walten zu lassen  – auf der Hinrichtung. Mit Abu Iyad hatte er mehr als nur seinen Geheimdienstchef verloren, Abu Iyad war der große Vordenker des Widerstands gewesen, der einflussreiche Vermittler zwischen den unterschiedlichen Strömungen der PLO, der engste Mitarbeiter und älteste Freund Arafats. Die Vollstreckung des Todesurteils stieß jeoch auf Hindernisse. Tunesien wehrte sich gegen eine Hinrichtung auf seinem Staatgebiet, woraufhin Hamze in den Jemen geschafft wurde, dessen Regierung die Hinrichtung aber genauso wenig dulden wollte. Schließlich wurde der Mörder in ein Boot gesetzt und auf dem offenen Meer erschossen.

    Hayels Tod war also gewissermaßen als Nebenprodukt der Ermordung von Abu Iyad anzusehen. Ich verlor mit ihm den brüderlichen Freund, der immer auf meiner Seite stand, auf den ich mich blind verlassen konnte. Den Einzigen, mit dem ich über alles reden konnte, so wie er sich mir in allen Dingen anvertrauen durfte. Obwohl ich Abu Dschihad länger kannte und häufiger traf, war mir Hayel näher. Allein die Tatsache, dass er zwei Tage nach dem Tumult in der Frankfurter Universität zu mir gekommen war, die vierzehn Kilometer auf sich genommen hatte und nun auf der anderen Straßenseite stand, als ich gerade einkaufen gehen wollte, und mir zuwinkte … Bald darauf war er nach Langen in ein Nachbarhaus der Dugas umgezogen; fortan trafen wir uns beinahe jeden Morgen bei ihm und frühstückten wie daheim, weil seine Schwester aus Damaskus regelmäßig alle Zutaten schickte, die man für ein arabisches Frühstück braucht. Diese Gewohnheit hatten wir in Tunis wieder aufleben lassen und das morgendliche Beisammensein genauso genossen wie damals in Langen. Nun war mit dem Tod von Abu Iyad auch die zweite Säule der Fatah zusammengebrochen, und ich musste auf einen Freund verzichten, der in dieser harten und nicht selten unerbittlichen Welt der Politik für mich Freundschaft und Menschlichkeit verkörpert hatte.
    Für mich hat es keinen wie Hayel gegeben.

Viel Text und wenig Substanz?
    Das Oslo-Abkommen, das am 13. September 1993 in Washington unterzeichnet wurde, stellt den größten diplomatischen Erfolg in der neueren Geschichte Palästinas dar, weil es uns siebenundzwanzig Jahre nach dem Sechstagekrieg die Rückkehr aus dem tunesischen Exil in die besetzten Gebiete erlaubte. Zwei Erwartungen verknüpften sich mit diesem Vertrag: die Aussicht auf einen eigenen, souveränen Staat noch vor dem Jahr 2000 und die auf friedliche Nachbarschaft mit Israel. Aber zunächst einmal die Vorgeschichte, eine Zeit fieberhafter diplomatischer Initiativen.
    Eigentlich durfte man sich von der Nahost-Friedenskonferenz, die am 10. Oktober 1991 im Palast des spanischen Königs Juan Carlos in Madrid eröffnet wurde, einiges erhoffen. Endlich nahmen sich die USA und die Sowjetunion in einer gemeinsamen Anstrengung des Problems an, die Verhältnisse im Nahen Osten so zu gestalten, dass die Palästinenser zu ihrem wieder und wieder beschworenen Recht kämen. In Madrid sollte die alte Frage der Selbstbestimmung der Palästinenser geklärt werden, und womöglich würde man bei den Verhandlungen sogar bis zu einem Punkt gelangen, an dem ein Staat Palästina Kontur annähme.
    George Bush senior, der am wenigsten israelfreundliche US-Präsident seit Kennedy, hatte es immerhin geschafft, die widerstrebenden Israelis an den Verhandlungstisch zu bringen. Die PLO war nicht geladen – darauf hatte Israel bestanden, und dieser Forderung hatte Bush bereitwillig nachgegeben –, sodass an ihrer Stelle eine Delegation aus Repräsentanten der
besetzten Gebiete die palästinensische Seite vertrat, darunter Faisal Husseini, der führende Kopf des Aufstands, der immer noch andauerte. Von den vierzehn Mitgliedern

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