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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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du ihn, nach Deutschland zurückzugehen. Wir haben nur zwei Söhne.« Ich war ausgesprochen erleichtert. Ich hatte ohnehin schon nach einem Weg gesucht, den grundanständigen, aber zum Partisanen völlig ungeeigneten
Nabil aus der Sache herauszuhalten. Jetzt konnte ich mich auf den Wunsch seiner Familie berufen, als ich ihn von seinem Wort entband, und er ergriff die Chance auszusteigen, ohne sein Gesicht zu verlieren.
    Aber auch ich wollte keinen Tag länger bleiben. Mir schien die Ausbildung in Bleda sinnlos und reine Zeitverschwendung, deshalb brachen wir unsere Zelte nach zwei Wochen ab und fuhren nach Algier, wo Zuhair, der engagierteste meiner Mitstreiter, und ich beim algerischen Verteidigungsminister vorstellig wurden und darum baten, uns so schnell wie möglich zur Weiterfahrt nach Syrien zu verhelfen. Er stellte uns unverzüglich ein Transportflugzeug der Armee zur Verfügung, und wir flogen über Bengasi nach Damaskus. Dort wurden wir von Abu Dschihad empfangen und gleich zum Abendessen eingeladen. Es gab arabisches Brot mit Tomaten, Oliven, Thymian, Falafel und Labneh, eine einfache Mahlzeit, aber das Beste, was wir seit Langem bekommen hatten.
    Von Damaskus aus ging es nun aber keineswegs in ein ordentliches Ausbildungslager, sondern in eine kleine Ortschaft inmitten von Olivenhainen, Feldern und Gärten, wo uns das gleiche Programm wie in Bleda erwartete – also marschieren, Wände hochklettern und robben. In den beiden Wochen in Algerien hatte jeder von uns vielleicht zehn Schüsse abgegeben, und hier war an Schießen gar nicht zu denken, weil wir uns in einer Wohngegend unter syrischen Bauern befanden. Nach weiteren zwei Wochen, die wir uns im Grunde mit Leibesübungen vertrieben, beratschlagte ich mich mit Zuhair. Zuhair kannte sich in Damaskus aus, und ich bat ihn, Abu Dschihad aufzusuchen und zu fragen, ob wir unsere »Ausbildung« beenden und aufbrechen könnten. Zuhair kam mit der Nachricht zurück, dass es am 28. Juli losgehen würde.
    Am festgelegten Tag brachten Jeeps zehn Mann von unserer Gruppe nach El Hameh, das Ausbildungscamp für Fatah-Partisanen. Dort erwarteten uns Abu Dschihad und noch jemand,
dessen persönliche Bekanntschaft ich im Jahr zuvor am Telefon gemacht hatte: Yassir Arafat. Viel gibt es über unsere erste Begegnung nicht zu sagen. Er trug an diesem Tag nicht sein berühmtes Tuch, sondern einen kakifarbenen Kampfanzug und eine Militärkappe, zeigte sich gut gelaunt, sprach mich in seiner jovialen Art mit Namen an, war aber auch zu allen anderen sehr freundlich und umarmte jeden, nachdem er uns einige aufmunternde Worte mit auf den Weg gegeben hatte. Als er vor mir stand, sagte er, als er seine Umarmung löste: »In Palästina sehen wir uns wieder.«
    Als jeder seine Ausrüstung beisammen hatte, bekamen wir einen Ortskundigen als Führer zugeteilt und bestiegen einen Mannschaftswagen, der uns zur syrisch-jordanischen Grenze brachte. Dort wechselten wir das Fahrzeug und fuhren in einem Lkw der irakischen Armee weiter durch den Norden Jordaniens, bis wir unser Ziel erreichten: den Ort Karame auf der Höhe von Jericho. Ganz in der Nähe musste der Jordan fließen.
    Das erste Malheur passierte, noch während wir vom Lkw sprangen. Unterdessen war es tiefe Nacht geworden, es mochte gegen 1 Uhr morgens sein, und als einer von uns in der Dunkelheit stolperte, löste sich ein Schuss aus seiner Waffe. Niemand wurde verletzt, aber im nächsten Moment hörten wir jemanden in unserer Nähe rufen: »Wer da?« – »Bei Gott, wir sind Brüder!«, antwortete unser Führer. Es war eine jordanische Patrouille. Hätte sie geschossen, wäre es mit uns aus gewesen.
    Sie kamen näher – nette, junge Soldaten – und forderten uns auf, so schnell wie möglich jordanischen Boden zu verlassen. Wenn wir unbedingt ins Westjordanland wollten, sollten wir das bald erledigen. In der Finsternis war allerdings nicht daran zu denken, den Jordan zu durchqueren. Nicht, dass der Fluss zu dieser Jahreszeit tief oder reißend gewesen wäre, aber wir hatten Leute dabei, die nicht schwimmen konnten, dazu
das Gepäck und die Waffen, und waren deshalb erleichtert, dass die Jordanier uns schließlich eine Frist bis Tagesanbruch einräumten. Gottlob trug nicht ich die Verantwortung für dieses Unternehmen. Abu Dschihad hatte es ratsam gefunden, Zuhair mit der militärischen Führung dieser Aktion zu betrauen, weil der sich in unserem Operationsgebiet auskannte, und ich war mit dieser Entscheidung sofort

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