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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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bewusst. Sie war nicht persönlich motiviert. Ich war fünfundzwanzig Jahre alt. Von meinem Studium durfte ich mir nicht mehr viel versprechen. Auch gebunden war ich in Deutschland nicht, und im Studentenverein erwartete mich eine unerfreuliche Auseinandersetzung über meine Glaubwürdigkeit. Im Grunde beruhte meine Entscheidung auf einer einzigen Überlegung: Ich wollte weiterkämpfen, aber ohne Waffen. Ich wollte mit friedlichen Mitteln eine Wirkung erreichen, wie ich sie durch bewaffnete Aktionen nie erzielen könnte. Ich wollte die Deutschen für die Sache Palästinas gewinnen. Das war von nun an meine Aufgabe. Mithin gehörte ich nach Deutschland.
    Bevor ich jedoch auf meine Rückkehr und die turbulenten Ereignisse des Jahres 1968 zu sprechen komme, möchte ich kurz auf jenen Mann eingehen, dem ich nun erstmals begegnet
war, Abu Iyad. Denn dieser Abu Iyad genoss als Rebell und ausgesprochen eigenwilliger Kopf zeitlebens eine Sonderstellung innerhalb der Fatah.
    »Nimm beide nicht ernst«, hatte er zu mir gesagt. Das war typisch für ihn. Gemeint war ja nicht nur Kadumi, gemeint war auch Arafat, mit dem er sich gern auf unterschwellige Rangstreitigkeiten einließ. Zwei ausgemachte Platzhirsche. Die Rangfolge innerhalb der Fatah wies ihm eigentlich den dritten Platz hinter Abu Dschihad zu, doch oft genug bildete Abu Iyad ein Gegengewicht zu Arafat. Der wusste ihn auch stets richtig einzuschätzen – nicht als Konkurrenten, aber auch nicht als Parteisoldaten –, und gelegentlich traten Situationen ein, in denen Arafat es ratsam fand, seinen Platz für Abu Iyad zu räumen. Immer dann nämlich, wenn es für Arafat brenzlig wurde, wenn er sich zu weit vorgewagt hatte und plötzlich im Kreuzfeuer der Kritik stand, trat er einen Schritt zurück, und Abu Iyad stand vorübergehend in dem Rampenlicht, in dem sich Arafat sonst mit größter Selbstverständlichkeit bewegte.
    Abu Iyad war ein Mann der ersten Stunde, schon in Kairoer Studententagen ein Mitstreiter Arafats. Vom Typ her eher unscheinbar, untersetzt und füllig – sein Kennzeichen war die Zigarette in seiner Rechten, die nie auszugehen schien –, lief er als Redner zu Höchstform auf. Er war ein Mann der Masse, als Rhetoriker ebenso brillant wie als Erzähler. Dabei ein gnadenloser Taktiker, auch darin Arafat ebenbürtig. Ein Politikmacher eben, kein Befehlsempfänger, und es entsprach den Spielregeln, dass Arafat sein Vorgehen in jedem Fall zunächst mit Abu Iyad abstimmte. Mit anderen Worten: Abu Iyad war der Mann der schweren Aufgaben, der Panzer, der mit Argumenten die Front der Gegner zum Wanken brachte. So fiel ihm zum Beispiel die Aufgabe zu, die linken Gruppen innerhalb der PLO zu zähmen, die kommunistische Partei, die demokratische Front, die Volksfront von George Habash. Der für Abu
Iyad gebräuchliche Beiname traf also durchaus das Wesen dieses Mannes: Er lautete »der Fuchs«. Arafat hingegen wurde »el echtiar« – der Alte – genannt, eine Ehrenbezeichnung, wie sie in Deutschland beispielsweise Konrad Adenauer zugestanden wurde. Im Grunde lief aber beides auf dasselbe hinaus, denn der eine wie der andere Beiname bezeichnet einen Menschen, der mit allen Wassern gewaschen ist.
    Nur ein Beispiel für Abu Iyads Wirkung als Redner – und seine Nervenstärke – aus der Zeit des Libanonkriegs 1982. Von den Bomben israelischer Kampfflugzeuge getroffen, zerbarst damals in Beirut ein Hochhaus nach dem anderen; jedes Gebäude, in dem die Israelis einen Fatah-Mann vermuteten, wurde durch Angriffe aus der Luft zerstört, sodass die Führungsspitze unablässig ihren Standort wechseln musste. Eines Tages meldete der israelische Rundfunk, der palästinensische Widerstand sei zusammengebrochen. Tatsächlich waren die Israelis dabei, unsere Stützpunkte zu erstürmen, und ließen ihre Luftwaffe in ununterbrochenen Wellen angreifen. Nach dem Ende des Bombardements herrschte eine gewisse Stille, und nun fiel auf, dass auch unser Radiosender schwieg. Als Abu Iyad das mitbekam, ließ er sich durch die mit Trümmern übersäten Straßen dorthin fahren, betrat die verlassene Sendestation, griff zum Mikrofon und sprach zu den Überlebenden. Jeder kannte seine Stimme – eine volle, tiefe, etwas raue Stimme –, und diese Stimme kam nun, nachdem die Luftangriffe abgeflaut waren, plötzlich über den Äther. Er forderte seine Kämpfer auf, nicht zu kapitulieren, und tatsächlich mobilisierte er mit seinem Appell solche Kräfte, dass der Untergang ein

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