Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik
sowie er selbst teilnahmen, mit dem Erfolg, dass Nasser Arafat wenig später zu einem Staatsbesuch in die Sowjetunion mitnahm, um ihn gewissermaßen in die Gesellschaft der Weltpolitiker einzuführen. Und als Shukeiri Ende 1967 auf ägyptischen Druck hin zurücktrat, übernahm Arafat nach einer Übergangszeit von einem Jahr den Vorsitz der PLO. Er behielt ihn bis zu seinem Tod.
Damit wechselte der Vorsitz der PLO von den Händen eines Demagogen in die eines Mannes, der über ein klares Konzept, eine starke Mannschaft und militärische Erfahrung verfügte und nun daranging, die PLO als Sprachrohr und politische Vertretung aller Palästinenser in ein Machtinstrument zu verwandeln. Arafat öffnete die PLO für alle kämpfenden Organisationen und Parteien. Er setzte durch, dass die Mitglieder des Exekutivkomitees vom Nationalrat gewählt wurden,
wobei sich die Anzahl der Sitze im Exekutivkomitee nach der Stärke der einzelnen Organisationen richtete. Und er war weitblickend genug, von den vier Sitzen, die der Fatah im elfköpfigen Exekutivkomitee zustanden, nur zwei zu beanspruchen, damit keine Gruppierung von der Mitwirkung ausgeschlossen wäre. Das tatsächliche Kräfteverhältnis innerhalb der PLO war gleichwohl so, dass kein Beschluss gegen den Willen von Arafat und der Fatah gefasst werden konnte – oder, um es in einem Bild auszudrücken: Die PLO war die Karosserie, die Fatah der Motor.
Dennoch war Arafat machtlos, als sich bald darauf die dritte Tragödie des palästinensischen Volkes anbahnte – die Katastrophe von Amman, der Schwarze September des Jahres 1970. Die Ursache dafür lag nicht zuletzt in der neuen Stärke der PLO. Sie weckte nämlich das Misstrauen des jordanischen Königs Hussein, der in ihr eine Gefahr für sein Königreich witterte. In Anbetracht der Tatsache, dass 60 Prozent seiner Untertanen Palästinenser waren, hatte er allerdings auch Grund, die PLO als Gegenkraft, als Gegenregierung zu fürchten. Dazu kamen die Fliehkräfte innerhalb der PLO.
Die buntscheckige Zusammensetzung der PLO – selbst Syrien und der Irak besaßen eine Stimme im Exekutivkomitee – war Stärke und Schwäche zugleich: Stärke, weil die PLO angesichts der herrschenden Meinungsvielfalt gezwungen war, sich in Demokratie zu üben; Schwäche, weil linke und radikale Gruppen sich mit der PLO im Rücken ermutigt fühlten, auf eigene Faust zu operieren, und die Fatah weder gewillt noch fähig war, alle Strömungen zu kontrollieren. Bei derart auseinanderstrebenden Kräften hätte Kontrolle den Einsatz von Waffengewalt bedeutet, und die Fatah wollte um jeden Preis ein Blutvergießen unter Palästinensern vermeiden. Doch selbst wenn Arafat nicht vor einer gewaltsamen Konfrontation zurückgescheut wäre – seine Kräfte hätten nicht dazu gereicht, dem Treiben der Linken innerhalb der PLO Einhalt zu
gebieten. Mit dem Erfolg, dass niemand sie daran hinderte, sich in Jordanien wie die eigentlichen Hausherren aufzuführen.
Die marxistischen Gruppen hatten die Parole ausgegeben: Der Weg nach Jerusalem führt über Amman! Amman ist das Hanoi der Araber! Gemeint war: So, wie der Kampf gegen die Amerikaner in Vietnam von Hanoi aus geführt wurde, müsse der Kampf gegen Israel von einem kommunistisch beherrschten Amman ausgehen. Im Klartext war das eine Kriegserklärung an die Adresse von König Hussein, und wenn man bedenkt, dass die Marxisten so weit gingen, rote Fahnen auf den Minaretten der Moscheen zu hissen, kann man die Verärgerung des Königs verstehen, der an eine echte Bedrohung seiner Herrschaft glaubte. Arafat war strikt gegen solche Anmaßungen, vermochte die Radikalen aber nicht mehr zu steuern. Und Abu Iyad, der in der Vergangenheit noch den größten Einfluss auf die marxistischen Gruppen ausgeübt hatte, war längst ebenso machtlos.
Am 17. September 1970 holte König Hussein zum vernichtenden Schlag gegen die Palästinenser aus. An jenem Tag begannen die jordanischen Truppen mit dem Sturm auf mehrere Flüchtlingslager sowie auf jene Stadtteile Ammans, die von Verbänden der PLO kontrolliert wurden, und in den folgenden Monaten wurden mörderische Energien freigesetzt. Der Hass der Jordanier richtete sich gegen jeden, der als Palästinenser zu erkennen war. Dieser Hass beflügelte vor allem die Beduinentruppen, denen der König erklärt hatte, die Palästinenser hätten es auf ihr Land abgesehen. Allein das Massaker an den Kämpfern der PLO in Amman zog sich über eine Woche hin und forderte auf
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