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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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steigerte sich zu einem bösartigen Trommelwirbel, dann flog ein Mikrofonständer auf uns zu, der Eli Lobel nur knapp verfehlte, und im nächsten Augenblick erhoben sie sich und kamen auf uns zu. Es sah aus wie eine Unterweltarmee im Anmarsch. Ich brach ein Bein aus meinem Tisch und stieß ein paar Männer damit zurück, konnte aber natürlich nicht verhindern, dass unterdessen andere das Podium bestiegen. Von einem Schlagring am Hinterkopf getroffen, stürzte ich zu Boden, wurde gepackt, hochgezogen, und während mich einer von hinten umklammerte, schlug ein zweiter mit seinem Schlagring zu. Jeden Schlag sah ich kommen, und jeder traf mein Gesicht. Dann ließ mich der andere fallen und trat nach mir. In diesem Augenblick hörte ich einen Schrei, und das Letzte, was ich registrierte, war, dass Nabils Freundin sich schützend auf meinen Kopf warf.
    Das war meine Rettung.
    Von Amin weiß ich, dass es lange dauerte, bis der Krankenwagen kam. Und dass es noch länger dauerte, bis die Polizei eintraf. Ich selbst bekam nichts mehr mit, ich wachte erst im Krankenhaus auf, mit einem Kopf, der auf das Doppelte seiner normalen Größe angeschwollen war. Der Angriff der Frankfurter Unterwelt – Türsteher und Rausschmeißer aus dem Bahnhofsviertel vermutlich – hatte offenbar allein mir gegolten. Eli Lobel war unverletzt geblieben. Amin hatten sie eine Rippe gebrochen. Bei mir lautete der ärztliche Befund auf Schädelbasisbruch. Sechs Tage lang musste ich zur Toilette getragen werden.
    Dessen ungeachtet setzte der Besucherstrom ein, kaum dass die Rundfunknachrichten von dem Vorfall berichtet hatten. Den Reigen eröffneten meine palästinensischen Freunde, Studenten und Arbeiter. Aber auch Eli Lobel, Dan Diner und die jüdischen Freunde aus Frankfurt ließen nicht lange auf sich warten. Die Vorsitzende des jüdischen Studentenvereins beteuerte,
die israelische Botschaft habe nichts mit dem Überfall zu tun. Dazwischen tauchte die halbe Arabische Liga auf. Ihr Chef, ein älterer Syrer, nahm meine jämmerliche Verfassung zum Anlass, eigene Heldentaten aus früheren Tagen zum Besten zu geben, als man in Damaskus noch gegen die Franzosen demonstrierte. Bei einer solchen Kundgebung hatte er einen französischen Offizier durch seine Kühnheit zu einer Ohrfeige gereizt, was ihn nach wie vor mit Stolz erfüllte. Die anwesenden Iraker, Ägypter und Palästinenser konnten sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, aber seine Anteilnahme war aufrichtig, und bis zu meiner Entlassung erhielt ich täglich einen Anruf von ihm.
    Besonders gut aber ist mir der Besuch von Adel Elias im Gedächtnis, Korrespondent des Spiegel und einer Beiruter Tageszeitung. Unversehens zückte er eine Kamera und machte ein Foto von mir im Krankenbett – dieses Bild, meinte er, würde eine Welle des Mitgefühls und der Sympathie auslösen. »Auf keinen Fall!«, protestierte ich. »In diesem Zustand kommt mein Gesicht nicht in die Zeitung!« Kurz vorher hatte ich nämlich eine Krankenschwester um einen Handspiegel gebeten, und was ich da zu sehen bekommen hatte, übertraf meine schlimmsten Befürchtungen.
    Asher Ben Nathan setzte unterdessen seine Vortragsreise fort und trat in Hamburg und Erlangen auf. In beiden Fällen kam es zu ähnlichen Tumulten wie in Frankfurt. Daraufhin legte ihm das Auswärtige Amt nahe, seine Tour abzubrechen, weil er den Frieden an den Universitäten störe, und der israelische Botschafter beherzigte diese Empfehlung. Jahre später  – es muss 1975 gewesen sein – nahm ich an einer Podiumsdiskussion des WDR-Fernsehens teil. Gesprächsleiter war Peter Scholl-Latour, der zweite Studiogast hieß Asher Ben Nathan. Keiner von uns sprach den Vorfall an, aber es kam zu einer lebhaften Debatte über den Nahostkonflikt, die von zahlreichen Zuschauern im Studio verfolgt wurde.
An diesem Tag erlebte ich ein kleines Wunder: Zum ersten Mal spendete mir – das heißt, dem palästinensischen Standpunkt  – ein bürgerliches Publikum Beifall, erst verhalten, dann beherzt.
    Bis dahin hatte in Deutschland die eiserne Regel gegolten: Applaus gibt es nur für den Vertreter Israels. Nun also war es auch den bürgerlichen Kreisen dieses Landes möglich, ihrer Sympathie für die palästinensische Sache Ausdruck zu verleihen. Dieser Umschwung gehört zu den erstaunlichen Langzeitwirkungen des bemerkenswerten Jahres 1968, mit dem für Europa die Erholung vom Zweiten Weltkrieg einsetzte. Was war bis dahin in Deutschland nicht alles tabu gewesen! Die

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