Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik
hat er mich in meinem Haus in Gaza besucht, ließ sich von mir zu einem Abendessen bei einfachen Fischern mitnehmen und war unter diesen Männern ganz in seinem Element, begeistert von der Atmosphäre des Abends und den gebratenen Fischen. Als Journalist hatte er jedenfalls mehr Courage als die meisten seiner Zunft; in seiner Generation gehörte er zu den wenigen, die beispielsweise die amerikanische Politik frei heraus kritisierten.
Mit der Springer-Presse hingegen habe ich durchweg unangenehme Erfahrungen gemacht. Wie in der gesamten westlichen
Welt war zwar auch in Deutschland zu beobachten, dass sich die Kommentatoren des Nahostkonflikts allgemein weniger der Wahrheit als vielmehr der Rücksichtnahme auf jüdische Gefühle verpflichtet fühlten, doch vonseiten der Springer-Presse wurde unsere Politik aus Prinzip angegriffen, und die Aggressivität ihrer Berichterstattung legte sich erst nach dem Oslo-Abkommen 1994. Nicht, dass die Springer-Zeitungen in der Folgezeit Neutralität gewahrt hätten, aber sie gingen dazu über, unseren Standpunkt wenigstens zu berücksichtigen. Springer-Journalisten konnten allerdings nicht anders, sie waren durch das Gelöbnis, Israel von aller Kritik auszunehmen, zur Voreingenommenheit verurteilt. Als ich 1972 abgeschoben wurde, haben sie mich in fetten Schlagzeilen verleumdet; als ich zurückkam, war ihnen das nicht die kleinste Meldung wert. Zur Arbeitsweise des Springer Verlags sei hier eine Begebenheit aus dem Jahr 2000 geschildert:
In jener Zeit, als Gerüchte über die Korruption der palästinensischen Autonomiebehörde in aller Munde waren, berichtete Die Welt , ich hätte eine gepanzerte Limousine von Arafat geschenkt bekommen, als kleine Aufmunterung, seine Politik in Deutschland weiterhin gegen alle Vorwürfe zu verteidigen. Sollte heißen: Abdallah Frangi rechtfertigt die Usancen der Autonomiebehörde, weil Arafat ihn schmiert. (Hätten sie sich ein wenig gründlicher mit mir beschäftigt, wäre ihnen aufgefallen, dass man mir mit einer gepanzerten Limousine keine Freude machen kann.) Zum Glück besaß ich noch die einschlägigen Unterlagen und konnte beweisen, dass ich besagten Wagen für unseren Sicherheitschef in Gaza besorgt hatte. Ich übergab die Sache unserem Rechtsanwalt, Dr. Seibert, und Die Welt musste ihre Behauptung auf der ersten Seite widerrufen.
Der Springer Verlag hatte diese Information vom israelischen Geheimdienst erhalten. Die israelische Armee war damals in die Büros unserer Sicherheitsbehörde eingedrungen
und hatte alle Akten mitgehen lassen. In diesen Akten fanden sie die Überweisung für ein gepanzertes Fahrzeug an mich, das ich tatsächlich besorgt und nach Gaza hatte überführen lassen. Der diesbezügliche Briefverkehr auf Arabisch war eindeutig, aber der israelische Geheimdienst suchte verzweifelt nach einem Beweis für die Korruptheit der Autonomiebehörde und wollte auch mich da hineinziehen; in den Springer-Journalisten fand der Mossad willige Helfer. Dass ich rechtliche Schritte unternehmen würde, damit hatte Springer nicht gerechnet … Dennoch war ich jederzeit bereit, mit einem Journalisten der Springer-Presse zu reden, genauso wie ich auch öffentlichen Diskussionen mit Juden nie aus dem Weg ging. Allerdings wurde die Fähigkeit, sachlich zu bleiben, in diesen Fällen bisweilen zur hohen Kunst.
Was mir solche Diskussionen bis zu einem gewissen Grad erleichterte, war der Umstand, dass sich die israelische oder jüdische Seite der immergleichen Argumentationsmuster bediente. Andererseits handhabte sie diese Muster sehr wirkungsvoll: Nicht wenige jüdische Gesprächspartner legten es nämlich darauf an, den Vertreter Palästinas zur Weißglut zu bringen, um ihn als Fanatiker zu entlarven. So behaupteten sie beispielsweise stur, Palästina gehöre ihnen, wir hätten dort nichts zu suchen. Oder sie versteiften sich darauf, dass wir »die Juden ins Meer treiben wollten« – das klang nach Totalvernichtung, das klang nach Holocaust, damit ließ sich hervorragend an das schlechte Gewissen der Welt appellieren, nur dass keine palästinensische Organisation dergleichen je beabsichtigt hatte. Viele Palästinenser gerieten dann tatsächlich in Rage und verloren sofort die Sympathie des Publikums.
Die erste Voraussetzung für eine solche Diskussion war also, sich völlig im Griff zu haben, und ich sah mich vor die doppelte Herausforderung gestellt, meine Sache klug zu vertreten und mich gleichzeitig zu hüten, Wut oder auch nur
Weitere Kostenlose Bücher