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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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einer Probe.«
    »Fühlte sich Freddie Sandner vielleicht von jemandem bedroht?«
    »Drohungen sind etwas ganz Normales in diesem Beruf, in dieser Position. Als Regisseur muss man Entscheidungen treffen. Für manche kann das unangenehm werden.«
    »Stand aber gerade nicht Sandner in dem Ruf, Entscheidungen zu meiden?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Ich hatte den Eindruck, als ich gestern das Ensemble befragte.«
    »Sie meinen Marianne, dieses hinterlistige Miststück.«
    »Auch die anderen schienen nicht von Sandner und seiner Arbeit begeistert zu sein.«
    »Begeistert hin oder her, das war nicht der Punkt. Es ging um Respekt, vielmehr dessen Nichtvorhandensein.«
    »Worauf führen Sie das zurück?«
    »Dass er viel zu verständnisvoll mit seinen Leuten umgegangen ist. Das war sein Untergang. Er hätte sie ruhig mal härter rannehmen sollen. Schauspieler und Sänger brauchen so was, damit sie wissen, wo’s langgeht.«
    »Konnten Sie ihm das nicht sagen?«
    Sie winkte ab, tat so, als ob sie es ihm täglich zum Frühstück gesagt hätte. »Er war nicht zu belehren. Er wollte Spaß bei seiner Arbeit haben, dasselbe sollte für seine Sänger gelten. Ansonsten hätte er es gleich bleiben lassen können. Die harte Tour sei etwas für die anderen, nicht für ihn.
    Nun, jetzt haben sie es ja geschafft.«
    »Wen meinen Sie mit ›sie‹?«
    »Na, Reichenberg natürlich. Er und seine Kumpane stecken doch hinter allem. Die letzten Tage waren eine einzige Hetzkampage gegen Freddie. Jedes Mal, wenn Reichenberg ein Interview gab, torpedierte er die Produktion als (schwierig) und gab Kommentare ab wie:
    ›Man wird sehen, wie das Publikum es aufnimmt.‹ Stellen Sie sich das mal vor! Ihr eigener Intendant hintertreibt öffentlich Ihre Arbeit.«
    »Wieso sollte er das tun?«, fragte Heinlein ahnungslos.
    »Damit schneidet er sich doch ins eigene Fleisch.«
    »Eben! Ich weiß auch nicht, was für ein Spiel die da oben spielen, auf jeden Fall ist es ein schmutziges. Freddie hat für deren Unfähigkeit den Kopf hinhalten müssen.«
    »Sie meinen, er hat für etwas zahlen müssen, was andere verbockt haben?«
    »Ja.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Nehmen wir Vladimir, den
Don Giovanni
. Keine Ahnung, wo Reichenberg den aufgetrieben hat. Er kam aus dem Nichts, hatte im Handumdrehen einen Vertrag, und der beinhaltete auch noch, dass er die Premiere singen würde. Können Sie sich das vorstellen? Jemand bekommt über den Kopf des Regisseurs hinweg eine vertragliche Zusicherung für die Premiere. So was gibt es sonst nirgendwo. Und da konnte Freddie machen, was er wollte, Vladimir würde die Premiere singen, egal, ob er den Text nun beherrscht oder nicht.«
    »Wieso hat da niemand protestiert? Ich meine, Sie sitzen doch bei einer Aufführung alle im selben Boot.«
    »Es gab durchaus Proteste, aber natürlich unter der Gürtellinie und gegen Freddie gerichtet. Marianne ist da das beste Beispiel. Sie hatte es auf Freddie abgesehen, sie wollte seinen Job.«
    Heinlein horchte auf. »Marianne Endres, die Regieassistentin, hätte Sandner beerbt, wenn er abgetreten wäre?«
    War das ein denkbares Motiv?, fragte er sich.
    Kayleen nickte. »Wer sonst könnte vierzehn Tage vor der Premiere die Regie übernehmen als jemand, der die ganze Zeit mit dabei war.«
    »Die Intendanz hat offensichtlich jemanden gefunden.«
    »Die Sache stinkt zum Himmel. Nie und nimmer ist es da mit rechten Dingen zugegangen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Das liegt doch auf der Hand. Reichenberg steckt mit Raimondi unter einer Decke. Keine Ahnung, was er ihm versprochen hat, damit Raimondi angebissen hat. Aus reiner Menschenfreundlichkeit hat er es bestimmt nicht getan.«
    Heinlein würde nochmal bei Reichenberg nachhaken.
    »Nochmal zurück zu Marianne Endres«, fragte er weiter, »glauben Sie, dass sie zu solch einer Tat fähig wäre?«
    »Marianne? Das Miststück war doch schon mit der halben Belegschaft im Bett. Männer wie Frauen, da macht sie keinen Unterschied.«
    Langsam kam Farbe ins Spiel. »Wo waren Sie eigentlich, als der Schuss gefallen ist?«
    »Wie bitte?!«
    »Wo Sie waren?«
    Kayleen führte das Spitzentaschentuch an die Nase, ihre Augen verschwanden unter den Haaren, dann atmete sie tief ein, hob den Kopf. »Auf meinem Zimmer.«
    »Haben Sie Zeugen?«
    »Nein.«
    »Wo liegt Ihr Zimmer, ich meine auf welchem Stockwerk?«
    Ein kurzer Moment des Schweigens. Sie schien erneut das Taschentuch zu befragen, schnüffelte hinein, nahm den Duft in sich auf.

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