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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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ist, aber ich dachte immer, du hättest auch eine sensible Seite und wärst nicht damit einverstanden, was manche Firmen machen.«
    »Manche Firmen, liebe Schwester. Die Zeiten ändern sich«, meinte er mit einem Lächeln. »Die meisten Minenbetreiber lernen inzwischen, gute, verantwortungsbewusste Bürger zu sein und der Umwelt keinen Schaden zuzufügen.« Wie zu seiner Verteidigung warf er die Hände hoch. »Ich weiß … du denkst, dass vieles davon bloße Fassade ist und dass am Ende der allmächtige Dollar regiert. Und bitte, komm mir nicht wieder mit dem Ok-Tedi-Argument … nicht heute, dafür ist der Tag zu schön.«
    »Also, mir kommt es so vor, als würde sich dieses Guyana nicht allzu sehr von Papua Neuguinea unterscheiden«, erwiderte Madison, die entsetzt gewesen war, als die Berichte über die Verschmutzung des Fly River durch die Abwässer der Gold- und Kupferminen von Ok Tedi im abgelegenen Hochland Schlagzeilen machten.
    »Na, und du arbeitest in der Tourismusbranche. Große Hotels und Golfplätze mitten in die unberührte Natur zu setzen ist auch nicht gerade umweltbewusst«, schoss ihr Bruder zurück.
    »Okay.« Madison wedelte mit der Hand. »Lass uns Waffenstillstand schließen und uns nicht dieses gute Essen verderben.«
    »Einverstanden. Und was hältst du von dieser tollen Idee? Du bist doch immer gern gereist. Warum lässt du nicht einfach den ganzen Scheidungsschlamassel hinter dir und kommst rüber nach Guyana, um bei mir Urlaub zu machen … eine Art Reinigungsritual am Beginn deines neuen Lebens?« Er lehnte sich zurück und verschränkte, begeistert von seiner Idee, die Arme.
    Sie betrachtete ihn mit dem abweisenden Blick, den sie seit ihrer Kindheit benutzt hatte, wenn er mit Vorschlägen kam, die er brillant fand und sie unmöglich. »So verzweifelt bin ich noch nicht, Bruderherz.«

[home]
    Zweites Kapitel
    M atthew machte nach nur wenigen Tagen in Guyana eine milde Form des Kulturschocks durch. Er spürte, wie sein Denken ins Stocken geriet, einen Eindruck einfing, ein Bild festhielt, das ihm nur einmal mehr die Tatsache bewusst machte, dass er sich in einem fremden Land, auf einem neuen Kontinent, in einer unbekannten Stadt befand. Zwischen Georgetown und Sydney hätte kein größerer Unterschied bestehen können. Er suchte ständig nach Parallelen und Vertrautem, fand aber nur Vergleiche und Kontraste.
    Es war Sonntag morgen, und er fuhr mit dem wahrscheinlich einzigen Aufzug von Georgetown zum sechsten und obersten Stockwerk des Pessaro Hotels hinauf. Er betrat die Terrasse, die rund um den Turm des besten Hotels der Stadt führte, ein Wahrzeichen, das modernisiert und dem allgemeinen mittelmäßigen Standard tropischer Hotels angepasst worden war: weiße Korbmöbel, die Polsterung in grellen Farben mit aufgedruckten Vogelmotiven, in Massenproduktion hergestellte Bilder weiterer einheimischer Vögel, Ständer mit glänzenden Grünpflanzen und die Angestellten in Uniformen mit Goldtressen und Namensschildern. Weiße Hemden und ein ständiges Lächeln, dazu ein Akzent, den Matthews Gehör immer noch auf eine verständliche Wellenlänge zu bringen versuchte.
    Ein träger Wind, der eher erstickend wirkte als erfrischend, schlug ihm mit heißem, tropischem Atem entgegen. Matthew trat an das schmiedeeiserne Geländer und schaute auf den Ozean. Plötzlich fiel ihm der Samstagslunch mit Madison am Shelly Beach ein. Das lag erst wenige Wochen zurück. Hier gab es keinen blauen Pazifik. Keine blendenden australischen Farben. Nur das träge Schwappen des milchkaffebraunen Meeres gegen die Mole, ein eher dürftig wirkendes Gebilde, das den Atlantik daran hindern sollte, die Stadt zu überschwemmen, ein schwächliches Mauerwerk, das diesen gewaltigen Ozean zurückhalten sollte, der sich nach Osten bis zum schiefergrauen Horizont erstreckte, wo sich schwere, überladene, wasserdurchtränkte Regenwolken zusammenballten. Er meinte, die Luft, die er einatmete, beinahe sehen zu können.
    Nach Westen breitete sich die Stadt in die Ferne aus. Direkt gegenüber des Hotels befand sich der wohlhabende Teil der Stadt, beherrscht von der cremefarbenen Festung der amerikanischen Botschaft. Sie nahm einen ganzen Häuserblock ein, wo früher drei prächtige Villen im Kolonialstil gestanden hatten. In den 80er Jahren, nach dem Geiseldrama im Iran, hatte Washington angeordnet, alle amerikanischen Botschaften mit Außenmauern zu verstärken, die dem Aufprall eines mit Dynamit beladenen Lastwagens bei 50

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