Der Gesang des Wasserfalls
nachgedacht …« er griff nach ihrer Hand und spielte mit dem Ring. »Du willst ihn nicht an die andere Hand stecken?«
»Dräng mich nicht, Connor. Darüber haben wir doch schon gesprochen. Wir sind immer noch dabei, einander kennen zu lernen.«
»Ich habe an dir keine Fehler entdecken können«, grinste er. »Du wachst lächelnd auf, es macht Spaß, mit dir zusammen zu sein, und ich streite mich sogar liebend gern mit dir.«
»Mach mich nicht wütend. Das klingt so, als würdest du meine Argumente nicht ernst nehmen.«
»Das tue ich, das tue ich! Willst du kämpfen?« Er hob die Fäuste in Boxerstellung.
»Nein. Ich will von dieser nassen Bank aufstehen und ins Bett gehen. Auch für mich war es ein anstrengender Tag. Komm.«
Sie zog ihn hoch. Hand in Hand gingen sie zurück und nahmen die Abkürzung über den Rasen. Connor trat vor, hielt einen tropfenden Bougainvilleazweig für sie zur Seite und gab ihr einen leichten Kuss, als sie sich an ihm vorbeischob. »Ich liebe dich, Madi.«
Sie antwortete nicht, drückte aber seine Hand. Gemeinsam gingen sie die breiten Stufen zur offenen Eingangstür hinauf. Plötzlich erklang ein ohrenbetäubender Knall. Neben ihnen zerbarst ein Fenster, und Glassplitter flogen in alle Richtungen.
»Was zum Teufel …« Connor stieß Madi vor sich her. Mit einem Fußtritt schloss er die Tür, knipste das Licht aus und zog Madi mit sich zu Boden.
Madi zitterte. »Was war das?«
»Ein Schuss … eine Kugel. Jemand hat auf uns geschossen.«
»O Gott«, japste Madi und drückte sich flach auf den Boden. »Komm runter, Connor, leg dich hin.«
Er legte ihr den Arm um die Schulter. »Bleib ganz ruhig, Madi. Keine Panik. Ich glaube, wir sind jetzt in Sicherheit.«
Matthew erschien oben an der Treppe. »Was um alles in der Welt ist denn da unten los?«
»Mach das Licht aus, Matt. Jemand hat auf uns geschossen.«
»Du machst Witze.«
»Nein, absolut nicht, Kumpel. Das war ein Schuss, glaub mir.«
»Himmel. Ich rufe sofort den Sicherheitsdienst der Mine an«, rief Matthew und rannte zum Telefon im oberen Stockwerk.
Madis Stimme zitterte immer noch. »Was machen wir jetzt?«
»Drinnen bleiben und ihm Zeit geben zu verschwinden. Der wird sich hier kaum noch länger rumtreiben, nachdem jetzt Alarm gegeben worden ist.«
Sie schlichen die Treppe hinauf zu Matthew, der vorsichtig aus dem dunklen Fenster auf das Gelände um das Haus lugte. Bald darauf rasten zwei Fahrzeuge heran, das eine mit heulender Sirene, und die bewaffneten Fahrer begannen das Gelände abzusuchen und leuchteten mit ihren starken Taschenlampen hinter Büsche und Sträucher.
Matthew nahm seine Schwester in die Arme. »Geht's wieder?«
Sie schniefte ein wenig und zwang sich dann zu einem Lächeln. »Ja. Ich habe meinen Herzanfall überwunden. Warum, Matt? Wer?«
»Irgendeiner von den ganz Mächtigen wird allmählich sehr nervös.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Madi.
»Wir fahren zurück nach Georgetown und melden den Vorfall. Aber erwarte nicht, dass was dabei herauskommt. Ihr beide müsst von jetzt an sehr, sehr vorsichtig sein.«
Auf der Fahrt nach Georgetown am nächsten Vormittag diskutierten sie zusammen mit Kevin darüber, ob Madi und Connor riskieren konnten, zum Karnevalsumzug zu gehen. Sie entschieden, dass sie in einer großen Menschenmenge an einem öffentlichen Ort am sichersten waren.
Alle waren schweigsam, und trotz des hellen Tageslichts, der Sicherheit des Wagens und den drei Männern, die bei ihr waren, konnte Madi ihre zunehmende Angst nicht unterdrücken. Sie war in Gefahr und konnte nichts dagegen unternehmen, außer dieses Land zu verlassen, das sie so in seinen Bann geschlagen hatte.
Während der Wagen mit den Australiern auf Georgetown zufuhr, war eine Gruppe von Frauen aus einem Dorf am Fluss unterhalb der Mine damit beschäftigt, Holz zu sammeln, das der nächtliche Sturm herabgeweht hatte.
Die Arme voller Feuerholz, gingen sie plaudernd den schlammigen Weg entlang. Ein junges Mädchen, das vor ihnen herging, schreckte plötzlich zusammen und ließ ihr Reisigbündel fallen.
Die Leiche eines großen schwarzen, städtisch gekleideten Mannes lag seitlich des Pfads. Neben ihm lag ein 45er Colt. Aber was die Frauen vor Entsetzen und Furcht aufgeregt durcheinander schnattern ließ, als sie in das Gebüsch lugten, war der Anblick seines von den schillernden Windungen einer Regenbogenkamudi umschlungenen Körpers, der riesigen guyanischen Landschlange, einer nahen
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