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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Verwandten der Anakonda. Ein solches Schicksal wurde als Vergeltungsmaßnahme betrachtet, ein durch Magie verursachter Tod als Strafe für eine böse Tat, die dieser Mann begangen hatte. Als sie wegliefen, um den Schamanen zu holen, mutmaßten sie, der Sturm sei geschickt worden, um der Gerechtigkeit genüge zu tun.
    Bei dem Mann wurden keine Ausweispapiere gefunden. Seine Leiche wurde stillschweigend beseitigt und der Vorfall nie nach Georgetown gemeldet.
     
    Der nächste Tag war ein Feiertag, und bei Sonnenuntergang säumten bereits Menschenmengen den Weg, den der Umzug nehmen würde, während Tausende andere in farbenfrohen, festlich gestimmten Wellen auf die Stadt zuströmten. Mit Lichterketten, bunten Bändern und Luftballons geschmückte Bögen spannten sich über die Straßen. Spruchbänder mit der Aufschrift
Karneval – geht ihr, gehen wir
flatterten an Laternenpfählen und Gebäuden. Die Häuser entlang der Route waren überfüllt mit erwartungsvollen Zuschauern, und Radios und Fernsehapparate waren auf die Sender eingestellt, die Vorabberichte über die in den nächsten Stunden auftretenden Bands, Sänger und Tänzer brachten.
    Connor, Madi und Matthew hatten beschlossen, sich von der Stimmung mitreißen zu lassen und ihre Sorgen nach Möglichkeit zu vergessen. Zusammen mit Kevin, Viti und Sharee klatschten und bewegten sie sich im Rhythmus des Calypsosongs, der aus dem Autoradio dröhnte. Als sie sich ihren Weg durch die drängelnde, tanzende, singende Menge bahnten, spürte Connor, wie die Ängste der letzten beiden Tage von ihm abfielen.
    »Als ob alle bei einer Show mitmachen würden«, rief Madi.
    »Tolle Atmosphäre … und dabei hat es noch nicht mal angefangen«, sagte Matthew.
    »Ich bin so froh, dass wir das zusammen erleben.« Madi drückte Sharee und Viti, die neben ihr saßen. »Aber schade, dass Ann und John nicht dabei sein können. Sie haben eine Postkarte aus London geschickt und schreiben, sie würden dort eine schöne Zeit verbringen und wir sollten auf keinen Fall den Karnevalsumzug verpassen.«
    »Der Umzug beginnt nach den Reden, und dann wird bis zum Morgengrauen gefeiert. Das Pessaro serviert Frühstück für alle auf dem Parkplatz, und an der Mole gibt es einen Straßenmarkt«, verkündete Kevin.
    »Der Umzug ist die Hauptsache«, sagte Connor. »Die Leute haben das ganze Jahr über an den Wagen gearbeitet.«
    »Wann findet Xaviers Kundgebung statt?«, fragte Matt.
    »In zwei Tagen. Er will warten, bis sich der Karnevalstrubel wieder gelegt hat. Lester sagt, dass eine große Gruppe Indios an der Parade teilnimmt«, berichtete Madi, »und sie werden in der Stadt bleiben, um Xaviers Rede zu hören.«
    »Da ist die Ehrentribüne. Unsere Plätze sind gleich daneben«, sagte Connor.
    »Wo zum Teufel soll ich denn hier parken?«, fragte Matthew.
    Die Dunkelheit senkte sich herab, und die Menge stand Schulter an Schulter. »Da ist Lester. Cooee, Lester!«, brüllte Madi. Lester, mit seinem Sohn Denzil auf den Schultern, drängte sich durch die Menge. Er hörte das australische ›Cooee‹, das ihm Madi oben am Fluss beigebracht hatte, hob winkend den Arm und machte ein paar Tanzschritte, sein Sohn klammerte sich lachend an den Haaren seines Vaters fest, um das Gleichgewicht zu halten.
     
    Lester und Denzil wurden rasch von der Menge verschluckt, während Madi und die anderen sich zu den mit Seilen abgetrennten Plätzen neben der Ehrentribüne durchschoben. Sie zeigten ihre Karten, duckten sich unter den Seilen hindurch und schlossen sich Stewart Johns und Gordon Ash an. »Wir hätten welche von diesen Sitzstöcken mitbringen sollen, wie man sie beim Polo hat«, sagte Sharee. Sie standen auf einer erhöhten Holzplattform, während Politiker, Diplomaten und ihre Frauen, Regierungsbeamte und einige Direktoren großer Firmen auf der Ehrentribüne untergebracht waren.
    Madi warf einen Blick hinüber, erstarrte und stieß Connor an. »Er ist hier. Dritte Reihe von unten.«
    Matthew und Connor inspizierten verstohlen die Reihen der Ehrengäste und sahen Rashid Bacchus, zusammen mit einer korpulenten Frau in einem Sari, die mit schwerem Goldschmuck behangen war, neben einem wichtigen Politiker sitzen.
    »Was sollen wir tun?«, flüsterte Madi.
    »Wir tun gar nichts. Wir sind in einer Gruppe an einem öffentlichen Ort. Der sicherste Platz in der ganzen Stadt. Was sollte er denn unternehmen? Sieh einfach nicht hin«, riet ihr Matthew.
    »Haben Sie mit Ihren Regierungsfreunden gesprochen?«,

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