Der Gesang des Wasserfalls
wird sich so was ja irgendwo auftreiben lassen.«
Die Frau nickte verständnisvoll. »O ja, für Ghana brauchen Sie unbedingt einen vernünftigen Hut, diese afrikanische Sonne … die sengende Hitze …«
»Ich meinte Guyana«, begann Madison, besann sich jedoch anders, als sie den verständnislosen Blick der Verkäuferin sah. »Ja, ich bin sicher, dass ich etwas Passendes finden werde.«
Kurze Zeit später stand sie mit ein paar Tüten in der Hand vor dem Laden. Die Sachen passten, standen ihr, und sie fühlte sich wohl darin. Madison blickte sich auf der Straße um.
»So, jetzt brauche ich nur noch ein Reisebüro.« Auf der anderen Straßenseite war eins, und während sie auf das Umschalten der Ampel wartete, überlegte sie, ob sie den neuen Safarianzug tragen sollte, wenn sie ihre Kündigung einreichte.
Die Entscheidung war so mühelos, ohne jedes Nachdenken gefallen. Welche Gründe das auch haben mochte, es schien richtig zu sein. Ein Gefühl der Verwegenheit, das sie erfrischend fand, überkam sie.
Roger George, vom Scheitel bis zur Sohle ganz der verbindliche Hoteldirektor, glättete seine Jerry-Garcia-Krawatte, die seinem konservativen Nadelstreifenanzug einen Hauch von Frivolität und Extravaganz verlieh. »Meine liebe Madison, ich bin sehr betrübt über Ihre Entscheidung – einerseits. Andererseits muss ich sagen, dass es mich nicht überrascht. Sie kennen Ihre Talente und Fähigkeiten so gut wie wir, und ich bin sicher, dass Sie genügend Angebote zur Auswahl haben. Es liegt in der Natur des Hotelgewerbes, dass man sich im Laufe seiner Karriere nach, sollen wir sagen, prestigeträchtigeren oder herausfordernderen Hotels umschaut.«
»Herausforderung. Das ist genau das, was ich suche. Absolut. Eine Herausforderung. Mir fehlen die Sprachkenntnisse für das
Georges V
«, sie lächelte ironisch, falls er denken sollte, sie würde im Ernst das beste Pariser Hotel in Erwägung ziehen, »aber ich möchte herausfinden, was ich zum Beispiel in einem der Boutique-Hotels in England oder Asien erreichen könnte.«
»Sind wir nicht herausfordernd genug für Sie?« Er hob amüsiert die Augenbrauen. »Im Ernst, Madison, es tut mir sehr leid, Sie zu verlieren, denn Sie haben hervorragende Arbeit geleistet. Sie haben einige spektakuläre Veranstaltungen auf die Beine gestellt und im Marketingbereich mehr für dieses Hotel getan, als ich je für möglich gehalten hätte. Sie haben eine große Zukunft vor sich, und es ist nur natürlich, dass Sie versuchen wollen, sich durchzusetzen. Ich werde Sie selbstverständlich gern an eines unserer Hotels im Ausland weiterempfehlen.«
Madison blickte ihn an und fragte sich, warum niemand aus der Hotelverwaltung sich je zuvor die Mühe gemacht hatte, ihr zu sagen, wie gut sie sei. Oder war das nur glattzüngiges Gerede, um ihr den Abgang zu erleichtern?
»Und wenn ich nun meine Meinung ändern sollte? Würden Sie mich dann wieder einstellen?«
Sein Verhalten blieb unverändert. »Falls hier etwas frei ist, würden wir Sie jederzeit wieder nehmen, Madison. Sie haben sich bewährt.«
Das war nun allerdings wirklich glattzüngig, dachte Madison. Er sagte nicht, in welcher Position er sie einstellen würde. So konnte er ihr einen Job als Zimmermädchen anbieten, ohne sein Wort zu brechen. Sie erschauderte bei dem Gedanken an die Woche, in der sie in verschiedenen Abteilungen des Hotels gearbeitet hatte. Das Bettenmachen hatte ihr nicht sonderlich gefallen.
»War nur eine Frage«, grinste sie und wurde dann ernst. »Ich habe vor, die Plastikfassade zu durchbrechen und über die Kronleuchter zu den Mahagonitüren und Zedertäfelungen der Hoteldirektion aufzusteigen. Ich habe vor, hier eines Tages die Leitung zu übernehmen.«
»Die Leitung übernehmen?« Zum ersten Mal sah der unerschütterliche Roger George etwas verblüfft aus. »Sie planen, ein großes Hotel wie dieses zu leiten … na ja, vielleicht in einem Dritte-Welt-Land …« Er nahm sich zusammen und schenkte ihr sein gönnerhaftes Lächeln. »So ist es recht, immer die Ziele hoch stecken, wer weiß, was Sie noch erreichen.«
Madison erhob sich. »Ich will ganz nach oben, Roger. Das ist das einzige, was ich erreichen will.« Sie reichte ihm die Hand. »Auf Wiedersehen und vielen Dank.«
»Ich danke Ihnen, Madison. Viel Glück. Wo immer Sie landen.«
»Danke, Roger. Auch ich werde stets einen Platz für Sie freihalten.«
Sie verließ das holzgetäfelte Büro und war zufrieden, das letzte Wort behalten zu
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