Der Gesang des Wasserfalls
nicht, dass sich etwas ändert.«
»Das liegt alles an dir.« Er stieß ihr den Finger in die Schulter. »Du bist diejenige, die sich ändern muss.«
Madi ging plötzlich auf, dass er Recht hatte. Sie musste sich ändern, wieder so werden, wie sie gewesen war, und dafür war ein Neuanfang nötig. Mit eigentümlicher Klarheit erkannte sie, dass es keinen gemeinsamen Weg in die Zukunft gab. Diese Beziehung war am Ende. Seit Jahren schon. Sie sah ihn ausdruckslos an. »Es ist zu spät für uns, lass uns doch ehrlich sein.«
Er legte ihr den Arm um die Schulter. »He, Madi, dir geht es einfach im Moment nicht so gut. Wenn du Beratung brauchst, helfe ich dir dabei. Das wird schon wieder, brich jetzt nicht zusammen.«
Madi wand sich aus seinem Arm, sie war verblüfft, dass seine Berührung ihr widerwärtig war. Nach einem weiteren Schritt auf die Treppe zu sagte sie leise: »Ich breche nicht zusammen, Geoff. Ich bin mir meiner Sache ganz sicher. Es ist traurig und tut mir leid, aber es ist vorbei.«
»Du bist ein widerliches Stück Dreck, Madi. Völlig durchgeknallt. Von mir kriegst du keinen verdammten Penny«, brüllte er ihr nach, als sie die Treppe hinunterging.
»Es ist unser Geld, und ich will dein Geld nicht. Und ich habe mich noch nie in meinem Leben so wenig durchgeknallt gefühlt wie jetzt«, rief sie zurück.
Er beugte sich über das Geländer und holte zu einem letzten verbalen Hieb aus. »Du bist ja krank im Hirn, o ja, das bist du. Du bist genau wie deine Mutter. Sie hat nie auch nur so getan, als könnte sie mich leiden. Ich wette, sie hat dich hierzu angestachelt. Andere Frauen sind nicht wie du. Glaub mir, ich weiß das. Denk nicht, es gäbe nicht einen Haufen Frauen, die an deiner Stelle zu mir ins Bett steigen werden.«
Madi griff nach dem Türknauf. »Sie stehen wohl schon Schlange, was?«
»Ja! Allerdings. Und das schon seit geraumer Zeit. Du bist nicht die einzige, die Überstunden im Büro macht und auf dem Fußboden vögelt!«
Madi schloss die Tür hinter sich, sie war zu schockiert und verletzt, um sie wütend zuzuknallen. Ihre Augen brannten, als sie ins Auto stieg und rückwärts aus der Ausfahrt hinausfuhr. Doch einen Block weiter hielt sie am Straßenrand an und brach in Tränen aus. Zum ersten Mal, wurde ihr klar, dass ihr Mann mit anderen Frauen geschlafen hatte. Eine Menge kleiner Vorfälle kamen ihr ins Gedächtnis, die sie in den letzten Jahren lieber übersehen hatte. Das späte Nachhausekommen, die Dienstreisen am Wochenende. Telefonanrufe, bei denen entweder aufgehängt wurde oder eine Frauenstimme nach Geoffrey fragte und er die Sache nach einer Ja-Nein-Unterhaltung als Anfrage einer Sekretärin aus seinem Büro abtat. Jetzt war das alles so offensichtlich. Wie dumm sie gewesen war, es so lange mit ihm auszuhalten. Aber was sie am meisten verletzte, war seine Annahme, sie hätte ein Verhältnis.
Es stimmte schon, dass sie sich nach jemand anderem in ihrem Leben sehnte. Jemand, mit dem sie schmusen und lachen konnte, der sie glücklich machte, ihr sagte, wie klug und wundervoll sie sei, jemand, mit dem sie den Sex genießen konnte. Ihr Sexleben war zu flüchtigen Sonntagmorgen-Intermezzi geworden. Sie blieb unbefriedigt und einsam zurück, nachdem er aus dem Bett gesprungen und auf seinem neu erworbenen Mountainbike verschwunden war. Während sie miteinander schliefen, küssten sie sich nie, alles verlief stumm und mechanisch, und in den letzten sechs Monaten hatte er sie nicht angerührt. Wenn sie sich ihm näherte, drehte er sich weg. Als Madi ihre Fahrt in die Stadt fortsetzte, verdrängte die langsam aufsteigende Wut ihr Selbstmitleid und bestärkte sie in ihrer Überzeugung, dass sie das Richtige tat.
Die zwölf Monate vorgeschriebener Trennungszeit waren ein Alptraum gewesen. Die Streitigkeiten, die Vorwürfe, das Gerangel um die finanziellen Dinge. Zuerst hatte er versucht, höflich und versöhnlich zu sein und gesagt, er würde alles mit ihrem gemeinsamen Anwalt regeln. Aber Madi hatte schnell begriffen, dass sie als ausrangiertes, unfähiges Weibchen behandelt wurde und sich einen eigenen Anwalt genommen. Es freute sie, wie wütend das Geoffrey machte. Sie hatte immer über seinen vorsichtigen und sparsamen Umgang mit Geld hinweggesehen und erkannte jetzt, dass er regelrecht geizig war. Da keine Kinder zu bedenken waren, ließ sich alles relativ leicht regeln. Das Haus wurde verkauft, der Gewinn und alles weitere Eigentum geteilt, wenn auch nach erbitterten
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