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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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hatte, sei dieses gemeinsame Wochenende eine gute Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen. Stewart Johns war auf einem kurzen Trip nach Kanada zu einer internationalen Bergbaukonferenz, und als Matthew die Einladung bei ihrem letzten Treffen erwähnte, hatte der Chef ihnen zugeraten, sie anzunehmen. »Ich kenne den Mann doch kaum«, hatte Matthew gesagt. »Kommt mir ein bisschen seltsam vor. Was meinen Sie, worauf er aus ist? Das mag zwar nur ein geselliges Wochenende sein, aber ich bin sicher, da steckt irgendeine Absicht dahinter.«
    »Hinter allem in diesem Land steckt eine Absicht, egal, wie unschuldig die Sache wirkt. Aber wir brauchen hier Leute, die uns wohlgesonnen sind. Und wenn sich dieser ganze verdammte Bürokratenkram durch ein angenehmes Wochenende am Fluss erleichtern lässt, dann nichts wie hin, würde ich sagen.
New Spirit
soll ja recht luxuriös sein, was man so hört. Höhere Regierungsbeamte und wohlhabende Geschäftsleute haben da Land gepachtet und sich am Essequibo Wochenendhäuser gebaut.«
    »Rustikal ist es bestimmt nicht. Und niemand scheint sich zu fragen, woher diese Beamten das Geld haben.«
    »Vielleicht finden Sie das ja heraus«, hatte der Chef mit einem vielsagenden Lächeln gemeint. »Viel Spaß, aber halten Sie Augen und Ohren offen. Ich will einen Bericht, sobald ich zurück bin. Und nicht nur übers Angeln und Wasserskifahren.«
    Matthew und Kevin tauschten ein rasches Grinsen aus, als der Oberst Sharee und Viti an Bord der
El Presidente Good Time
führte. Er wurde seinem Ruf, der vom Frauenheld bis zum politischen Drahtzieher reichte, durchaus gerecht. Ehemals guyanischer Offizier in Forbes Burnhams sozialistischer Armee, hatte er die Seiten gewechselt und der ersten demokratischen Regierung als Abgeordneter angehört. Dann hatte er seinen Sitz verloren und eine Vorliebe dafür entwickelt, seine Kollegen in der Politik offen zu kritisieren, auch die aus seiner eigenen Partei. Endgültig in Ungnade war er gefallen, als er seine afrikanische Frau und die sieben Kinder wegen einer blonden Stewardess verließ. Jetzt verbrachte der Oberst einen Teil des Jahres in Guyana und den anderen in New York, da seine neue Frau dieser Stadt den Vorzug gab. Er verdiente seinen Lebensunterhalt unter anderem als Fernsehkommentator und Autor.
    Connor hatte den Oberst bereits in New York kennen gelernt. »Ein ziemlicher Brocken von einem Mann, aber lass dich dadurch nicht täuschen«, vertraute er Matthew an. »Er ist sehr flink, wenn er einen Deal wittert oder eine Veränderung der politischen Strömung, und er weiß, welche Machtspiele ablaufen und wie. Außerdem kann er gut schreiben.«
    Oberst Olivera, bekleidet mit Shorts, die sich über seinem beträchtlichen Leibesumfang spannten, einem teuren amerikanischen Lacoste-Golfhemd, Plastiksandalen und einer Baseballkappe der
Yankees
, sprang auf der Yacht herum, sorgte für die Unterbringung des Gepäcks, das Aufstellen von Stühlen unter der Sonnenplane auf dem Achterdeck und die erste Runde Drinks. Madi hatte den Eindruck, dass ihm daran lag, sich als umgängliches Rädchen im Getriebe darzustellen, das kein Bedauern darüber empfand, seine frühere Position nahe des Zentrums der Macht verloren zu haben. Hinter seiner zur Schau gestellten Zurückhaltung blitzte hin und wieder sein starkes Ego auf, und sie alle beobachteten amüsiert, wie er dem jungen Matrosen, der einzigen Besatzung an Bord, den Befehl zurief, die Leinen loszumachen.
    »Wie heißt du?«, fragte Connor, als der Junge am Heck die letzte Leine losmachte.
     
    »Andy, Boss. Andy Rodin.« Er salutierte knapp, und alle brachen in Lachen aus, als er hinzufügte: »Und ich bin sehr handy.«
    »Handy Andy«, riefen sie im Chor. »Und dazu noch Rodin«, gluckste Connor und erklärte Viti auf ihren fragenden Blick: »Rodin, der Bildhauer – berühmt für seine Hände.«
    Ganz seiner Rolle als Handlanger entsprechend, mit seinem vielfarbigen, gehäkelten Mützchen auf dem dichten Schopf krauser Haare, dem T-Shirt mit dem Logo einer Calypsoband, den ausgeblichenen Shorts und den nackten Füßen, schnippte Andy mit den Fingern, um zu zeigen, wie begeistert er von seinem neuen Spitznamen war.
    Das Gelächter wurde vom heiseren Gurgeln des Motors übertönt, den der Oberst rasant auf Touren brachte, und sie schossen von der Stelling weg.
    Kurz darauf kamen sie an den Vororten und den schmuddeligen kleinen Ansiedlungen vorbei, die auf Madi verwahrlost und deprimierend wirkten.
    Handy saß mit

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