Der Gesang des Wasserfalls
Oberst kam mit einem höheren Polizeibeamten in Safarikleidung und einem jüngeren in Uniform zu ihnen heraus.
Der Polizeiinspektor lächelte höflich und zeigte seine großen, gelb verfärbten Zähne. »Meine Damen und Herren, ich bin Inspektor Palmer, und das hier ist mein Assistent Frickdern, der Ihre Aussagen aufnehmen wird. Mir ist klar, dass das alles für Sie sehr bedrückend ist, und ich will versuchen, die Angelegenheit so kurz wie möglich zu machen. Wenn noch weitere Informationen erforderlich sind, werden wir uns in Georgetown mit Ihnen in Verbindung setzen.«
Er bat dann, als erstes mit Madi sprechen zu dürfen, da ihre Aussage die wichtigste sei. Drinnen im Haus setzte sich Madi auf einen harten Lederstuhl gegenüber von Inspektor Palmer, der auf einer Chaiselongue Platz genommen hatte. Frickdern saß seitlich von ihnen und hielt den Notizblock auf den Knien.
Sie erzählte ihnen genau, was sie getan und gesehen hatte, dabei war sie nach Kräften bemüht, ihre Stimme so neutral wie möglich zu halten. Als sie fertig war, fügte sie noch hinzu: »Es war ein großer Schock für mich, und ich möchte so bald wie möglich von hier weg und die ganze Sache vergessen. Ich mache hier nur Ferien.«
»Das ist durchaus verständlich. Natürlich war es ein Schock. Ein sehr hässlicher. Haben Sie früher schon mal einen Toten gesehen?« fragte der Inspektor beiläufig.
»Nein, habe ich nicht«, erwiderte sie kurz angebunden.
»Kein schöner Anblick. Vor allem, wenn einem Freund ein so tragischer Unfall zustößt.«
»Als Freund würde ich Ernesto nicht bezeichnen. Ich bin ihm nur zweimal begegnet«, schnappte sie zurück und wollte schon fragen, warum alle so bereitwillig davon überzeugt zu sein schienen, dass es ein Unfall war, schwieg dann aber.
»Ist während des Wochenendes irgendetwas Außergewöhnliches passiert, das den Verstorbenen betraf? Etwas, das Ihnen im Gedächtnis geblieben ist?«
Madi zwang sich, ruhig zu bleiben. »Nein. Wir haben es uns hauptsächlich gut gehen lassen. Einige der Männer haben ein bisschen übers Geschäft geplaudert. Meine Freunde und ich haben den größten Teil des heutigen Tages auf der anderen Seite des Flusses verbracht.«
»Und haben Sie irgendwelche Theorien, was da passiert sein könnte?«
»Ich? Theorien?« Ihre Augen waren weit geöffnet und blickten unschuldig. »Nein. Nicht im geringsten.«
Die lächelnde Sanftheit verschwand aus dem Gesicht des Inspektors. »Nun gut, Miss Wright. Vielen Dank. Werden Sie noch länger in Georgetown bleiben? Ich habe höchstwahrscheinlich noch weitere Fragen an Sie.«
»Vermutlich bleibe ich noch eine Weile.« Sie schenkte ihm ein kurzes, angedeutetes Lächeln. »Ich bin sehr daran interessiert zu wissen, was da genau passiert ist.«
»Ich auch, Miss Wright. Ich auch.« Als Madi den Raum verließ, rief ihr der Inspektor eine letzte Frage nach. »Ach, Miss Wright, hat Ihr Bruder mit dem Verstorbenen ebenfalls über geschäftliche Dinge geplaudert?«
Diese Frage traf Madi überraschend, und sie drehte sich unsicher um. »Äh … ich glaube ja.«
»Vielen Dank, Miss Wright. Sagen Sie doch bitte Ihrem Bruder, er möchte jetzt zu uns kommen.«
Während die Befragungen ihren Lauf nahmen, wurde ein kaltes Buffet auf der Veranda aufgebaut, und die Atmosphäre entspannte sich ein wenig. Matthew und Connor näherten sich dem Oberst, der schon ziemlich betrunken war, sich aber mit Mühe aufrecht zu halten versuchte. »Oberst, wir fahren jetzt zurück. Andy ist zuversichtlich, dass er auch im Dunkeln mit dem Boot fertig wird. Er hat mit Rohan gesprochen, der sich bereit gefunden hat, uns zu begleiten und beim Zurückbringen des Boots zu helfen, wenn es Ihnen recht ist.«
Oliveras nüchternes und formelles Gehabe schmolz mit einem Mal dahin. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und winkte mit seinem Drink, der ihm über die Hand schwappte. »Ganz, wie Sie wollen. Tut mir leid, dass das Wochenende so enden musste. Bis zum nächsten Mal, ja?«
»Aber sicher, bis zum nächsten Mal«, erwiderte Connor freundlich. Beide schüttelten dem Oberst die Hand. Die Frauen richteten gemurmelte Abschiedsworte an die ganze Gesellschaft und hasteten dann so eilig auf das Boot zu, dass Madi lächeln musste.
Als sie auf die Stelling traten, schaute Madi plötzlich nach unten und erblickte im schwankenden Licht der Taschenlampe einen feuchten Fleck auf den Holzplanken zu ihren Füßen. Mit einem Frösteln wurde ihr klar, dass sie auf der Stelle
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