Der Gesang des Wasserfalls
Was die Informationen betrifft, da kann ich Ihnen alles geben, was Sie brauchen, Fakten, Fotos, Architekturskizzen, Baupläne …«
»Sie sind offenbar der Sprecher dieses Konsortiums. Ist die Pessaro-Kette an dem Unternehmen beteiligt?« Madi überlegte, warum die Geldgeber und Investoren wohl anonym bleiben wollten. In Sasha St. Herve hatten sie jedenfalls ein perfektes Aushängeschild gefunden.
»Indirekt. Es wird Pauschalarrangements geben, bei denen die Gäste nach Georgetown kommen und hier übernachten, bevor sie zum Kasino weiterfliegen. Im Vertrauen gesagt, mein Vertrag steht genau zu dem Zeitpunkt zur Verlängerung an, zu dem wir mit der Eröffnung Amazonias rechnen, also könnte ich wechseln.«
»Europa für den Dschungel aufgeben?« Madi warf dem zuvorkommenden Europäer einen amüsierten Blick zu. Er besaß den Anstand, leicht verlegen auszusehen.
»Geld wiegt gewisse Zugeständnisse und Härten auf. Ich kann ja jederzeit meinen Urlaub in Europa verbringen.«
Sieh da, dachte Madi, sie haben dich gekauft. Dann sagte sie: »Die Idee fasziniert mich natürlich. Aber ich möchte gern noch darüber nachdenken. Könnten wir uns noch einmal treffen, wenn ich von meinem Trip ins Landesinnere zurück bin?«
»Selbstverständlich. Das passt ausgezeichnet. Sie werden mir sicher zustimmen, dass dieses Land ein gewaltiges Entwicklungspotential besitzt.«
Danach unterhielten sie sich über das Hotelgeschäft, Werbeerfolge und international bekannte Persönlichkeiten in der Hotellerie. Madi genoss das Gespräch, konnte sich aber des Gefühls nicht erwehren, dass alles, was mit dem Hotelgewerbe zu tun hatte, für sie jetzt Teil eines früheren Lebens war.
Sie trank ihren Tee aus und bedankte sich bei Sasha. Als er sie durch die Hotelhalle begleitete, vorbei an Schaukästen mit Gemälden der Landschaft Guayanas und »Indianischem Kunsthandwerk im Sonderangebot«, kam Antonio Destra mit einem strahlenden Lächeln auf sie zu. Er blieb stehen und schüttelte Sashas Hand. »Ich bin froh, dass Sie meinen Rat befolgt haben«, sagte er zu Madi.
Madi wandte sich an Sasha. »Antonio hat mich heute Morgen mit einem guyanischen Freund in einem nicht gerade vornehmen Lokal in Charlestown angetroffen. Er meinte, ich solle statt dessen lieber ins Pessaro gehen.«
»Da muss ich ihm natürlich zustimmen. Sie wollten also die andere Seite Georgetowns erleben, ja?«, sagte Sasha glattzüngig.
»Ich wollte nur mit einem Freund Kaffee trinken. Mein großes Erlebnis steht mir noch bevor.« Sie verabschiedete sich von den beiden Männern, ging zum Eingang und nickte einem der beiden Pessaro-Taxis zu. Als sie noch einmal über die Schulter zurückschaute, war sie überrascht, Antonio und Sasha ins Gespräch vertieft zu sehen.
Es dauerte nur eine Woche, die Expedition zu den Kaieteurfällen vorzubereiten, und am Abend vor ihrem frühmorgendlichen Aufbruch versammelten sich die sechs im Haus der da Silvas zu einem Barbecue und einem letzten Durchgehen der Checkliste. John hatte zwei Anhänger besorgt, die von den Landrovern gezogen wurden. Beide hatten einen seitlichen Hohlraum zur Unterbringung eines zusätzlichen Benzintanks. Sie wurden mit Ersatzreifen, Seilen, Werkzeugen, Paddeln, Wasser in schweren Plastiktonnen, Brennstoff für die Kocher, Hängematten, Planen und dem persönlichen Gepäck beladen. Die Nahrungsmittel wurden in einem geliehenen Flugzeugcontainer untergebracht. Madi hatte den Ratschlag beherzigt, sowenig wie möglich mitzunehmen, da jeder sein eigenes Gepäck und noch andere Ausrüstungsgegenstände tragen musste.
Als alles unter Johns Aufsicht in den Anhängern verstaut war, hockte sich Madi auf die Eingangsstufen unter eine schwache Glühbirne und las noch mal den Anhang von Gwens Buch durch. Gwen hatte alle Gegenstände aufgelistet, die sie bei ihrer Expedition mitgeführt hatte. Die Rationen wurden jeden Sonntagmorgen ausgegeben, alles wurde vor den Augen ihrer Männer abgewogen.
»Was empfiehlt denn Gwen, auf die Reise mitzunehmen?«, fragte Connor scherzhaft.
»Sie rät, den Zucker in einer Paraffindose einzulöten, damit er nicht nass oder klumpig wird. Und als Einreibemittel empfiehlt sie Maorix –
ein Geheimrezept der neuseeländischen Maoris, die sich mit Pflanzen auskennen, deren Heilkraft den Europäern unbekannt ist
«, las sie vor.
»Gegen was ist das gut?«
»
›Es vertreibt augenblicklich den Juckreiz von Moskito- und anderen Insektenstichen.‹
Da fällt mir ein, hast du
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