Der Gesang des Wasserfalls
stand auf, um sich die Beine zu vertreten. Die anderen saßen am Wegrand oder lehnten sich gegen das zweite Fahrzeug. Als sie um den Rover herumging, den Dschungel im Rücken, überlief sie plötzlich eine Gänsehaut, und sie hatte das unheimliche Gefühl, dass jemand hinter ihr stand. Sie wirbelte herum und schrie erschrocken auf, als sie vor sich einen Indio stehen sah, der die Vorgänge mit großem Interesse beobachtete. Er war klein, dunkelhäutig und trug nichts als locker sitzende Khakishorts. Sein Haar war zu einer kurzen, schwarzen Ponyfrisur geschnitten, und in der Hand hielt er ein Bündel langer Speere. Er war barfuß und lächelte sie freundlich an. »Eine Panne, eh?«
»Ja«, erwiderte Madi, immer noch ein bisschen verdutzt, da sie sich den Verlauf ihrer ersten Begegnung mit einem Indio im Urwald nicht ganz so vorgestellt hatte.
John, der auf dem Rücken unter dem Armaturenbrett lag, schob den Kopf hervor.
»Müssen alles neu verkabeln. Kennen Sie sich mit Motoren aus?«
Der Indio schüttelte den Kopf und grinste. »Nur mit Außenbordmotoren. Viel Glück. Ich geh jetzt jagen.«
»Wir sind doch auf dem richtigen Weg nach Kangaruma?«, fragte Ann plötzlich.
»Ja, aber noch viele Stunden.« Der Jäger verschwand so lautlos im Wald, wie er gekommen war.
Zwei Stunden lang arbeiteten sie, klemmten hier und dort Kabel ab, umgingen die Zündung und verbanden die Kabel direkt mit der Zündspule. Schließlich richtete John sich auf und sah Ann an. »Tja, du hast zwar kein Licht, aber er fährt.«
»Gut, dann nichts wie los«, sagte Ann, und alle stiegen wieder ein. Der Motor sprang an und jaulte auf, und sie fuhren in die Dunkelheit hinein.
Die Nacht war tintenschwarz und unheimlich. Der Weg hatte tiefe Löcher und Mulden oder wurde von umgefallenen Bäumen und Sandhaufen versperrt. Das Licht von Johns vorausfahrendem Rover war ihnen keine große Hilfe.
»Das ist wirklich unmöglich«, rief Ann, als sie gegen einen weiteren Baumstamm krachten. »Kann überhaupt nichts sehen. Leuchte mir mal mit der Taschenlampe.«
Connor hielt die Taschenlampe aus dem Beifahrerfenster. Aber das nützte wenig.
Madi rief Connor zu, sie ihr zu geben. »Ich bin leicht, ich könnte aufs Dach klettern und den Strahl auf die Mitte des Weges richten.«
»Okay, aber halt dich gut fest«, sagte Connor und gab ihr die Lampe. Ann fuhr langsamer, während Connor Madi dabei half, die kleine Leiter zum Dach hinaufzuklettern. Dort legte sie sich flach hin, verhakte den einen Arm im Dachgeländer und hielt mit der anderen Hand den Strahl der Taschenlampe auf die Mitte des Weges gerichtet. Es war nur ein kleiner, dünner Lichtstrahl, aber Ann rief ihr zu, dass er ausreichte.
Sie quälten sich langsam einen Berg hinauf und begannen dann die Abfahrt auf einer engen Spur über den steilen Abhängen einer Schlucht. Dann sah Madi in der Ferne den schmalen Bogen einer Hängebrücke, die sich über einen Fluss spannte und sich im Mondlicht fast weiß gegen den dunklen Dschungel abhob. Das Wasser floss langsam, glasig schwarz, und der fast volle Mond ließ das sandige Ufer wie Perlen schimmern.
»Jetzt ist es nicht mehr weit«, rief Ann. Das Mondlicht war jetzt hell genug, und Madi kletterte in den Rover zurück. Connor rieb ihr den schmerzenden Rücken.
»Macht es dir immer noch Spaß?«, fragte er. Madi war zu müde zum Antworten.
Sie folgten den roten Rücklichtern von Johns Fahrzeug. Er hupte einmal kurz und bog rechts ein. Aus dem Seitenfenster sah Madi ein glänzendes Holzschild mit der Aufschrift
Gästehaus
.
Sie hatten ihren ersten offiziellen Halteplatz erreicht. Connor sah auf die Uhr. Es war kurz vor Mitternacht.
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Zehntes Kapitel
D ie im Mondlicht schimmernden Landrover fuhren an einer kleinen, palmgedeckten Hütte vorbei und kamen an einen Holzzaun, der den Hof des Gästehauses umgab. Ein einfaches, niedriges Gebäude tauchte im silbrigen Licht vor ihnen auf. Alles war dunkel.
»Na ja, wir wurden bei Sonnenuntergang erwartet, und jetzt ist es nach Mitternacht«, sagte Ann. »Kein Wunder, dass der Hausmeister ins Bett gegangen ist.«
»Die Tür ist verschlossen«, sagte Sharee mit müder Stimme.
»Such nach einem Fenster«, wies Ann sie an.
Sharee machte ein altes Fliegengitter von einem offenen Fenster los, kletterte hinein und öffnete ihnen die Tür. Im Licht von Laternen inspizierten sie die einfache Einrichtung: drei Zimmer mit Stockbetten, eine Küche, eine von Fliegengittern umschlossene Veranda mit einem
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