Der Gesang des Wasserfalls
Spiel oder Schmerz, ließ sich nicht sagen. Und dann, als hätte ein Dirigent seinen Taktstock erhoben, hörten sie alle gleichzeitig auf. Madi wartete, dachte, das ist genauso, als würde man auf das Fallen des zweiten Schuhs warten. Aber dann erinnerte sie sich an nichts mehr, bis helles Sonnenlicht, schläfrige Stimmen und der verführerische Duft von Kaffee und Toast sie weckten.
Mr. Bell und Käpt'n Blaise entschieden nach dem Frühstück, dass sie mit dem Aufstieg zu den Fällen noch einen Tag warten sollten, da Wolken aufzogen und es am Nachmittag regnen würde. Nach ihrer Voraussage würde der nächste Tag wie ›frisch gewaschen‹ sein.
»In Ordnung. Ruhetag«, verkündete John.
Wäsche wurde gewaschen und zum Trocknen auf den Steinen ausgebreitet. Sie schwammen zu der kleinen Felseninsel und beobachteten die rasch fließende Strömung auf der anderen Seite. Viti lieh sich Mr. Bells kleines Holzkanu und paddelte den Bach hinauf. Bei ihrer Rückkehr berichtete sie, wie schön es am Anfang des Weges zu den Fällen aussah.
»Lasst uns nach dem Lunch einen Spaziergang machen, auch wenn es regnet«, schlug Madi vor.
Aber nachdem sie ihre Portion Pfeffertopf verzehrt hatten, legte sich die Begeisterung für den Spaziergang. Hängematten waren zwischen den Bäumen und unter der Plane beim Esstisch aufgespannt worden, und Madi war versucht, ein Verdauungsschläfchen in der kühlen Brise zu machen.
»Ich glaube, dieses sanfte Schaukeln in der Hängematte wird eine meiner Lieblingserinnerungen an Guyana werden. Eine bequeme, weiche Hängematte, dazu eine kühle Brise, und man kann mich ausknipsen wie ein Licht«, sagte Madi.
»Aber du wirst trotzdem deinen Spaziergang machen«, stellte Connor fest.
»Ja. Wer kommt mit?«
Sharee und Viti meldeten sich als einzige. Die drei zogen ihre Wanderschuhe an und folgten dem schattigen Pfad, der sich am Bach entlang schlängelte, bevor er rechts abbog und der allmähliche Aufstieg begann. Sie sahen, dass es weiter oben immer steiler wurde.
Dann erkundeten sie die Umgebung des Baches. Mit einem Stock stocherte Viti im steinigen Sand herum, entschied, dass er goldhaltig sein könnte und füllte ihren Hut damit, um das Gemisch später in Mr. Bells Goldpfanne auszuwaschen.
Sie fanden eine Schlingpflanze mit blauen Blüten, die sich an den Bäumen hinauf- und hinunterwand, und Madi pflückte ein paar der hübschen Blüten ab und steckte sie sich ins Haar.
Sharee, die fasziniert auf den Boden starrte, rief: »Kommt mal her und schaut euch diese erstaunlichen Ameisen an.«
Madi konnte zuerst nichts erkennen, dann sah sie ein halbes grünes Blatt den Pfad entlang marschieren, gefolgt von anderen. »Blattschneiderameisen«, rief sie. »Über die hab ich was in Gwens Buch gelesen.«
»Ich hab sie immer Schirmameisen genannt«, sagte Viti. »Sieht aus, als würden sie ein Zelt auf dem Kopf tragen.«
Sie folgten der marschierenden Prozession abgebissener grüner Blätter entlang des deutlich sichtbaren Pfades, den die Ameisen angelegt hatten, bis zu einem Loch mit aufgeworfener Erde, in dem sie verschwanden. Madi griff in ihren Rucksack, zog die Kamera heraus und machte eine Nahaufnahme von dem Ameisenbau und der Parade der schirmtragenden Einwohner.
»Oh, ich habe zufällig Gwens Buch dabei. Lasst mich mal sehen, ob ich die Stelle mit den Ameisen finden kann.« Die beiden anderen rollten gutmütig mit den Augen, und während Viti weiter mit ihrem Stock herumstocherte, setzten sich Madi und Sharee auf einen umgefallenen Baumstamm, und Madi las aus Gwens Buch vor:
»Zu den bemerkenswertesten Lebewesen gehören Ameisen, die sich dadurch von den in England heimischen Arten unterscheiden, dass sie Stachel haben wie Wespen. Die ersten, die mir auffielen, waren die Drogher- oder Cousisameisen, sie sind klein und sehen harmlos aus, sollten aber nicht unterschätzt werden, da sie fähig sind, innerhalb einer Nacht einen Reissack aufzuschneiden und die Hälfte des Inhalts fortzuschleppen. Die Droghers, die ich auf Maripi Island sah, bildeten eine Prozession in Millionenstärke; jede trug ein Blattstück, das ihre Körpergröße weit übertraf. Wegen des Anblicks, den sie bieten, werden sie auch oft ›Schirmameisen‹ genannt.
Die Prozession zog sich über einen langen Pfad bis hin zu einem Loch, das bereits sehr tief sein musste, nach dem dicken Erdwall zu schließen, der rund um das Loch aufgehäuft war Die zum Graben Eingeteilten schleppten immer noch mehr Erde zur
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