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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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doch!«
    Während sie eilig in ihre Kleider schlüpften und immer wieder losprusteten, strafften sich plötzlich beide Angelschnüre und begannen sich abzuwickeln. Madi hatte ihre Angel in ihren Schuh gesteckt, aber Connors wurde durch den Sand gezogen, als der Fisch mit Hildas Maniokknödel-Köder davon schoss. »Verflixt!« Mit einem Bein in den Shorts stolperte er hinter seiner Angel her. Vor Lachen schon ganz krumm, holte Madi ihre Schnur ein.
    Im Licht der Taschenlampe begutachteten sie ihren Fang. »Bah, nur Welse. Nimm dich vor dem Rückenstachel in Acht, der ist giftig«, sagte Connor. »Na ja, wir können sie als Köder verwenden. Mal sehen, was es noch da draußen gibt.«
    Innerhalb von zehn Minuten hatten sie fünfzehn Welse gefangen, dann war Schluss. »Das war's wohl für heute. Lass uns aufhören. Ich mach sie sauber, und wir können sie morgen früh als Köder verwenden.«
    Bei ihrer Rückkehr zum Haus wurden sie von Ann und John, die als einzige noch auf waren, mit gutmütigen Spötteleien empfangen.
    »Und wo sind die Fische?«
    »Wir haben gehört, dass es da unten ganz schön munter zuging.«
    »Ziemlich romantisch, was?«
    »War es auch, bis diese Viecher sich auf uns stürzten, und wir haben mehr als ein Dutzend Welse, die nur darauf warten, morgen früh zu Ködern zerschnitten zu werden«, gab Connor zurück.
    »He, nimm sie nicht alle als Köder«, sagte John. »Mr. und Mrs. Bell essen sie gern. Leg sie in eine Schüssel und stell sie ihnen vor die Haustür.«
     
    Diesmal hatte Sharee das untere Bett genommen, Viti und Ann die beiden Betten auf der anderen Seite des Zimmers. Madi kletterte leise hinauf, um Sharee nicht zu wecken, und sah erfreut, dass Mrs. Bell das Bett und die dünne Decke mit sauberer, wenn auch etwas abgenutzter Bettwäsche bezogen hatte.
    Als sie im Bett lag, dachte Madi über Connor nach und versuchte, ihre Gefühle zu analysieren. Sie fand ihn körperlich anziehend, und sie mochte ihn. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart wohl, ihr gefiel seine Art von Humor, und sie wusste, dass sie sich, wenn sie sich gehen ließe, bis über beide Ohren in ihn verlieben würde. Das Verlangen, verliebt zu sein und von jemandem geliebt zu werden, der sie respektierte und mochte, war ungeheuer verführerisch. Aber ihr war sehr wehgetan worden und sie hatte sich geschworen, in Zukunft vorsichtiger vorzugehen.
    Sie hatte Connor unter etwas unwirklichen Umständen kennengelernt. Wäre ihre Beziehung wohl die gleiche, wenn sie ein normaleres Leben in einer langweiligen Stadt führen würden? Außerdem bewegten sie sich momentan auf unterschiedlichen Lebenswegen. Für sie war Guyana nur ein Zwischenspiel, und es würde, so wunderschön es auch war, bald zu Ende sein. Sie war hergekommen, um ihr angeknackstes Herz zu heilen und ihre Selbstachtung wiederzufinden, in der Hoffnung, ihrem Leben eine neue und positive Richtung zu geben. Und sie hatte keinesfalls vor, aus ihrem Leben einen weiteren Scherbenhaufen zu machen. Diesmal würde sie sich von ihrem Kopf leiten lassen statt von ihrem Herzen.
    Aber dann schlich sich in ihre Gedanken die Erinnerung an Connors Berührungen, den frischen Geruch seiner Haut, die feinen rotgoldenen Härchen auf seinen Handrücken, die Hände, die so stark und knochig waren wie die eines Buschmanns und doch so zärtlich streicheln konnten. War sie froh, dass die Stechmücken sie vor einer Situation bewahrt hatten, die ihre Freundschaft hätte gefährden können? Oder war es ihr erspart geblieben, in einen Abgrund zu stürzen, ohne dafür bereit zu sein?
    Bevor sie schließlich einschlief, sah Madi noch einmal den verzauberten Tanz der Glühwürmchen über dem Wasser vor sich und war von einem wachsenden Gefühl der Vorfreude und Erregung erfüllt, so kurz davor zu sein, ihr Ziel zu erreichen. Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen war, dass da draußen in der Dunkelheit über der Schlucht der mächtige Kaieteur auf sie wartete.
     
    Sie schien kaum eine Minute geschlafen zu haben, als ein Schrei, ein jämmerliches Wehklagen sie im Bett hochschrecken ließ, so dass sie sich den Kopf an der Zimmerdecke stieß. »Was zum Teufel …?«
    Ann drehte sich auf die andere Seite und murmelte: »Brüllaffen, die hören gleich auf.«
    Vom Mondlicht beschienen, lag Madi da und lauschte den fernen Schluchzern und Schreien der kleinen, rostfarbenen Affen, die durch das Blätterdach des Dschungels tobten und sich auf diese Weise verständigten – ob es Warnschreie waren,

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