Der Gipfel
hinunter. Es war wieder starker Wind, und ich blieb im Zelt. Um ein oder zwei Uhr nachmittags ging ich hinaus und sprach mit Todd Burleson und Pete Athans von Alpine Ascents (Führer einer kommerziellen Expedition), die gekommen waren und helfen wollten, die Leute herunterzuholen. Ich fragte ihn: »Wißt ihr, was los ist?« Und sie sagten, ein paar Sherpas wären mit Makalu Gau heruntergekommen, deshalb ging ich auch zu den Zelten der Taiwanesen.
Als ich ins Zelt kam, sah ich Makalu Gau. Gesicht und Hände waren erfroren, aber er konnte ein bißchen sprechen, und ich fragte ihn: »Hast du Scott gesehen?« Er sagt: »Ja, wir waren letzte Nacht zusammen.« Ich hatte gehofft, Scott könnte überleben, aber als ich das hörte, dachte ich »Scott, ist erledigt und schon tot«. Ich regte mich auf, aber diese Nachricht stammte nur von dem Taiwanesen, deshalb wollte ich mit einem unserer Sherpas sprechen, die hinaufgegangen waren. Ich ging ins Sherpa-Zelt, und der Vater von Lopsang weint bitterlich und sagt: »Wir können nicht helfen.« Und er spricht ganz leise und wenig englisch. Ich verstehe ihn nicht. »Was ist passiert?« Und sie sagten: »Er ist tot.« Und dann sagte ich: »Hat er noch geatmet?« Und ich erfahre: » Ja, er atmet noch, aber sonst keine Lebenszeichen.«
Ich fragte: »Habt ihr ihm Sauerstoff gegeben?« Sie sagten: »Ja, wir haben ihm Sauerstoff gegeben«. Ich frage: »Habt ihr ihm Medizin gegeben?« worauf sie sagten: »Nein.« Jetzt wußte ich alles, und ging hinaus und sprach mit Todd Burleson und Pete Athans. Ich fragte: »Könnt ihr bitte mit mir hinaufgehen und Scott helfen? Die Leute sagen, er lebt noch, auf 8350 Meter.«
Pete Athans, der nepalesisch sprach und dem die Situation klar war, sagte zu mir: »Ich redete mit den Sherpas, und sie sagen, daß man Scott nicht helfen kann.« Und ich sagte: »Warum nicht? Wir können es versuchen.« Er sagt: »Es kommt schlechtes Wetter. Der Sturm ist noch nicht abgeflaut. Und die Leute haben versucht, ihm Sauerstoff zu geben, aber es hat nichts geholfen.« Todd Burleson war still, aber Pete Athans sprach mit mir und sagte: »Scott war – nun, er konnte atmen, aber er konnte keinen Tee trinken. Als man ihm Tee einflößte, konnte er nicht schlucken.« Und Pete Athans sagte: »Un möglich. In dieser Situation unmöglich für ihn.« Ich sagte: »Aber vielleicht, wenn er atmet, wenn er noch Atem hat, dann könnte ihm Sauerstoff helfen, und ich werde hinaufgehen.«
Ich ging wieder ins Zelt zu Lopsangs Vater und fragte ihn: »Hast du ein wenig mehr Information? Hast du ihm keine Medizin gegeben? Wann hast du ihm Sauerstoff gegeben? ’« Er sagte: »Wir gaben ihm eine Flasche Sauerstoff, legten Maske an und machten Flasche auf.«
Ich sagte »okay« und nahm mir Funkgerät von den Sherpas, sprach mit dem Basislager und mit Ingrid und fragte sie: »Was würdest du in dieser Situation raten?« Und sie ist ganz aufgeregt und sagt: »Anatoli, versuch zu helfen, was möglich ist. Bitte, versuche eine Möglichkeit zu finden.« Ich sagte: »Okay, ich werde alles versuchen, aber was rätst du?« Sie sagte: »Hast du das Päckchen mit den Injektionen?« Und ich sagte: »Ja, die habe ich.« Sie sagte, ich solle es bei Scott versuchen, und ich versprach es. 36
Dann gehe ich ins Sherpa-Zelt und sehe, daß Lopsang Sauerstoff nimmt und einige andere auch. Und ich sage: »Okay, ich brauche Sauerstoff. Drei Flaschen und eine Thermoskanne Tee. Könnt ihr mir das machen?« Sie fragen: »Wozu brauchst du das?« Ich sagte: »Ich gehe hinauf.« Sie sagen: »Dumme Idee.« Ich gehe aus dem Zelt, und Lopsangs Vater kam und sprach mit Pete Athans auf nepalesisch. Pete Athans kam zu mir und sagte: »Anatoli, was hast du vor?« Ich sagte: »Ich steige hinauf. Ich brauche Sauerstoff. Ich brauche Tee.« Pete Athans versuchte es mir auszureden. Er sagte: »Der Sturm hat sich ein wenig gelegt, aber wenn du jetzt hinaufgehst, gerätst du wieder hinein.« Ich sagte: »Ich muß es tun.«
Ich wußte es aus Erfahrung. Ich erklärte ihm meine Meinung. Bei Scott war es ein langsamer Prozeß. Scott konnte überleben, wenn er Sauerstoff bekam. Scott liegt knapp vor dem Balkon, und er hat bis vielleicht neunzehn Uhr genug Sauerstoff. Ich brauche Sauerstoff. Pete ist wie die Sherpas, und ich merkte, daß er es für eine dumme Idee hält, aber die Flaschen bekomme ich. Ich wollte drei, bekomme aber nur zwei. Ich denke mir, daß sie von David Breashears Expedition kommen, aber ich weiß es nicht
Weitere Kostenlose Bücher