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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eines Franken keine Speise zu sich nimmt – –«
    Er sah mich bei diesen Worten an, als ob er eine Bemerkung von mir erwarte. Ich winkte ihm nur, fortzufahren.
    »– Den Glanz ihrer Augen und die Fülle ihrer Wangen verliert – müde ist und doch den Gruß des Schlafes nicht mehr kennt – nur lehnend steht und langsam geht – vor Kälte schauert und vor Hitze brennt – nichts wünscht, nichts haßt und unter dem Schlage ihres Herzens zittert – nicht lacht, nicht weint, nicht spricht – kein lautes Wort der Klage hören läßt und ihre Seufzer selbst nicht mehr vernimmt –«
    Wieder blickte er mich an und in seinen Augen war deutlich eine Angst zu erkennen, welche sich von jedem der aufgezählten Krankheitsmerkmale zu nähren und zu vergrößern schien. Er mußte die Kranke mit der letzten, trüben Gluth seines fast gänzlich ausgebrannten Herzens lieb haben und hatte mir, ohne es zu wollen und zu wissen, sein ganzes Verhältniß zu ihr offenbart. Ich mußte ihm die Strafe sofort zu kosten geben und antwortete schnell einfallend:
    »So wird sie sterben!«
    Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, so stand er hoch aufgerichtet vor mir. Der rothe Fez war ihm vom kahlgeschorenen Kopf geglitten, die Pfeife seiner Hand entfallen; in dem Gesichte zuckte es von den widerstreitendsten Gefühlen, und das Auge ruhte mit einem Ausdrucke des Entsetzens auf mir, der sich nach und nach in einen zornigen und zuletzt in einen drohenden verwandelte.
    »Giaur!« donnerte er mich an. »Wagst Du, mir das zu sagen, Hund? Die Peitsche soll Dir lehren, wer ich bin und daß Du thust, nur was ich Dir befehle. Stirbt sie, so stirb Du auch; doch machst Du sie gesund, so darfst Du gehen und kannst verlangen, was Dein Herz begehrt!«
    Langsam und in tiefster Seelenruhe erhob auch ich mich, stellte mich in meiner ganzen Länge gerade vor ihn hin und sprach, auf den am Boden liegenden Fez deutend:
    »Abraham-Arha, was sagt der Prophet dazu, daß Du die Scham Deines Scheidels vor einem Ungläubigen entblößest?«
    Im nächsten Augenblicke hatte er sein Haupt bedeckt und, vor Grimm dunkelroth im Gesicht, den Dolch aus der Schärpe gerissen. Doch ruhig, wie zuvor fahr ich fort:
    »Ich habe den Bären gejagt und bin dem Nilpferd nachgeschwommen, der Elephant hat meinen Schuß gehört und meine Kugel hat den Löwen, den ›Heerdenwürgenden‹ getroffen. Danke Allah, daß Du noch lebst und bitte Gott, daß er Dein Herz bezwinge. Du kannst es nicht, Du bist zu schwach dazu und wirst doch sterben, wenn es nicht sofort geschieht!«
    Das war eine neue, eine schwerere Beleidigung, als die andere und mit einem zuckenden Sprunge wollte er mich fassen, fuhr aber sofort zurück, denn jetzt blitzte auch in meiner Hand die Waffe, die man in jenen Ländern niemals von sich legen darf. Wir standen einander allein gegenüber, denn er hatte sofort nach der Darreichung des Kaffee’s und der Pfeife die Dienerschaft hinausgewinkt, damit sie nichts von unserer zarten Unterhaltung vernehmen solle.
    Mit meinem tapfern Omar-Arha hatte ich nicht den mindesten Grund, mich vor den Bewohnern des alten Hauses zu fürchten; nöthigenfalls hätten wir Beiden die wenigen hier wohnenden Männer zusammengeschossen, aber ich ahnte zu viel von dem Schicksal der Kranken, für die ich mich ungemein zu interessieren begann, und zog es deshalb vor, den Weg der Güte zu betreten.
    »Lebe wohl; es sei der Herr mit Dir und Deinem Hause! Du willst es nicht, daß ich den Tod bezwinge; Dein Wunsch mag sich erfüllen, rabbena chaliek, der Herr erhalte Dich!«
    Noch immer den Revolver in der Hand, machte ich Miene, dem Ausgange zuzuschreiten.
    »Halt, halt, Effendi!« rief er, und jetzt klang aus seiner Stimme mehr Angst als Wuth. »Du hast die Seele eines Gläubigen beschimpft und darfst nicht gehen, ohne mir Genugthuung zu geben und meinem Willen Gehorsam zu erweisen!«
    Ich trat zu ihm zurück, sah ihm lächelnd in das zuckende und blitzende Auge und antwortete so langsam, wie nur immer möglich:
    »Merk auf, was ich Dir sage, mein Wort erklingt nie zweimal: Beim heiligen Leben Isa Ben Marryam, den wir Jesus, Sohn Maria’s nennen – Du hast einen seiner Gläubigen Giaur geheißen und ihn mit der Peitsche bedroht – bittest Du mich nicht um Verzeihung, und zwar sogleich, so gehe ich und Leïlet mag sterben!«
    Mit Absicht sprach ich jetzt den Namen aus, welchen mir der Bote genannt hatte. Bei seinem Klange zuckte es über die erregten Züge des Egypters; es erwachte die Erkenntniß

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