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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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sei das Landhaus aus dem kaiserlichen Besitz hinter den Gärten des Lucullus sowie die Ernte der umliegenden Weingärten.«
    Der Glückspilz riß die Arme in die Höhe: »Heil dir Nero Claudius Cäsar Augustus, du huldvoller Spender!« – »Heil, Nero!« riefen die Umstehenden. Überall im Stadion, wo die Loskugeln geöffnet wurden, spielten sich ähnliche Szenen ab. Gewagte Schaustellungen mußten die Enttäuschung vergessen machen, daß die Masse den Circus so arm verlassen würde, wie sie ihn betreten hatte.
    Plötzlich erschien in einem der Aufgänge inmitten der Tribüne ein Elefant. Tosender Jubel brachte das Stadion zum Erzittern. Die Römer liebten Elefanten. Sie ahnten, was anstand. Zwei armdicke Taue waren von einer Tribünenseite zur anderen gespannt. Im Circus wurde es still. Hunderttausende Augenpaare starrten gebannt auf den Elefanten inmitten der Zuschauertribüne. Mit einem eisernen Haken schlug der Dompteur gegen die wuchtigen Beine des Tieres, das sich nur widerwillig dazu bewegen ließ, auf die Taue zu steigen. Kaum stand das Rüsseltier mit allen vier Beinen auf den Tauen, da sprang der Dompteur von hinten auf den Elefanten. Durch die Ränge ging ein Raunen. Die Seile knarrten in ihren Verankerungen, als das Tier behutsam einen Fuß vor den anderen setzte. Das Publikum hielt den Atem an.
    Je weiter der Elefant der Mitte der Seile zustrebte, desto mehr begannen die Taue zu schwanken. Aber unbeirrt setzte das Tier seine oft geübte Vorführung fort. Nur noch wenige Meter fehlten bis zum Einstieg auf der gegenüberliegenden Seite. Jetzt wurden erste Beifallsrufe laut. Noch vier, höchstens fünf Schritte. Der Dompteur riß beide Arme hoch, klatschte auf die Hinterbacken des Elefanten, geschafft!
    Der Beifall, der nun aufbrauste, drohte die Tribünen zum Einsturz zu bringen. Schreiende, trampelnde, klatschende Menschen. »Heil dir Cäsar, heil dir Nero Claudius Cäsar Augustus!« Nicht dem Artisten galt der Jubel, der Kaiser als Veranstalter der Spiele durfte den Beifall für sich in Anspruch nehmen.
    Noch ehe sich das tobende Publikum beruhigt hatte, marschierte ein ganzes Heer von Zwergen in die Arena, drollige, aber auch häßliche, dicke kleine Menschen mit übergroßen Köpfen und zu kurz geratenen Gliedmaßen. Gleichzeitig kamen zum Klang der Blasinstrumente von der entgegengesetzten Seite hochgewachsene, halbnackte Frauen hereinmarschiert, blonde Sklavinnen aus Gallien und Germanien, schlanke, ebenholzfarbene aus Afrika. Sie trugen nur einen Lendenschurz um die Hüften und ein Kurzschwert in der Hand.
    Die Zwerge waren in der Überzahl, und ihre Schwerter waren länger als die der Frauen, zum Teil übertrafen sie ihre eigene Größe. »Ave Cäsar, morituri te salutant!« schallte ihr Ruf durch die Arena, und im nächsten Augenblick rannten sie gegen die weiblichen Gladiatoren, ließen ihre Schwerter über den Köpfen kreisen, ein ungleich scheinender Kampf begann.
    »Hoc age!« brüllten die Zuschauer, wenn sich ein Gnom einer Frau näherte und mit aller Kraft, deren er fähig war, versuchte, die Beine zu treffen. Schon bald erwies sich das Gefecht als durchaus vorteilhaft für die Zwerge; denn im Gegensatz zu den hochgewachsenen Frauen waren sie ausgebildete Gladiatoren, nicht nur den Umgang mit der Waffe gewohnt, sondern vor allem auf Ausdauer gedrillt, die Sklavinnen hatten dem nichts entgegenzusetzen.
    Jeweils zwei Zwerge attackierten eine Frau, der eine von vorne, der andere von hinten. Eine stürzte, wartete laut schreiend auf den Todesstoß. Der Zwerg holte aus, hieb ihr mit einem Schlag den Kopf ab. Ein Schrei des erregten Grauens ging durch den Circus, als im selben Augenblick eine Sklavin von hinten herantrat und dem Zwerg ihr Kurzschwert in den Rücken rammte. Vergeblich versuchte sie es wieder herauszuziehen, es steckte zu tief. Darauf wurde die jetzt unbewaffnete Sklavin von drei Zwergen durch die Arena getrieben. Schrille Schreie ausstoßend, drückte sie sich rücklings gegen die Mauer der Spina und erwartete mit zusammengekniffenen Augen und weit aufgerissenem Mund den Todesstoß. »Agite! Agite!« tobten die Zuschauer auf den Rängen. Das Töten konnte nicht schnell genug gehen. Da – der Stoß, ein Blutsturz ergoß sich aus der Wunde im Unterleib der Sklavin, langsam sank sie zu Boden, blieb auf dem Rücken liegen, die Zuschauer reckten die Hälse, um möglichst genau zu sehen, wie das Blut im goldgelben Sand versickerte. »Heil dir, Cäsar, deine Spiele sind unsere

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