Der gläserne Drache
anderes Ding von einem Ort zum anderen bringt.
Stellt euch den Punkt vor, an den ihr wollt, und dann konzentriert euch auf euch selbst.
Ihr solltet das gleich einmal probieren, aber nehmt einen Ort, den ihr gut kennt, damit auch sicher ist, dass ihr da und nirgendwo anders landet. Und der Platz darf nicht zu weit entfernt sein, denn je weiter die Strecke ist, desto größere Kraft müsst ihr aufwenden.
Aber ich warne euch: Sammelt eure Gedanken und lasst euch durch nichts ablenken!
Tanis, willst du es als Erster versuchen?“
Tanis schloss die Augen und konzentrierte sich mit aller Kraft auf den Sessel in seinem Zimmer. Dann stellte er sich vor, dass er sich dort hinbegab.
Und dann war der Platz, auf dem er gesessen hatte, plötzlich leer, und die anderen sahen dort nur noch ein leichtes Flimmern, das jedoch sofort wieder verblasste. Aelianos lächelte befriedigt.
Ein paar Minuten später öffnete sich die Tür und Tanis trat ein. „Es hat geklappt!“ jubelte er. „Aber ich hätte nicht auf dem gleichen Weg zurückkommen können, denn es hat mich doch sehr viel Kraft gekostet. So musste ich halt eben meine Füße benutzen“, witzelte er.
„Sehr gut!“ lobte Aelianos. „Ich wusste doch, dass es euch möglich ist.
Jetzt du, Wigo!“
Auch Wigo schloss die Augen. Er hatte vor, sich in den Schlosshof zu begeben. Doch während er versuchte, sich auf diesen Ort zu konzentrieren, tauchte vor seinem inneren Auge das Bild der hübschen Wäscherin auf, die ihm am Tag zuvor schöne Augen gemacht hatte.
Und ehe er sich versah, landete er mit einem lauten Platschen direkt vor dem Mädchen im Waschtrog.
Sie schrie erschreckt auf, doch als er sich dann triefend nass aus dem Trog erhob und sie sein verblüfftes Gesicht sah, fing sie lauthals an zu lachen.
Wie ein begossener Pudel schlich Wigo aus der Waschküche und kehrte in Aelianos‘ Zimmer zurück.
Als die anderen ihn hereinkommen sahen, stutzten sie zuerst, doch dann brachen sie in lautes Gelächter aus. Selbst der sonst sehr ernsthafte Magier lachte aus vollem Hals, denn Wigo bot einen Anblick, der selbst die Götter erheitert hätte.
„Nun, da seht ihr, was passieren kann, wenn man bei der Anwendung von Magie unkonzentriert ist!“ sagte er, als er wieder zu Atem gekommen war.
„Geh und zieh dich um! Ich denke, dass du deine Lektion in jeder Beziehung gelernt hast!“
Dann sagte er zu den anderen: „Ich glaube nicht, dass es heute noch viel Sinn hat, dass die Mädchen es auch probieren. Nach dieser Episode würde wohl keiner von euch noch die nötige Konzentration dazu aufbringen.
Also lassen wir es für heute genug sein, und die Mädchen können sich schon zu ihrem Dienst bei der Königin begeben.“
Immer noch lachend verabschiedeten sich die drei anderen von Aelianos bis zum nächsten Nachmittag, und die beiden Mädchen eilten zu den Räumen der Königin.
Doch auch Tage später musste Wigo immer noch die Hänseleien der anderen drei über sich ergehen lassen.
Königin Gelda, eine ernste, aber gutmütige Frau, überließ die Schulung der beiden Mädchen ihren Hofdamen, gesellte sich aber stets dazu, wenn es ihre Zeit erlaubte.
Schon nach kurzer Zeit hätte niemand mehr Tamira und Anina von den Edelfräulein unterscheiden können, da beide mit Eifer und Freude dem Unterricht folgten.
Unterdessen war der Bote von Goren zurückgekehrt und berichtete, dass der Vater und die Brüder die Mädchen zwar vermissten, aber sich alles auch dank des Geldes auf dem Hof inzwischen eingespielt hatte.
*****
Eines Abends saßen die vier Freunde vor dem Abendessen noch eine Weile im Schlossgarten. Sie waren müde von ihrem anstrengenden Tag, und so genossen sie schweigend die letzten Strahlen der Abendsonne.
Plötzlich brach Anina das Schweigen.
„Ich muss immer wieder an Cosmar und Serina denken. Habt ihr euch nie gefragt, was die beiden wohl jetzt machen?“
„Doch“, sagte Tanis, „ich denke oft an den Drachen. Aber ich glaube, dass er nun ein freies und glückliches Leben führt, nachdem für ihn keine Gefahr mehr besteht.“
„Nun, wir könnten es erfahren“, sagte Tamira. „Serina hat doch gesagt, dass er unsere Gedankenbilder empfangen kann.
Sie sagte zwar, dass wir ihn nur rufen sollten, wenn wir in Not sind, aber ich denke nicht, dass er es uns verübeln wird, wenn wir ihm nur einen Gruß senden, ohne dass wir seine Hilfe brauchen.
Kommt, lasst es uns versuchen!“
Sie
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