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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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zurück, und seither ist er nicht mehr bei uns gewesen. Heute Vormittag ist sie mit diesem Dompfaffen zum Stift gegangen, und Milo ist auch mit … Jemand hat Milo vor Scheiffarts Haus niedergeschlagen. Er hat eine schlimme Kopfverletzung, Meister Goldschläger.»
    Bardolf ging erregt in seiner Werkstatt auf und ab. «Ich lasse nach einem Arzt schicken», sagte er. «Und dann gehe ich selbst zum Marienstift und zu den Schöffen. Herrgott, weshalb sollte sie denn jemand entführen?»
    «Was ist los?» Inzwischen war Jolánda auf den Besucher aufmerksam geworden. Als sie erfuhr, was wahrscheinlich mit ihrer Tochter geschehen war, wurde sie aschfahl. «Nein!», rief sie. «Das darf nicht wahr sein! Wer tut so etwas, um Himmels willen? Bruder Christophorus ist auch verschwunden?»
    Jaromir nickte, schüttelte aber fast gleichzeitig den Kopf. «Ich weiß nicht, ob er verschwunden ist. Er ist nur seit gestern nicht nach Hause gekommen.»
    «Ihr müsst ihn suchen», ordnete Bardolf entschlossen an. «Sag Grimold Bescheid – halt, nein, dein Vater soll dir helfen, Jaromir. Ich schicke auch zwei meiner Gesellen los. Irgendwo muss sich Christophorus ja aufhalten. Wenn er nicht die Stadt verlassen hat, findet ihr ihn.»
    Jaromir nickte. «Ja, Herr. Ich gehe sofort los, wenn Ihr wollt.»
    Bardolf nickte und rief nach Tibor und den Gesellen, gab ihnen Anweisungen. Wenig später machten sich auch die drei Männer auf die Suche.
    Jolánda stand wie erstarrt in der Werkstatt, ihr Gesicht war noch immer kalkweiß. «Du glaubst doch nicht, dass Christophorus und Marysa …?», fragte sie ängstlich. «Er mag ja ein csaló sein, aber er würde so etwas nicht tun!»
    «Nein, Jolánda.» Bardolf ging zu ihr und nahm sie in den Arm. «Das glaube ich nicht. Er mag ein betrügerischer Gauner sein, aber das traue ich ihm auch nicht zu. Ich befürchte viel eher, dass er verschleppt worden sein könnte.» Er fluchte leise. «Wir hätten sie davon abhalten sollen, wegen der Vorfälle in der Chorhalle herumzuschnüffeln. Wer auch immer dafür verantwortlich ist, scheint äußerst gefährlich zu sein.»
    «Sie werden ihr doch nichts antun?», schluchzte Jolánda verzweifelt.
    Bardolf drückte sie noch einmal kurz an sich. «Ich gehe jetzt erst einmal zum Marienstift und versuche in Erfahrung zu bringen, wer der Mann war, der Marysa abgeholt hat. Jaromir zufolge muss es einer der jüngeren Kanoniker gewesen sein. Weyms oder so ähnlich.» Eilig lief er in den Nebenraum und kam mit seinem bestickten Zunftmantel wieder. Während er ihn sich überwarf, gab er seinem dritten Gesellen und den Lehrjungen noch einige Anweisungen, dann küsste er Jolánda flüchtig und machte sich auf den Weg zur Domimmunität.
***
    Stöhnend versuchte Christophorus sich aufzurichten. Er spürte ein heftiges Pochen am Hinterkopf, tastete danach und zuckte zusammen, als er durch den Stoff seiner Kapuze die Beule spürte. Er befand sich in völliger Finsternis, offenbar in einem Kellerraum ohne Fenster. Der Fußboden und die Wand, die ihm am nächsten lag, waren kalt und fühlten sich klamm an. Vorsichtig richtete er sich auf, tastete sich langsam an der Wand entlang und gelangte schließlich zu einer Ecke des Raumes. Von dort aus schob er sich weiter voran, bis zur gegenüberliegenden Ecke seines Gefängnisses, um sich eine Vorstellung von der Größe machen zu können. Es schien sich nicht um einen Vorratsraum zu handeln, denn nirgendwo fanden sich Kisten, Regale oder andere Möbel. Der Raum war etwa quadratisch und maß ungefähr fünf Schritt in jede Richtung. Die einzige Tür bestand aus massivem Holz. Von innen gab es weder ein Schlüsselloch noch einen Türgriff.
    Christophorus robbte ein weiteres Mal durch den Raum und tastete die Wände genauer ab. So fand er nach einer Weile fast genau gegenüber der Tür eine schmale Fensteröffnung, die sich direkt unterhalb der Decke befand und mit Lumpen verstopft war. Diese ließen sich leicht entfernen, sodass kurz darauf ein wenig fahles Licht in sein Gefängnis fiel.
    Christophorus versuchte, durch den Fensterschlitz etwas zu erkennen, doch mehr als Schneereste auf bräunlichem Gras und die graue Wand eines nicht weit entfernten Gebäudes konnte er nicht ausmachen. Es war sehr still. Weit und breit waren weder Stimmen noch Schritte oder sonstige Geräusche der Stadt zu hören.
    «Seid Ihr endlich aufgewacht?», fragte eine gedämpfte Stimme hinter ihm. Christophorus zuckte zusammen und drehte sich ruckartig um, konnte

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