Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
Holzdielen lag ein weicher Teppich, der eigens für ihn angefertigt worden war, mit erhabener Einfassung, die sich im Mondlicht silberweiß vor dem dunkleren taubengrauen Hintergrund abzeichnete. Robert liebte das Mondlicht und ließ in den Nächten, in denen der Mond zu sehen war, nie die Vorhänge zuziehen.
Er schlief auf der Seite, mit dem Gesicht zum Fenster, sein Haar hob sich dunkel von dem weißen Kissen ab, und die Schulter unter dem schwarzen Seidenpyjama hatte er hochgezogen.
Zuneigung und Liebe erfüllten sie und dämpften das scharfe Begehren ein wenig. Sie konnten einander doch sicher ein wenig Wohlgefühl spenden, oder? Auch wenn sie ihn nicht auf dieselbe Weise begehrte wie einst Jean-Philippe, waren sie doch Mann und Frau, wohin sollte sie sich sonst wenden, um das Bedürfnis zu stillen, das sie quälte? Sie mochten und respektierten sich – Ehepaare, die weit weniger verband als dies, wurden auch miteinander intim. Dann war es für sie doch sicher nicht unmöglich, dasselbe zu tun?
Amber ging auf die andere Seite des Bettes. Sie sah auf Roberts schlafendes Gesicht hinab und streckte die Hand aus, um ihn zu berühren. Sie legte ihm die Hand an die Wange und flüsterte seinen Namen.
Robert wachte sofort auf, zuckte vor ihrer Berührung zurück und setzte sich im Bett auf. »Amber, was tust du hier?«, fragte er scharf.
»Ich kann nicht schlafen.« Das stimmte ja auch. Bevor der Mut sie verließ, platzte sie heraus: »Robert, ich habe solche Sehnsucht, dass es wehtut. Ich kann nicht schlafen, und …«
»Dir geht es nicht gut? Soll ich den Arzt rufen lassen?« Er schleuderte die Decken zurück und stand auf. Dann knipste er die Nachttischlampe an und betrachtete sie stirnrunzelnd.
»Nein«, wies Amber sein Ansinnen zurück. »Solche Schmerzen sind das nicht. Ach, Robert. Ich fühle mich manchmal so allein, so furchtbar einsam.« Sie warf die Arme um ihn, schmiegte sich an ihn und legte den Kopf an seine Brust. »Ich will mit dir zusammen sein, als Frau und Mann, Robert. Bitte …« Amber hob den Kopf und drückte ihre Lippen sanft auf die seinen.
Sie spürte, wie er erstarrte und dann vor ihr zurückschreckte, während er sie bei den Armen packte und so heftig von sich stieß, dass sie beinahe gestürzt wäre.
»Ich glaube, du hast heute Abend zu viel Champagner getrunken. Das ist die einzige Erklärung, die mir für dein Verhalten einfällt.«
»Robert«, flehte Amber verzweifelt, »ich brauche dich. Du bist mein Mann.«
»Das höre ich mir nicht länger an, Amber. Kein Wort mehr.« Er kehrte ihr den Rücken zu und drehte sich dann noch einmal um. »Du kennst meine Neigungen.«
»Aber andere Männer mit denselben Neigungen verhalten sich ihren Ehefrauen gegenüber auch wie richtige Ehegatten«, protestierte Amber. »Und …«
»Nein, sie sind nicht wie ich.Verstehst du das denn nicht?«
Als Amber den Kopf schüttelte, fluchte er leise in sich hinein und sagte dann grausam: »Na schön, dann erkläre ich es dir. Für Männer wie mich ist die bloße Vorstellung abstoßend, eine Frau auf die Art zu berühren, wie du es dir wünscht. Allein der Gedanke ekelt uns. Wenn ich dich von Sehnsucht, Brauchen und Zusammensein reden höre … läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter.«
Einen Augenblick lang war Amber zu schockiert, zu gedemütigt, um irgendetwas zu sagen oder zu tun, doch schließlich kam ihr Stolz ihr zu Hilfe.
»Was soll ich denn tun, wenn du mir kein richtiger Ehemann sein willst? Schweigend die Sehnsucht ertragen, während du sie stillen darfst, wann und mit wem du möchtest?«
»Es wird allgemein akzeptiert, dass sich eine Frau einen Liebhaber nimmt, vorausgesetzt, sie tut es diskret und achtet darauf, die Kinderzimmer im Haus ihres Ehemanns nicht mit Bastarden zu füllen«, sagte Robert in steifem, formellem Ton. »Wenn ich dir einen geeigneten Herrn empfehlen soll …«
»Nein!« Nun war es an Amber, angewidert zurückzuzucken. »Da ertrage ich lieber meine Sehnsucht und behalte meine Selbstachtung, bevor ich mich von meinem Ehemann verhökern lasse, als ob … Hast du nicht schon genug angerichtet? Hasst du mich wirklich so sehr?« Sie musste innehalten – die Tränen schnürten ihr die Kehle zu.
»Ich hasse dich keineswegs. Du bist meine Ehefrau, ich habe mir dich selbst ausgesucht.«
Da begann Amber zu lachen. »Deine Ehefrau? Und doch würdest du mich prostituieren, nur damit ich deinem Bett fernbleibe.«
»Es reicht. Hysterie kann ich tolerieren, Amber, nicht
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