Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
strahlenden goldblonden Jungmännern in Lederstiefeln.«
Der Abend erwies sich als genauso schwierig, wie Amber befürchtet hatte.
Sie hatten die Channons irgendwo in der Menge verloren und standen nun bei den von Ribbentrops, die sie sehr herzlich begrüßt hatten und ganz offensichtlich entzückt waren von Führer und Vaterland und von allen anderen erwarteten, dass sie sich entsprechend beeindruckt zeigten.
Gerade als Amber sich mit einer diskreten Ausrede zu entfernen suchte, kamen Joseph Goebbels und seine Frau herüber, umgeben von einem kleinen Grüppchen finster dreinblickender SS-Leute.
Da Amber vor Joseph Goebbels und seinen ständigen Frauengeschichten gewarnt worden war und sie den unverhohlenen Blick spürte, mit dem er sie taxierte, rückte sie näher zu seiner Frau Magda.
Sie hörte gerade Magda Goebbels’ Erzählungen über ihre Kinder zu, als sie aufsah und zu ihrem Entsetzen direkt vor ihnen, in wenigen Metern Entfernung, Otto entdeckte.
Ihn und seine offene Arroganz kann man wirklich nicht verwechseln, dachte Amber bitter. Er war in Begleitung zweier Männer, die bei weitem nicht so gut aussahen und ein gutes Stück älter waren als er. Ambers Magen krampfte sich besorgt zusammen. Sie wollte Robert unbedingt weglotsen, doch es war unmöglich, Magda Goebbels in ihrem Monolog über die Tugenden ihrer zahlreichen Nachkommen zu unterbrechen.
Ein Blick in Roberts Gesicht verriet ihr, dass auch er Otto entdeckt hatte. Bis auf zwei rote Flecken, die auf seinen Wangen brannten, war Robert kreidebleich geworden. Für Flucht war es jetzt zu spät.Viel zu spät, da Joseph Goebbels ihnen die Neuankömmlinge bereits vorstellte.
»Der Herzog und ich sind uns schon begegnet«, verkündete Otto geringschätzig, übersah geflissentlich Roberts ausgestreckte Hand, wandte ihm betont den Rücken zu und begann ein Gespräch mit einem anderen Herrn.
Es war eine offene, vorsätzliche Abfuhr, und Amber war sich nicht sicher, was passiert wäre, wenn nicht Unity mit ihrem plötzlichen Auftritt und ihrer übersprudelnden Begeisterung für die wundervolle Olympiade für Ablenkung gesorgt hätte.
Joseph Goebbels lauschte ihren Ausführungen mit selbstgefälligem Grinsen, tätschelte ihr den Arm und stellte sie Otto vor, der daraufhin die Hacken zusammenschlug und sich über ihre Hand beugte.
»Wie angenehm, einer Engländerin zu begegnen, die völlig frei ist von jener Dekadenz, die so viele Ihrer Landsleute kennzeichnet«, hörte Amber Otto überschwänglich äußern. »Ich hoffe, Sie gestatten mir, Sie eines Abends zum Essen einzuladen.«
Er hielt immer noch ihre Hand, während Roberts Hände so verkrampft waren, dass Amber die Knöchel bleich durch die Haut schimmern sah.
Als Unity lachte und einen Schritt auf Otto zu tat, dachte Amber für einen schrecklichen Moment, Robert werde zwischen die beiden treten und sie körperlich auseinanderdrängen. Robert sah aus, als litte er Höllenqualen, seine Augen brannten in seinem starren Gesicht.
»Robert, ich möchte jetzt wirklich zurück ins Hotel und nach Luc sehen«, erklärte Amber, legte die Hand auf Roberts Arm und entschuldigte sich rasch bei den anderen, damit sie aufbrechen konnten, ohne Anlass zum Klatsch zu geben.
»Unserem Sohn geht es heute Abend nicht gut«, sagte sie zu Magda Goebbels.
»Dann müssen Sie natürlich zu ihm. Ich mache mir auch immer furchtbare Sorgen, wenn eines von meinen sechsen krank ist. Ich lasse einen Wagen kommen, der Sie zu Ihrem Hotel bringt.«
»Wirklich sehr freundlich von Ihnen.Vielen Dank.«
Seit Ottos Auftauchen hatte Robert noch kein Wort gesagt. In seinen Augen lag ein trostloser Ausdruck. Nein, nicht trostlos, korrigierte Amber sich. Es war eher der Blick eines Mannes, dem der Todesstoß versetzt worden war. Und doch spürte sie, dass er nur widerstrebend mit ihr aufbrach.
Otto war im Weggehen begriffen, und Robert hatte den Kopf gewandt und blickte verzweifelt in seine Richtung. Amber packte ihn noch fester, um ihn zurückzuhalten, denn sie befürchtete, er könnte Otto tatsächlich hinterherlaufen. Zu ihrer Erleichterung ließ er sich jedoch von ihr zu den Pontons ziehen.
Er schwieg immer noch, und auch auf dem Heimweg ins Hotel sagte er nichts. Er zog sich in sich selbst und seinen Schmerz zurück; Amber hatte fast das Gefühl, als hüllte er ihn ein wie ein kaltes Leichentuch.
Zumindest geht es Luc schon sehr viel besser, sagte Amber sich erschöpft, als sie sich in die Kissen kuschelte. Sie hatte
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