Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
Schattierungen desselben Stoffs dekoriert werden.
In Gedanken setzte Amber den Stoff bereits in der Orangerie in Osterby ein, in verschiedenen Farbnuancen vom hellsten Pfirsichton bis zum tiefsten Terrakotta, und bat Cecil, Bilder für die Werbekampagne nächsten Frühling zu schießen.
Da öffnete sich die Tür zu dem kleinen Salon der Villa, und ihr zweiter Butler, den sie aus England mitgebracht hatten, verkündete: »Lady Elizabeth McCrea und Viscount Hollowes, Euer Gnaden.«
»Amber, ist es nicht herrlich, ich habe die Kinder bei der Kinderfrau gelassen und stattdessen Henry mitgebracht.« Beth war bereits im Zimmer und eilte auf sie zu, um sie zu umarmen.
Über Beths Schulter sah Amber Henrys selbstgefälliges Grinsen, und ihr sonst so weiches Herz verhärtete sich.
»Tut mir leid, Beth, aber ich fürchte, ich muss dir absagen«, erklärte sie ihrer Freundin.
Beth trat zurück und rief enttäuscht aus: »Ach, Amber, der arme Henry hat sich so darauf gefreut, ein wenig aufgemuntert zu werden, nicht, Henry?«
»Offenbar hat Amber eine andere, wichtigere Verabredung. Schließlich hat sie hier so viele alte Freunde. Jean-Phi lippe zum Beispiel wäre sicher entzückt, wenn sie ihm noch einmal Modell sitzen wollte.«
Ohne auf Henrys spitze Bemerkung einzugehen, sagte Amber zu Beth: »Ich fürchte, Luc geht es nicht so gut, und ich habe das Gefühl, ich sollte bei ihm bleiben.«
»Nun ja, natürlich.«
Amber betete im Stillen, dass Luc nicht nach unten gerannt kam und sie Lügen strafte. »Bitte entschuldige mich einen Augenblick. Ich will nur nachsehen, ob die Köchin ihm die heiße Würzmilch nach oben geschickt hat, wie ich sie gebeten hatte.«
In der Halle stieß sie auf den zweiten Butler, zog ihn außer Hörweite und trug ihm auf, ins Kinderzimmer hinaufzugehen und Luc auszurichten, die nächste Zeit nicht nach unten zu kommen.
»Tut mir leid«, erklärte sie lächelnd, als sie in den Salon zurückkehrte. »Und es tut mir auch leid, dass ich nicht nach Grasse mitkommen kann.« Das zumindest entsprach der Wahrheit.
»Robert ist vermutlich mit seiner Jacht irgendwohin unterwegs?«, fragte Beth.
Sie hielten sich seit etwas mehr als vierzehn Tagen in Südfrankreich auf, und Robert verbrachte immer mehr Zeit mit Otto, der sich offensichtlich ebenso für das Segeln begeisterte wie Robert.
»Ja, du weißt ja, was für ein Seebär er geworden ist«, stimmte Amber zu. Inzwischen konnte sie es gar nicht abwarten, dass ihre Gäste sich verabschiedeten.
Sie würde einfach allein nach Grasse fahren.Vielleicht kann ich Cecil überreden, mich zu begleiten, überlegte Amber, während sie nach dem Butler klingelte, damit er Beth und Henry zur Tür geleitete.
»Kommst du heute Abend zur Feier der Anstruthers?«
»Oh, das will Amber sicher nicht verpassen. Schließlich sind Amber und Jean-Phi lippe alte … Freunde.«
»Freunde kann man uns wohl kaum nennen. Ich habe ihm Modell gesessen, mehr nicht, und das auch nur auf Aufforderung deiner Mutter, Henry«, versetzte Amber scharf.
Beth stieß ein nervöses Kichern aus. »Henry, wie ungezogen von dir, Amber so zu necken.«
Endlich waren Beth und Henry weg. Amber war zu unruhig, als dass sie sich wieder in ihre Stoffpläne hätte vertiefen können, und Luc war natürlich enttäuscht, als sie ihm von der Planänderung berichtete.
Es kam ihr so unfair vor, ihn drinnen zu halten, dass Amber ihm anbot, stattdessen mit ihm an den öffentlichen Strand zu gehen.
»Darf ich da im Meer planschen?«, fragte er.
»Das sehen wir dann«, meinte Amber, die sich nicht festlegen wollte.
Am Ende wurde es ein unerwartet unterhaltsamer Nachmittag. Luc war ein intelligentes Kind, das voller Fragen steckte, und als sie am Wasser entlangliefen, lachte er immer wieder entzückt auf, wenn Amber von einer ungewöhnlich hohen Welle überrascht und der Saum ihres schlichten meerblauen Leinenkleids durchnässt wurde.
Da sie den Strand ganz für sich allein hatten, hatte Amber genießerisch die Sandalen ausgezogen und den Rock gerafft und planschte neben ihrem Sohn durchs Wasser. Voll Freude gab sie sich dem längst vergessenen Genuss hin, mit den Zehen im sonnenwarmen nassen Strand zu bohren, während die See darüber hinwegspülte und -schäumte.
Dann setzte sie sich auf einen Felsen und bewachte die Schätze, die Luc zu ihrer Inspektion heranschleppte – glänzende flache Steine, ein paar Muscheln, etwas Tang und, als kostbarsten Schatz von allen, einen winzigen Fisch, den
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