Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
winzigen Lämpchen sah, die in den Bäumen schimmerten und die Zelte schmückten.
Lady Rutland ließ ihr jedoch keine Zeit zum Staunen, sie hetzte die Mädchen hinein und überließ sie Rentons tüchtiger Fürsorge, nicht ohne die Zofe daran zu erinnern, dass die Gäste in gut einer Stunde erwartet wurden.
»Keine Sorge, Eure Ladyschaft, es ist alles bestens vorbereitet. Die Köchin hat ein leichtes Abendessen hochgeschickt, das sie zu sich nehmen können, bevor sie ihre Ballkleider anziehen.«
Aus dem Schlafzimmerfenster konnte Amber hinunter in den Garten sehen. Sie hörte, wie die Musiker ihre Instrumente stimmten. Ihr Magen war zu aufgewühlt, als dass sie den gebratenen Kabeljau hätte essen können. Der Geruch von frischer Farbe wehte noch durchs Haus, selbst hier oben in ihrem Schlafzimmer. Es war ein wunderbar milder Abend, ein perfekter Abend für einen Ball.
Renton kam geschäftig herein und schüttelte den Kopf, als sie sah, dass Amber ihr Abendessen nicht angerührt hatte.
»Es tut mir leid, Renton«, entschuldigte sich Amber, »aber ich bringe nichts hinunter.«
»Nun, da sind Sie nicht die Einzige, denn Miss Louise hat ihres auch stehen lassen. Jetzt kommen Sie, ziehen Sie das Hofkleid aus und Ihr Ballkleid an.«
»Oh, Amber, wie schön das alles ist«, keuchte Beth zwei Stunden später voller Bewunderung, als sie in einem der Zelte standen, mit geröteten Wangen und atemlos vom Tanzen, und ein Glas des silbrig-schwarzen Champagnercocktails tranken, der speziell für den Ball kreiert worden war.
Die Zelte waren innen mit perlmuttfarbener Seide ausgekleidet und mit schwarz-weißen Bändern und Sträußen aus weißen und silbernen Blumen geschmückt, die zu den riesigen Krügen voller weißer und silberner Blumen draußen passten. Die schwarze Satindecke war mit Wolken aus weißem Tüll bedeckt, an denen winzige silberne Sterne klebten. Schwarze und silberne Tücher bedeckten die Tische, und die Lichter schienen weich auf die versilberten Stühle, deren Rückenlehnen mit schwarzen und weißen Satinbändern und kleinen Sträußchen aus weißen Gardenien und silbern angemalten Blättern geschmückt waren. Es war ein schlichtes Farbschema, und Amber hatte befürchtet, es könnte nach dem Überschwang der vielen Kostüm- und Themenbälle, die groß in Mode waren, ein wenig fad wirken. Doch es sah einfach zauberhaft aus.
Selbst die Kleider, die Amber und Louise trugen, waren so ausgewählt, dass sie in das Farbschema passten. Louise trug ein Kleid aus Silberspitze über einem Unterkleid aus weißem Satin mit einem gewagt tiefen Rückenausschnitt, sodass ihre cremeweiße Haut durch die Spitze schimmerte. Sie hatte ihren Bubikopf frisch schneiden lassen, was ihr stand, doch sie schmollte, weil ihre Mutter sich geweigert hatte, George Ponsonby einzuladen.
Ambers Kleid war im schräg geschnittenen Stil von Vionnet, es bestand aus zehn Zentimeter breiten weißen Satinstreifen, die mit schmalen Bändern aus winzigen silbernen Stoffsternen gesäumt waren. Auch Amber trug einen Bubikopf, doch ihrer war viel weicher geschnitten als Louises, und zwei hübsche Diamantspängchen in Herzform hielten ihre Locken an Ort und Stelle.
Als Amber später tatsächlich mit anhörte, wie Emerald Cunard anerkennend zu jemandem sagte, die hellen Farben der Kleider der Debütantinnen und das weiße Farbschema der Zelte erinnere sie an die Eleganz von Syrie Maughams berühmten weißen Räumen, schwoll Ambers Herz vor Stolz so an, dass sie glaubte, es würde platzen.
Selbst Lady Rutland lächelte und nahm gnädig Komplimente entgegen, obwohl Amber wusste, dass sie eigentlich ihrer Großmutter galten, schließlich hatte sie alles geplant. Amber verstand einfach nicht, dass jemand mit einem so ausgeprägten Stilgefühl wie ihre Großmutter von einem Stoff, der für Amber mehr Stil besaß als jeder andere, nichts wissen wollte.
Obwohl der Ball noch längst nicht vorbei war, wurde er schon als Erfolg gefeiert. Amber hätte ihre Tanzkarte zweimal füllen können. Das war den Vermittlungsdiensten von Lord Cadogan zu verdanken, der großzügig eingesprungen war, um für männliche Präsenz auf dem Ball zu sorgen, und darüber hinaus aus dem Gardekavallerieregiment zwanzig bis dreißig forsche junge Männer mit der richtigen Ahnentafel herbeigezaubert hatte, die sich unter die Gäste mischten, wo ihre Paradeuniformen zwischen den Kleidern der Damen und den Fracks der Herren hübsche Farbflecke bildeten.
Amber hatte mit einigen
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