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Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)

Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)

Titel: Der Glanz der Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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noch ihr Ideal, doch sie wusste jetzt, dass für die meisten jungen Frauen aus Beths und Louises gesellschaftlichen Kreisen – und vor allem für ihre Familien – ein angemessener Ehemann wichtiger war als Liebe. Die richtige Heirat, eine vorteilhafte Heirat, war die Voraussetzung dafür, weiterhin die Position in der Gesellschaft zu genießen, in die sie hineingeboren worden waren.
    Diana Guinness zum Beispiel machte keinen Hehl daraus, wie sehr sie den Wohlstand ihres Mannes Bryan genoss. Wie wollte man ohne vorteilhafte Heirat für seine Söhne und Töchter sorgen und ihnen eine sichere Zukunft geben? Wenn die Vorzüge gesellschaftlicher Überlegenheit es nicht wert waren, sie zu genießen, warum waren dann so viele Mütter begierig, ihre Töchter aus der Mittelschicht nach oben zu verheiraten, und warum schaute die Gesellschaft auf sie hinab und verspottete sie ob ihrer Ambitionen? Gesellschaftliche Privilegien waren ein grimmig verteidigtes Territorium, und der Zutritt zu ihnen war denen, die nicht die richtigen Referenzen besaßen, auf genauso subtile Weise verwehrt wie die Gärten von Lord Cadogan denjenigen, die nur draußen stehen und durch den schmiedeeisernen Zaun schauen konnten.
    Eine gute Partie zu machen war nicht unbedingt das, was sie wollte, doch sie verstand jetzt, warum es vielen jungen Frauen so wichtig war, musste Amber sich reumütig eingestehen, als sie das Zelt verließ, um ein Stück durch den Garten zu gehen und die kühle Nachtluft zu genießen.
    Selbst Beth hatte ihr gestanden, dass sie sich bemühe, ihre Mutter nicht zu enttäuschen, und hoffe, dass sie am Ende der Saison einen akzeptablen Heiratsantrag von jemandem bekommen würde, den sie lieben lernen konnte.
    Liebe. Amber wollte nicht über die Liebe nachdenken. Es war so wunderbar gewesen, mit Lord Robert zu tanzen. Er war so amüsant, und sie war so glücklich, wenn sie mit ihm zusammen war, so frei …
    Unter den Bäumen fiel ihr eine Bewegung ins Auge, zwei Gestalten traten aus den dunklen Schatten. Ihre steifen Körper verrieten Amber, dass zwischen ihnen irgendein Missklang herrschte, und so blieb sie stehen, um sie nicht zu stören. Mit einem Ruck erkannte sie, dass es Lord Robert und Ralph Seaforde waren.
    Seaforde sagte etwas zu Lord Robert und entfernte sich dann von ihm, doch Lord Robert ging ihm nach und fasste ihn am Arm, damit er stehen blieb. Ralph Seaforde schüttelte ihn mit einem Schulterzucken ab, doch Lord Robert trat vor ihn und versperrte ihm den Weg.
    Es war jetzt offensichtlich, dass sie sich stritten, auch wenn Amber nicht hören konnte, was sie sagten. Und dann – es geschah so plötzlich und war so schockierend, dass Amber ihren Augen nicht traute – nahm Lord Robert Seaforde in die Arme und hielt ihn und küsste ihn auf den Mund. Als würde er eine Frau küssen und nicht einen Mann …
    Amber zuckte ungläubig zurück, wollte wegschauen, konnte den Blick jedoch nicht abwenden. Sie sah doch sicher nicht das, was sie da sah? Unmöglich! Sie musste sich irren, sicher ein Missverständnis. Doch sie wusste, dass dem nicht so war. Sie blinzelte, ihre Augen waren trocken und wund, als hätte das, was sie gesehen hatten, sie irgendwie versengt. Amber hatte ein schrecklich elendes Gefühl im Bauch. Am liebsten hätte sie ausgelöscht, was sie beobachtet hatte, und wäre weggegangen, doch als sie sich rührte, hörte sie, wie Lord Robert sie beim Namen rief. Er hatte sie erkannt!
    Sie bekam Panik. Sie konnte nicht stehen bleiben und mit ihm reden, nicht nach dem, was sie gesehen hatte. Sie drehte sich um und lief mit pochendem Herzen blind durch die Dunkelheit.
    Er holte sie nach wenigen Metern ein, packte sie am Arm und sagte drängend: »Amber, es tut mir schrecklich leid. Was eben passiert ist … Sie werden es nicht verstehen.«
    »Sie irren sich, ich verstehe es sehr wohl«, erklärte sie ihm fast wütend, machte sich frei und eilte auf die hell erleuchteten Zelte zu.
    Diesmal folgte er ihr nicht, und sie redete sich ein, dass sie froh darüber war.
    Natürlich hatte sie verstanden. Sie war ja keine vollkommene Närrin, mochte er denken, was er wollte. Greg hatte ihr auf die prahlerische Art, die Schuljungen gegenüber jüngeren Verwandten gern an den Tag legten, davon erzählt, denn er hatte sie schockieren und gleichzeitig mit seinem frisch erworbenen Wissen angeben wollen. Damals war sie tatsächlich schockiert gewesen und hatte ihm nicht geglaubt, doch jetzt begriff sie. Robert war einer dieser Männer,

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