Der Glanz des Mondes
sein. Würdest du ihn allein auf eine Spionagemission schicken? Ich hätte vielleicht eine Aufgabe für ihn.«
»Nach Hagi? Damit wäre er wohl ein wenig überfordert.«
»Nein, nur hier in der Umgebung. Ich möchte ein paar Banditen ausfindig machen.«
»Er kennt die Gegend hier nicht und würde sich wahrscheinlich verirren. Was möchtest du herausfinden?«
»Wie viele es sind, wie ihr Lager aussieht, solche Dinge. Er beherrscht es, sich unsichtbar zu machen, nicht wahr? Sonst wäre er niemals an meinen Wachtposten vorbeigekommen.«
Kenji nickte. »Vielleicht kann Shizuka mit ihm gehen. Aber gibt es jemanden hier aus der Gegend, der sie zumindest ein Stück des Wegs begleiten könnte? Das würde eine Menge Zeit sparen.«
Wir fragten Shiros Töchter und die jüngere erklärte sich einverstanden mitzukommen. Sie ging des Öfteren und sammelte Pilze und Wildpflanzen für die Küche und zu Heilzwecken, und obwohl sie das Gebiet der Banditen mied, kannte sie die gesamte Gegend bis hinab zur Küste.
Taku erwachte, während wir sprachen. Die Wachtposten riefen mich herbei und Kenji und ich gingen zu ihm. Zenko saß immer noch an der Stelle, wo ich ihn verlassen hatte, und rührte sich nicht.
Taku grinste uns an. »Ich hab Hachiman im Traum gesehen!«, rief er.
»Das ist gut«, sagte ich. »Weil du nämlich in den Krieg ziehen wirst!«
Er und Shizuka zogen an diesem Abend los und kehrten mit sämtlichen Informationen wieder, die ich benötigte. Makoto kam gerade rechtzeitig von der Küste zurück, um mich zu begleiten, als wir mit zweihundert Männern das Felsversteck der Banditen stürmten - unsere Verluste waren so gering, dass es kaum als Schlacht bezeichnet werden konnte. Das Ergebnis war genau, wie ich es mir erhofft hatte: Sämtliche Banditen waren tot, bis auf zwei, die wir lebend gefangen nahmen, und wir hatten ihre Wintervorräte. Wir befreiten eine ganze Anzahl Frauen, die verschleppt worden waren, unter ihnen auch die Mutter und Schwestern des Kleinen, dem ich am Strand etwas zu essen gegeben hatte. Zenko begleitete uns und kämpfte wie ein Mann und Taku erwies sich als ungeheuer wertvoll, sogar seine Mutter sprach ihm ein Lob aus. Die Nachricht, dass ich zurückgekehrt war und mein Wort gehalten hatte, erreichte rasch das Fischerdorf. Alle wollten uns ihre Boote zur Verfügung stellen, um beim Transport meiner Truppen zu helfen.
Ich sagte mir, dass all dies dazu diente, meine Männer zu beschäftigen, aber im Grunde tat es mir selber gut. Durch die Gespräche mit Shizuka und die Nachricht von ihrer unerträglichen Not hatte sich meine Sehnsucht nach Kaede um das Tausendfache gesteigert. Tagsüber war ich beschäftigt genug, um meine Gedanken im Zaum zu halten, nachts jedoch kehrten sie zurück und quälten mich. Die ganze Woche über gab es kleinere Erdstöße. Die Vorstellung, Kaede könnte in einem brennenden, zusammenstürzenden Haus gefangen sein, ließ mich nicht los. Die Sorge zerriss mich: dass sie sterben könnte, dass sie möglicherweise dachte, ich hätte sie aufgegeben, dass ich sterben würde, ohne ihr zuvor sagen zu können, wie sehr ich sie liebte und dass ich nie wieder jemanden so lieben würde wie sie. Das Wissen, dass Shizuka ihr vielleicht eine Nachricht zukommen lassen konnte, kehrte mit peinigender Beharrlichkeit immer wieder zu mir zurück.
Taku und Hiroshi entwickelten ein recht wildes Verhältnis zueinander, sie waren etwa im selben Alter, in Charakter und Erziehung jedoch völlig gegensätzlich. Hiroshi konnte Taku nicht leiden und war eifersüchtig auf ihn. Taku brachte ihn mit seinen Stammestricksereien zur Weißglut. Ich war zu beschäftigt, um zwischen den beiden zu vermitteln, aber sie folgten mir fast die ganze Zeit und bekläfften sich dabei wie Hunde. Zenko, Shizukas Ältester, ging ihnen aus dem Weg. Ich wusste, dass seine Stammesfähigkeiten nur bescheiden waren, aber er konnte gut mit Pferden umgehen und war bereits ein Experte im Schwertkampf. Außerdem schien er zu bedingungslosem Gehorsam erzogen worden zu sein. Ich war unsicher, wie ich mir seine Zukunft vorstellen sollte, aber er war Arais Erbe und ich wusste, dass ich, was ihn anging, früher oder später eine Entscheidung würde treffen müssen.
Wir richteten ein großes Fest aus, um uns von den Leuten aus Shuho zu verabschieden, und danach brachen Kahei, Makoto und meine Hauptstreitkräfte, ausgestattet mit den Vorräten der Banditen, zum Marsch nach Hagi auf. Ich gab ihnen Hiroshi mit und ließ seine
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