Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
landen, und was wird dann mit euch beiden geschehen?«
Elena wusste, dass ihre Mutter Recht hatte. Die Vorstellung, allein in England zu bleiben, war erschreckend.
»Aldo würde nicht glauben, dass das Baby von ihm ist, Mamma. Das kann nicht funktionieren.«
»Natürlich funktioniert das. Ich war Hebamme in Italien. Ich werde dein Baby auf die Welt holen und ihm sagen, es sei zu früh gekommen. So was passiert andauernd.«
Elena fing an zu schluchzen. Sie saß auf dem Bett mit angezogenen Beinen und stützte den Kopf auf die Knie. So elend wie in diesem Moment hatte sie sich noch nie gefühlt. Luisa legte die Arme um ihre Tochter.
»Es wird schon alles gut, Elena. Ich bin ja bei dir. Du wirst einen Ehemann haben und deine Familie, die sich um dich und das Baby kümmern.«
Als Luigi nach Hause kam, wartete Luisa schon auf ihn.
»Ich finde, Elena und Aldo sollten heiraten, ehe wir nach Australien fahren«, sagte sie wie nebenbei und stellte ihrem Mann Tee und Gebäck hin. Luigi war verblüfft. Bisher hatte sich seine Frau noch nicht positiv über eine mögliche Heirat zwischen Elena und Aldo geäußert. »So könnte die Fahrt nach Australien für die beiden eine Hochzeitsreise sein«, fügte Luisa hinzu.
Luigi musterte seine Frau und versuchte herauszufinden, was in ihrem Kopf vorging. »Ich hatte geplant, die zwei in Australien heiraten zu lassen«, sagte er.
»Wir haben nie eine Hochzeitsreise gemacht, Luigi. Es wäre doch schön, wenn wenigstens Elena Flitterwochen hätte. Das ist etwas, woran sich eine Frau immer erinnert.«
Sentimentaler Kram, dachte Luigi. Frauen waren sentimental, und das war etwas, das Männer einfach nicht verstanden. »Was sagt Elena dazu?«, fragte er.
»Wir haben darüber gesprochen, und Elena hat es akzeptiert. Sie meint auch, das sei eine gute Idee.«
Luisa hatte nicht gelogen. Elena akzeptierte ihr Schicksal. Sie hatte keine andere Wahl.
Eine Woche später heirateten Elena und Aldo. Hätte man Elena zum Galgen geführt, sie wäre kaum verzweifelter gewesen. Vor dem Priester zu stehen, diesen Fremden zu heiraten, einen Mann, für den sie nichts empfand, fühlte sich so falsch an. Ganz bestimmt war es nicht der Hochzeitstag, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Elena musste einräumen, dass Aldo nett und aufmerksam war, aber sie hatte große Angst vor dem, was sie an diesem Abend noch erwartete.
Die Eheschließung fand während einer Messe in der katholischen Kirche Sankt Peter ganz in ihrer Nähe statt. Die eine Stunde kam Elena wie die längste Stunde ihres Lebens vor. Benito Cappi und seine Frau Magdalena waren die Trauzeugen. Sonst gab es keine geladenen Gäste. Luigi hatte Elena gefragt, ob sie nicht ein paar Freundinnen einladen wolle, Schwestern aus dem Krankenhaus, aber gleichzeitig stellte er eine Bedingung: Sie müssten Italienerinnen sein. Das wollte Elena nicht. Luisa hatte ein besonderes Mittagessen vorbereitet, das sie anschließend zu Hause einnahmen. Aldo und Luigi tranken etliche Gläser von Benitos hausgemachtem Wein, aber Elena trank nichts und hatte auch keinen Appetit. Sie schob ihre gerade erst überstandene Krankheit als Grund vor.
Für ihre Hochzeitsnacht hatte Aldo ein Zimmer in einem Hotel gebucht. Es war eine bescheidene Unterkunft, ironischerweise mit Blick auf das Victoria Hospital. Das Zimmer war winzig wie eine Schuhschachtel, jedenfalls kam es Elena so vor. Als sie allein waren, fühlte sie sich wie ein vom Fuchs in die Enge getriebenes Kaninchen, was Aldo ihr offenbar anmerkte.
»Ich habe Verständnis dafür, wenn es dir nicht gut genug geht, die Ehe zu vollziehen«, sagte er.
Elena sah, dass er trotz seiner Worte schrecklich enttäuscht sein würde, wenn sie sich ihm nicht hingäbe. Wegen seiner rücksichtsvollen Art hätte er in ihrer Wertschätzung sogar steigen können, wäre er nicht so betrunken gewesen, doch sie wusste, all dies war nicht wichtig. Wichtig war allein, dass sie nicht länger warten durfte. Sie mussten die Ehe vollziehen, damit Aldo davon überzeugt sein würde, dass es sein Baby war, das sie unter dem Herzen trug.
»Mir geht es gut«, log Elena, denn allein schon bei dem Gedanken, Aldo zu berühren, wurde ihr übel. Schnell wandte sie sich ab von ihm, um sich auszuziehen. Sie wünschte, sie könnte Wein trinken, um ihre Sinne zu betäuben. Es würde das, was sie zu tun hatte, etwas erleichtern. »Und es ist meine Pflicht, eine gute Ehefrau zu sein«, fügte sie hinzu, als sie aus ihrem Kleid schlüpfte.
Das Entzücken
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