Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
Papà?«
Über Aldo sprach sie nicht gern. Sie hatte ihr Leben mit ihm schließlich akzeptiert, aber Liebe empfand sie für ihn nicht, und Elena wusste, dass es so für immer bleiben würde. Sie fand, dass er zu streng mit den Kindern war, vor allem mit Marcus. Er erwartete zu viel von dem kleinen Jungen. Und wenn sie für Marcus eintrat, erklärte Aldo zum wiederholten Mal, dass auch er als Kind hart hatte arbeiten müssen und dass dies der einzige Weg sei, Verantwortungsgefühl zu erlangen. Elena zweifelte oft an seiner Objektivität. Es war zwar unwahrscheinlich nach der langen Zeit, aber manchmal fragte sie sich, ob Aldo tief in seinem Innern womöglich spürte, dass Marcus nicht sein Sohn war. Der Junge war so anders als er selbst. Er liebte Bücher und hatte rasend schnell lesen gelernt. Er lernte leidenschaftlich gern und hatte einen unstillbaren Wissensdurst. Dominic und Maria waren das genaue Gegenteil. Sie waren am liebsten die ganze Zeit draußen und spielten im Staub. Maria, die schon fünf Jahre alt war, tat sich mit dem Lernen schwer. Dominic war erst drei, aber es war abzusehen, dass er genau wie seine Schwester war.
Elena reagierte verärgert, wenn Aldo darauf bestand, dass Marcus am Wochenende diverse Aufgaben für ihn erledigte, er ließ ihn von seiner Ankunft auf der Farm an bis zum Sonntagabend, wenn Luisa und Luigi ihn wieder abholten, arbeiten. Sie wollte Zeit mit ihm verbringen, wollte hören, wie es ihm die Woche über ergangen war. Aber Aldo ließ ihn Ställe ausmisten, Wassertröge ausschrubben und Holz hacken. Der Abend, kurz bevor er ins Bett ging, war die einzige Zeit, zu der er seine Wochenendhausaufgaben machen konnte, und da war er dann hundemüde. Aldo fand, Hausaufgaben seien nicht so wichtig wie die Arbeit auf der Farm – er beharrte darauf, dass sein Sohn eines Tages Farmer würde. Der Junge solle schön mit den Beinen auf dem Boden bleiben, sagte er. Elena war voller Groll. Sie war dankbar, dass Luigi ihn nach der Schule nicht auch noch den Fleischerladen putzen ließ.
»Deinem Vater geht es gut und den Geschäften auch«, sagte Luisa. »Zwei neue Familien sind in die Stadt gezogen.« Sie fand, dass ihre Tochter müde wirkte. »Hattest du eine anstrengende Woche mit Maria und Dominic?« Sie sah Marcus nach, der auf dem Weg in die Stallungen war, die er ausmisten sollte. Aldo war mit Billy-Ray bei den Viehweiden.
»Dominic ist vom Stalldach gefallen. Er kann von Glück sagen, dass es bei ein paar Prellungen und Abschürfungen geblieben ist und er sich nicht ein Bein oder einen Arm gebrochen hat. Gestern habe ich gebacken, und als ich mich nur einen Moment wegdrehte, um eine Spinne aus dem Haus zu scheuchen, hatte Maria das ganze Mehl verstreut. Stundenlang war ich mit dem Säubern beschäftigt, am Abend bin ich dann völlig erschöpft ins Bett gefallen. Als ob ich nicht schon genug zu tun hätte. Und pausenlos zanken sich die zwei. Sie sind wirklich anstrengend.«
»Wenigstens fängt Maria im neuen Jahr mit der Schule an«, sagte Luisa. »Das wird sie die Woche über beschäftigen, und du musst dich nur noch um Dominic kümmern. Womöglich benimmt er sich ja besser, wenn seine Schwester nicht mehr da ist und ihn ärgert und zu dummen Streichen veranlasst.«
»Wahrscheinlich wird er sie vermissen und mich in den Wahnsinn treiben«, sagte Elena. »Ich weiß, Marcus macht euch keine Mühe, aber ich mache mir Sorgen darüber, wie ihr es tagaus, tagein mit Maria zu Hause aushalten werdet.«
Sie hatte Schuldgefühle, weil sich ihre Mutter unter der Woche um ihre Kinder kümmern musste, aber sie hatte keine Möglichkeit, sie zur Schule zu bringen und wieder abzuholen, und sie konnte auch nicht von ihrer Mutter verlangen, zweimal am Tag nach Barkaroola rauszufahren. Luisa hatte genug zu tun. Aldo konnte sich kein Auto leisten, also nahmen sie immer noch den Pferdewagen für die Fahrten in die Stadt und wieder zurück, wenn sie einmal im Monat Vorräte einkauften. Es war eine lange, langsame Fahrt in der Hitze. Noch etwas, das Elena verabscheute.
»Mach dir keine Gedanken. Ich kann es kaum erwarten«, sagte Luisa aufrichtig. »Es wird herrlich, wieder ein kleines Mädchen im Haus zu haben.« Sie warf ihrer Tochter einen zärtlichen Blick zu, aber es blieb ihr nicht verborgen, dass kein Funken Leben in ihren Augen lag. »Ich weiß, es ist schwer hier draußen, Elena, aber ist denn dein Leben eine einzige bittere Enttäuschung? Ist es denn wirklich so schrecklich?«
»Es ist, was
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