Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
um eine Stelle beworben«, erzählte Elena ihrer Mutter, als sie sich zum Teetrinken hinsetzten.
»Ach ja?«
Luisa war überrascht, aber als sie einen Moment über das nachdachte, was ihre Tochter ihr gerade erzählt hatte, musste sie zugeben, dass es nicht so erstaunlich war. Elena hatte ihr erzählt, dass Aldo den Viehbestand der Farm abbaute, denn es gab wenig, manchmal sogar gar kein Futter für die Rinder. In den letzten drei Jahren hatte es fürchterliche Dürreperioden gegeben, und Aldo hatte nicht wie sonst den Bestand wieder aufstocken können, denn der Regen, der normalerweise auf die Trockenheit folgte, war ausgeblieben.
»Die Heuschrecken haben die wenigen Futterpflanzen vernichtet, die Aldo anbauen konnte, und das Futter hätten wir so dringend gebraucht. Pferde und Rinder finden auf dem Land einfach nichts mehr zu fressen. Am Montag musste Aldo die letzten Rinder zum Markt bringen. Ich muss etwas unternehmen, Mamma, wir brauchen das Geld. Vorige Woche haben wir noch ein paar Vorräte kaufen können, aber jetzt haben wir nichts mehr, und Aldo ist zu stolz, um sich Arbeit zu suchen, denn er will sich nicht eingestehen müssen, dass er ein Versager ist.«
»Ach, Elena. Wieso hast du denn nicht längst schon etwas gesagt? Du hast nie erwähnt, dass es so schlimm um euch steht. Dein Papà und ich, wir hätten euch doch geholfen. Unser Laden läuft wirklich gut.«
Seit einiger Zeit schon kaufte Luigi Fleisch von anderen Farmen. Als Aldo das herausfand, war er alles andere als glücklich gewesen, da er jahrelang Luigis Hauptlieferant gewesen war. Aber den Fabrizias war klar geworden, dass Aldo mit vielem längst nicht mehr glücklich war, also hatten sie es nicht persönlich genommen. Wenn sie ihren Laden am Laufen halten wollten, mussten sie auch von anderen Lieferanten Fleisch beziehen. Elena hatte ihrer Mutter jedoch absichtlich verschwiegen, wie schlimm es inzwischen stand. Sie wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte.
»Du weißt doch, Aldo würde von dir und Papà niemals Hilfe annehmen«, sagte sie. Ein Mann mit so viel falschem Stolz war ihr noch nie begegnet. »Milde Gaben wird er nicht annehmen, nicht mal von der eigenen Familie. Vor ein paar Monaten hat ihm sein Vater etwas Geld geschickt, und weißt du, was dieser Sturkopf getan hat? Er hat es zurückgeschickt. Er hat seinem Vater gesagt, er brauche es nicht, weil er vorhabe, eine neuartige Futterpflanze für das Vieh anzubauen. Ich war so wütend, denn die Kinder brauchten Schuhe. Seitdem haben wir das Vieh nach und nach verkaufen müssen, und für die Pferde mussten wir Futter zukaufen.« Sie erzählte Luisa nicht, dass sie ihre kostbare Nähmaschine an eine Nachbarin verkauft hatte, damit sie den Kindern Schuhe kaufen konnte. »Wir haben keine Einkünfte mehr und in naher Zukunft auch nicht die Aussicht auf Geld.«
»Hast du denn für dich und die Kinder genug zu essen gehabt, Elena? Die bambini haben doch wohl nicht an den Wochenenden hungern müssen, oder?«
Gelegentlich brachte Luisa ein paar Koteletts oder etwas Rindfleisch mit, wenn sie freitagabends die Kinder auf die Farm fuhr, aber in letzter Zeit machte sie das nicht mehr, weil Aldo nicht einverstanden zu sein schien.
»Wir essen Eier, ein paar konnte ich auch an die Nachbarn verkaufen. Manchmal hat Aldo ein Känguru oder ein Emu geschossen.«
Luisa verzog das Gesicht. »Und das haben die Kinder gegessen?«
»Das Kängurufleisch habe ich zu verfeinern versucht, weil es so einen strengen Geschmack hat, aber ich muss zugeben, dass Maria es trotzdem verweigert hat, und die Jungs waren auch nicht gerade wild darauf«, gab Elena zurück. Aldo war deshalb mal wieder wütend geworden und hatte Elena vorgeworfen, sie verwöhne die Kinder. »Aber das Emufleisch schmeckt gebraten recht gut.« Sie runzelte die Stirn. »Das jetzt nur ganz unter uns, Mamma: Aldo hat zweimal von unseren Nachbarn, den Crawleys, ein Schaf gestohlen.«
»Ach, Elena. Dafür könnte man ihn hängen in diesem Land.«
»Ich weiß, Mamma. Und deshalb darfst du auch keiner Menschenseele etwas davon sagen, auch Papà nicht. Aldo schämt sich so sehr dafür, und deshalb ist seine Laune noch mieser geworden.«
»Hatten die Nachbarn euch in Verdacht?«, fragte Luisa.
»Mrs. Crawley kam eines Tages zu uns und fragte, ob wir etwas von den verschwundenen Schafen wüssten – gerade in dem Moment, als ich eine Lammkeule briet.«
»Ach herrje, Elena!«
»Sie bat mich, Papà zu sagen, er solle Ausschau halten nach
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