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Der globale Polizeistaat

Der globale Polizeistaat

Titel: Der globale Polizeistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Darnstädt
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Sicherung vor Rechtsangriffen anderer. Bei fortentwickelten Eingriffen bedarf auch das System der Grundrechtssicherung … einer Fortentwicklung.«

    Das sind die Worte eines Praktikers: Wolfgang Gatzke, Chef des von den Kofferbomben überraschten Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen, stellt sich so die Terrorabwehr vor. Der Vertreter der Obrigkeit, der sich hier für die »Auflösung« seiner rechtlichen Grenzen ausspricht, legt zugleich offen, wohin das führen soll. Grundrechte müssen sich der Konkurrenz der inneren Sicherheit stellen, wobei jetzt schon deutlich wird, wer gewinnt. Denn die im »Vorfeld« unscharfe und darum unheimliche Bedrohung durch den Terrorismus hat es nicht schwer, in polizeilich ausgemalten Schreckensbildern den Wunsch der Bürger nach Schutz ihrer Rechte als Quengelei dastehen zu lassen. »Verbrennt ihr Fleisch«, so, verbreitete der Hessische Innenminister in einem offiziellen Bericht 10 , lauten die Mordaufrufe des Dschihad gegen deutsche Bürger. Wer mag da noch auf dem Telefongeheimnis beharren? Das Verhältnismäßigkeitsprinzip, in die Verfassung zum Schutze der Bürger vor übermäßigen Eingriffen des Staates eingeführt, wird so zur Selbstermächtigung der Polizei: Beliebig groß wie die Bedrohung ist im Vorfeld die Gegendrohung des Staates. Grundrechte stehen unter dem Vorbehalt der allgegenwärtigen Angst, die Thema des Ersten Teils gewesen ist.
    Wir brauchen: Im September 2006 wurde in Eltville am Rhein die Auflösung aller Grenzen aktenkundig gemacht. Inmitten der Weinberge bei Eltville steht ein prachtvolles Schlosshotel, das größte und schönste, nicht weniger anmutig ist es hier, zwischen schwer behängten Rieslingrebstöcken, als am Standort der Hamburger Imam-Ali-Moschee. Auch in Eltville haben die Sicherheitskräfte oft und viel zu tun. Denn in der rheinischen Idylle trifft der Innenminister sich besonders gern mit Fachleuten aus Deutschland und ganz Europa, um den Kampf gegen den Islamismus Hamburger Art vorzubereiten. Bald nach dem Trolley-Vorfall von Köln trafen sie sich hier, um die Konsequenzen aus dem Schock zu ziehen.
    Experten aus Bund und Ländern, vom Bundeskriminalamt, den Landeskriminalämtern, den Geheimdiensten, kurz: die »Arbeitsgruppe Trolley«, entwarf in Eltville den »ganzheitlichen
Bekämpfungsansatz«. Folgende Maßnahmen sollten eingeleitet werden:
    - »Kurzfristiger deutlicher Ausbau der Videoüberwachung / Aufzeichnung an relevanten Orten«
    - »Konsequentes Nutzen der Visa-Datei des Bundeskriminalamtes«
    - »Gesichtserkennungsysteme«, deren Brauchbarkeit bereits am Mainzer Hauptbahnhof getestet wird, sollen anhand einer »Referenzbilddatei« scharfgemacht werden, um »für Zwecke der Fahndung nach Personen zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung« nutzbar zu sein.
    - »Ausstattung der Verkehrsstationen des Öffentlichen Personenverkehrs mit Videoüberwachungstechnik« mit der »Option, auch sehr kurzfristig nach den Gesichtern bestimmter Personen im Bereich des ÖPV zur Gefahrenabwehr suchen zu können«.
    - »Maßnahmen zur Sensibilisierung« des Personals von Hochschulen, in denen Täter wie Youssef häufig als Studenten untertauchen.
    - »Mentorsystem«, nach dem ausländische Studenten aus »Problemstaaten« von zuverlässigen deutschen Mitstudenten bewacht werden.
    - Überwachung von künftigen Studenten schon, wenn diese bei Goethe-Instituten im Ausland Vorbereitungskurse belegen.
    - Aufbau eines »Monitoring Systems«, mit dem zentral »Radikalisierungstendenzen« möglichst früh erkannt werden können - und zwar nach »multiplen Indikatoren«.
    - »Neue Strategien und technische Werkzeuge«, um »das Internet als islamistisches Propaganda- und Kommunikationsmedium besser aufzuklären« - »In Frage kommen insbesondere das Eindringen in geschlossene Benutzerkreise, die Identifizierung dort auffälliger Teilnehmer und die Sperrung einschlägiger Internetseiten.«
    Viele dieser Überwachungspläne, so befanden die Experten, seien mit dem geltenden Recht nicht vereinbar. Das bedeutete
natürlich nicht, dass man deshalb auf sie verzichten müsse. Sondern »es besteht rechtlicher Handlungsbedarf«.
    Wir brauchen: Je drastischer der Politik und den Wählern das Fanal eines Terroranschlages vor Augen steht, desto zwingender klingt die Sicherheitsmaximierungslogik der Polizei. Wer in solchen Situationen nach Verhältnismäßigkeit und rechtsstaatlichen Kosten fragt, riskiert, beim nächsten Attentat als der eigentliche Schuldige

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