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Der Glucksbringer

Der Glucksbringer

Titel: Der Glucksbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilding Lynne
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Vater und ihren Bruder Charlie, der in Malta gefallen war, hatte sie nur noch Onkel Ken und Tante Elsie Bayliss, die Schwester ihres Vaters. Sie waren ihre nächsten Anverwandten, einmal abgesehen von ein paar Cousins und Cousinen zweiten und dritten Grades, die sie jedoch nie kennen gelernt hatte. Ken und Elsie Bayliss hatten sie nach dem Tod ihres Vaters bei sich aufnehmen wollen. Die beiden hatten jedoch selbst nicht viel, und sie mochte ihnen nicht auf der Tasche liegen. Folglich war sie nach Glebe gezogen, weil sie sich in der Stadt ein bisschen auskannte. Jetzt war sie froh über ihren Entschluss. Immerhin hatte sie inzwischen Arbeit und die eine oder andere Freundin gefunden. Das lenkte wenigstens von den Existenzsorgen ab.
    Draußen tröpfelte es nur noch leicht, registrierte sie. Also doch kein gemütlicher Abend auf der Couch mit dem spannenden Buch, das sie billig auf dem Flohmarkt erstanden hatte. Stattdessen würde sie Peggy den Gefallen tun und die Tanzveranstaltung besuchen. Sie ließ den Blick über die halbhohe Anrichte mit Spirituskocher und Eisbox gleiten – ihre provisorische Küchenzeile. Hmmm, irgendetwas würde sie vorher noch essen müssen, aber was? Bevor sie sich von irgendwelchen tanzwütigen Typen über das Parkett wirbeln ließ,
brauchte sie etwas Anständiges im Magen, sonst machte sie noch schlapp.
     
    Die Gaslaternen brannten bereits, als sie über die Parramatta Road zur Straßenbahnhaltestelle lief. An einer Kreuzung trat sie vom Gehweg auf den Straßenasphalt, um einer riesigen Pfütze auszuweichen. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie in dem schmuddeligen Haufen Unrat, den die Regenmassen im Rinnstein zusammengeschoben hatten, etwas aufblitzte. Als sie behutsam mit ihrer Schuhspitze daran tippte, funkelte es metallisch auf. Irgendein Gegenstand lag dort verborgen.
    Sie bückte sich und stellte verblüfft fest, dass es sich um eine Art Anstecknadel handelte. Sie zog einen Handschuh aus, hob den Gegenstand auf und drehte ihn vorsichtig in der Hand. Es war eine schmutzverkrustete Brosche mit einem braunen Stein in der Mitte. Grashalme und winzige Steinchen hatten sich in der filigranen Silberarbeit verfangen. Sie fischte ein Taschentuch aus ihrem Abendtäschchen und wickelte die Brosche erst einmal darin ein. Später wollte sie sich ihren tollen Fund genauer anschauen.
    Kaum dass die Straßenbahn den Broadway hinaufratterte, brannte Jennifer vor Neugier und konnte es nicht mehr aushalten. Sie nahm die Brosche wieder aus ihrer Tasche, wickelte sie aus. Nachdem sie mithilfe des Taschentuchs die gröbsten Schmutzpartikel entfernt hatte, begutachtete sie das Stück von allen Seiten. Der Clip war defekt, vermutlich vom vielen Tragen, auf der Rückseite waren merkwürdige Symbole in die Silberfassung, die den Stein umgab, eingraviert. Der Stil war altmodisch. Sie kannte sich bei Schmuck nicht aus, tippte jedoch darauf, dass das gute Stück mindestens
fünfzig Jahre alt war. War es wertvoll? Sie hatte keine Ahnung, ob der braune Stein echt war. Vielleicht war es schlicht dunkles Glas in einer ausgefallenen Fassung. Der Pfandleiher in der Glebe Point Road würde ihr bestimmt nicht viel dafür geben. Jennifer beschloss, ein paar Aushänge in den umliegenden Ladenfenstern zu machen, ob jemand sie verloren hätte. Wenn sich niemand meldete, würde sie die Brosche eben behalten. Sobald sie etwas Geld übrig hätte, wollte sie den Verschluss reparieren lassen.
    Beschwingte Tanzmusik von Hal Carters achtköpfiger Band wogte ihr von der Vortreppe zur Town Hall entgegen. Sie bezahlte ihren Eintritt und schob sich durch den Eingang. Die riesige Stadthalle war zum Bersten gefüllt: Frauen in Abendroben, Frauen in Uniform, Männer in Heeres-, Marine- und Luftwaffenuniformen sowie amerikanische Streitkräfte. Wie sollte sie Peggy und ihren Freund Bruce in diesem Wahnsinnsgetümmel bloß finden?
    Kaum dass sie Hut, Jacke und ihren Schirm an der Garderobe abgegeben hatte, bat ein junger Seemann sie um den nächsten Tanz. Aus reiner Höflichkeit sagte sie zu und hoffte inständig, dass er nicht zwei linke Füße hätte.
    Eine Stunde später, ihre Wangen leuchtend rosarot vom unermüdlichen Tanzen, entdeckte Jennifer Peggy und Bruce. Sie standen am Rand der Tanzfläche und plauderten mit einer Gruppe uniformierter Männer und Frauen.
    »Ich hab gar nicht mehr mit dir gerechnet!«, kreischte Peggy übermütig, als sie ihre Freundin sah. »Komm, ich stell dich unseren neuen Freunden vor.«
    Jennifer konnte

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